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Fußball-WM 2022: Rückt Kimmich gegen Spanien nach rechts hinten?

Fußball-WM 2022

Rückt Kimmich gegen Spanien nach rechts hinten?

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    Joshua Kimmich wird auch gegen Spanien spielen. Die Frage ist nur: Auf welcher Position?
    Joshua Kimmich wird auch gegen Spanien spielen. Die Frage ist nur: Auf welcher Position? Foto: Tim Groothuis, Witters

    Es sind die üblichen Reflexe, die einsetzen. Gewinnt eine Mannschaft das erste Turnierspiel, könnte der Trainer seine Spieler in eine Burger-Braterei einladen, das Training ausfallen lassen und stattdessen zu Tanz und Gesang in der Hotel-Lobby animieren. Es würde niemanden stören. Wer gewinnt, hat recht. Wer verliert, hat wenig Argumente.

    Also mussten sich Kai Havertz und Julian Brandt während der Pressekonferenz am Freitag fragen lassen, ob denn ihre Familien auch im Quartier der deutschen Mannschaft waren und was sie denn davon hielten, dass so früh im Turnier schon für Ablenkung gesorgt wird. Flick hatte den Spielern an den vergangenen Tagen genehmigt, Zeit mit ihren Familien zu verbringen. Da macht sich der Boulevard natürlich Sorgen. Weil: Der Fokus könnte ja verloren gehen. "Bei Kai und mir waren leider keine Familienangehörige da, aber für viele Jungs ist es ein schönes Gefühl, Frau und Kinder zu sehen", sagte Brandt. Es gebe doch "nix Schöneres, als seine Liebsten um sich zu haben". Erstaunlich aber auch, wo Probleme vermutet werden können – und wie wenig Eigenverantwortung erwachsenen Menschen mitunter zugesprochen wird.

    Die Mannschaft kam zu einer intensiven Besprechung zusammen

    Man könnte ja auch davon ausgehen, dass eine permanente Fokussierung zu einer Überspannung führt. Konsequenz wäre ein Kollaps. Den erwartet im deutschen Team gegen Spanien niemand. Am Donnerstag kam die Mannschaft zu einer intensiven Besprechung mit Flick zusammen. Als man fertig geredet hatte, sind "alle mit dem Gefühl aus dem Besprechungsraum rausgegangen, dass wir das Spiel gewinnen", so Brandt. Offenbar hat Hansi Flick recht eindringlich auf die Spieler eingeredet. "Nach dem Meeting weiß jeder, was Sache ist", sagt Havertz. Allerdings war es kein Monolog, den der Bundestrainer gehalten hat. Glaubt man dem Offensivspieler des FC Chelsea, ging es hinter den Mauern des Zulal-Wellness-Resorts durchaus kontrovers zur Sache. "Natürlich gibt es bei 26 Spielern auch unterschiedliche Meinungen, aber das bringt eine Mannschaft auch weiter", glaubt er an die Kraft des Diskurses.

    Ob der 23-Jährige am Sonntag in der Startelf stehen wird, scheint noch offen. Wie so viele Positionen nach der Niederlage gegen Japan noch offen scheinen. Sich ihres Platzes in der Startelf sicher sein dürften sich aufgrund der gezeigten Leistungen lediglich Antonio Rüdiger, Joshua Kimmich, Ilkay Gündogan und Jamal Musiala. Auch an Torwart und Kapitän Manuel Neuer wird Flick nicht rütteln. So sind noch sechs Startplätze zu vergeben, und der Kader erlaubt allerlei Spielereien. So ist beispielsweise denkbar, dass Joshua Kimmich abermals auf die Position des Rechtsverteidigers rückt. Er hatte das schon aushilfsweise bei der vergangenen EM gemacht und bei Bayerns Champions-League-Triumph 2020 ersetzte er dort den verletzten Benjamin Pavard.

    Man könne sich sicher sein, dass das Trainerteam vor jedem Spiel über die bestmögliche Aufstellung nachdenke, sagt Flick dazu. Was wie eine Binse klingt, relativierte Flick kurz darauf, als er sagte, dass man am prinzipiellen System der Viererkette festhalte. "So weit sind wir noch nicht, dass wir unser System umstellen", so der Bundestrainer. Eine mögliche Positionsveränderung für Kimmich schloss er hingegen nicht kategorisch aus. Seit etlichen Jahren denkt man sich beim DFB wund, wie man die defensiven Außenbahnen besetzen könnte. Eine mögliche Lösung ist mitunter auch daran gescheitert, dass weder Flick noch Vorgänger Löw eine stringente Linie bei der Personalauswahl gefahren sind. Rechts konnten sich vor der WM noch Jonas Hofmann und Thilo Kehrer beste Chancen ausrechnen – ehe ihnen Flick Niklas Süle vorzog. 

    Eine weitere offene Frage ist die nach der Zusammensetzung der Offensive. Ist Leroy Sané wieder fit? Bekommt Havertz eine weitere Chance im Sturm? Ist der geradlinige Leon Goretzka im Vergleich zum raumdeutenden Thomas Müller vielleicht die bessere Wahl. Auch das ist eine Gesetzmäßigkeit des Profisports: Gewinnen die Deutschen, hat Flick alles richtig gemacht. Verlieren sie, war alles falsch. Für Schattierungen bleibt während einer WM kein Platz.

    Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.

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