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WM 2010: "Rote Flut" in Madrid: Spanien feiert "La Roja"

WM 2010

"Rote Flut" in Madrid: Spanien feiert "La Roja"

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    WM-Ekstase: 2,5 Millionen Fans feiern «La Roja»
    WM-Ekstase: 2,5 Millionen Fans feiern «La Roja» Foto: DPA

    Bei fast 40 Grad Hitze fuhr die "selección" in einem offenen Doppeldeckerbus durch das Zentrum der spanischen Hauptstadt. "Campeones, campeones, oé, oé, oé!", jubelten die Fans den Spielern und Trainer Vicente del Bosque zu. Diese reckten stolz den Pokal in den Himmel.

    Die ganze Welt verneigte sich vor der "Goldenen Generation" um Siegtorschütze Andrés Iniesta, Xavi und Torwart-Gigant Iker Casillas. Der Welt- und Europameister machte sich durch den 1:0-Finalsieg nach Verlängerung gegen die überharten und frustrierten Holländer endgültig unsterblich.

    "Von hier in die Ewigkeit. Es war der bislang wichtigste Sieg in der Geschichte des spanischen Sports", titelte "El Mundo". Und "El Pais" schrieb: "Es ist eine Ode an die Freude: Spanien ist Weltmeister. (...) Es ist auch das Epos, das dem spanischen Sport noch fehlte."

    Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero begoss den Triumph mit Sekt und gestand: "Auch ich habe vor Freude geweint." Tennis-Hero Rafael Nadal war gleich nach dem Abpfiff im Johannesburger Soccer City-Stadion in die Kabine gestürmt. "Ich habe geheult wie ein kleiner Junge", bekannt der Weltranglisten-Erste tief gerührt, "man muss jetzt ein Jahr feiern, weil es unglaublich ist."

    Als Höhepunkt des Triumphzuges organisierten die Stadt und der spanische Fußballverband (RFEF) eine Riesenfiesta auf einer Esplanade nahe dem Stadtpark Casa de Campo, die bis zu 150 000 Menschen Platz bietet. Angesichts der großen Hitze spritzte die Feuerwehr immer wieder Wasser in die Menge.

    Nach ihrer Ankunft in Madrid war "La Roja" (die Rote) zunächst von König Juan Carlos empfangen worden. "Ihr habt das ganze Land begeistert und unsere kühnsten Träume wahr werden lassen", sagte der 72-jährige Monarch. Die "selección" habe zudem Spanien geeint und Sportlichkeit sowie Teamgeist bewiesen. "Dafür danke ich euch im Namen des ganzen Volkes."

    Die Spieler erschienen zu der Audienz im Trainingsanzug. Der König nahm Kapitän Casillas und auch Verteidiger Carles Puyol, den Torschützen beim Halbfinal-Sieg gegen Deutschland, in den Arm. Passend zur Farbe des Trikots der "selección" trug Königin Sofía (71) bei dem Empfang ein rotes Kleid, Kronprinz Felipe dafür eine rote Krawatte. Dessen kleine Töchter Leonor (4) und Sofía (3) hatten das Trikot der Nationalmannschaft an. Beide durften den Pokal berühren, die Größere ließ sich die WM-Medaille umhängen.

    Anschließend beglückwünschte auch Ministerpräsident Zapatero das Team. "Die Nationalmannschaft hat ihn gewonnen, aber der Pokal gehört allen Spaniern", sagte er. "Euch haben wir zu verdanken, dass das Image Spaniens nun in der ganzen Welt glänzt.".

    Trainer Del Bosque dankte den Spaniern für ihre Unterstützung während der WM. "Dieser Triumph ist ein Erfolg aller, selbst des bescheidensten Fußballclubs im Land." Andrés Iniesta, der im Finale gegen die Niederlande das Siegestor erzielt hatte, sagte: "Ich bin stolz, ein Teil dieses Teams zu sein."

    "Es ist wunderbar für Spanien, was geschehen ist. Wir haben eine großartige Mannschaft mit einem großartigen Trainer. Es ist wunderbar, sie haben es sich verdient", analysierte Startenor Placido Domingo und traf mit diesem Urteil genau den Ton. Keine Mannschaft bestimmt den internationalen Fußball mit seinem konstruktiven Teamgedanken so sehr wie die "Furia Roja". Seit dem 15. November 2006 hat die "rote Bestie" von Trainerkauz Vicente del Bosque nur zweimal verloren.

    Dominanz, technische Brillanz, Effizienz und dann auch noch tolle Charaktere - am achten Weltmeister der Geschichte gibt es fast nichts auszusetzen. Nur acht Tore auf dem Weg zum Titel und vier 1:0- Minimalistensiege in Serie bedeuteten einen kläglichen Negativrekord, untermauerten aber auch die Nervenstärke der Ausnahmekicker. Die Schweiz bewies allerdings beim 1:0-Sieg im ersten WM-Spiel, dass auch die Champions verwundbar sind. Eine Dominanz bis zur nächsten WM muss nicht zwingend sein. "Jetzt ist die Zeit, um zu genießen. Wir werden sehen, was in vier Jahren ist", sagte Iniesta.

    Es sind die kleinen Momente im Augenblick des Erfolgs, die einen großen Sportsmann ausmachen. Iniestas emotionaler Tor-Jubel für seinen im Vorjahr gestorbenen Jugendfreund und Kollegen Dani Jarque gehörte dazu. "Ich wollte Dani Jarque bei mir haben. Ich wollte seiner gedenken", erklärte er später. Die Freude über das Erreichte kam langsam zurück. "Weltmeister! Das ist unglaublich, unfassbar, einfach ohne Worte", sagte der immer noch überwältigte Matchwinner.

    Der erste WM-Titel in der Geschichte Spaniens hat dem Krisenland endlich wieder einen Grund zur Freude gegeben. Das bekamen die Spieler der "selección" schon bei ihrer Ankunft aus Südafrika zu spüren. "Willkommen in einem glücklicheren Land - Danke!", stand auf einem riesigen Transparent am Flughafen.

    An Schuldenmisere und Arbeitslosigkeit will in Spanien derzeit nämlich kaum jemand denken. Nach dem 1:0-Sieg über die Niederlande waren Millionen Menschen in der Nacht mit rotgelben Fahnen auf die Straße gestürmt, um die "selección" zu feiern. Auch US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der britische Premier David Cameron gratulierten zum WM-Gewinn.

    Feuchtfröhlich ging es nach dem Schlusspfiff auf zahlreichen Freiluftpartys von Santander im Norden bis Tarifa im Süden zu. Das Land explodierte regelrecht vor Freude. Nach Schätzungen des Sportblatts "Marca" feierten 25 Millionen Menschen den ersten WM-Titel Spaniens auf der Straße - das ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung.

    Bei Temperaturen um die 35 Grad endete so manche Party im Stadtbrunnen. Die Polizei drückte meist die Augen zu. Mancherorts ließen die Streifenwagen sogar die Sirenen heulen, nur um mitzufeiern.

    Nicht so in Bilbao im Baskenland, wo militante Separatisten einige Anhänger der spanischen Nationalmannschaft verprügelten. Auch in Barcelona kam es zu Ausschreitungen. Insgesamt gab es zwei Dutzend Festnahmen und etwa 80 Verletzte. Überschattet wurden die Feiern zudem von zwei Todesfällen: Ein Mann stürzte vom Balkon, ein anderer ertrank in einem Schwimmbad.

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