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Glosse: Deutscher Fußball: Asbach-Cola für die Apfelschorle-Truppe

Glosse

Deutscher Fußball: Asbach-Cola für die Apfelschorle-Truppe

Tilmann Mehl
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    Rudi Völler ist der Asbach-Cola unter den Fußball-Funktionären.
    Rudi Völler ist der Asbach-Cola unter den Fußball-Funktionären. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Eine Eigenheit der deutschen Sprache ist, dass sich die Stimmung rund um die wichtigsten einheimischen Fußball-Mannschaften am besten mit Getränken und den jeweiligen Trinkgefäßen beschreiben lassen. Das hat zumindest zu Teilen mit dem italo-importierten Sprachbild geleerter Flaschen zu tun. Vorige Woche jährte es sich zum 25. Mal, dass Giovanni Trapattonis Beschreibung der Mannschaftsleistung des von ihm trainierten Bayern-Teams in der Beschreibung "Flasche leer" gipfelte. Sollte so viel heißen wie: nicht gut.

    Fünf Jahre später war der deutsche Fußball mal wieder an einem noch tieferen Tiefpunkt angelangt, was den damals aktuellen Bundestrainer Rudi Völler glauben ließ, Moderator Waldemar Hartmann könne nur deswegen so locker analysieren, weil er sich schon dem Genuss dreier Weißbier hingegeben hätte. Das Verhältnis des deutschen Fußballs zum Weißbier ist allerdings ambivalenter Natur. So jagen etliche in Bayern-Trikots gewandete Spieler ein Mal im Jahr mit kindlicher Freude und riesigen Gläsern über die Wiese, um das bayerische Nationalgetränk wahllos über Häupter zu kippen.

    Kater- statt Champagnerstimmung bei den deutschen Fußballfans

    Flasche leer, Weißbier-Waldi, Hefe-Ausschüttung und die Frage wie es um den deutschen Fußball bestellt ist. Ob das Glas denn nun halbvoll oder halbleer ist. Oder an japanischer Widerstandskraft zerschellt ist, wie bei der WM im vergangenen Jahr. Vor wenigen Wochen noch schien es, als könne sich der Anhänger germanischer Spielkunst zumindest wieder auf ein halbvolles Glas Weißbier freuen. Vier deutsche Mannschaften im Achtelfinale der Champions League, drei Vertreter in der Europa League. Schlaaand, Schlaaand! Nun aber: Nur noch Bayer und Bayern. Auf Champagner- folgt Katerstimmung.

    Dass nun ausgerechnet die deutsche Nationalmannschaft die Sektkorken knallen lässt, ist unwahrscheinlich. Rudi Völler als der Asbach-Cola der Funktionärs-Riege soll der zuletzt schalen Apfelschorle-Truppe neue Impulse geben. Trainer Hansi Flick tut das Möglichste dazu und sorgt für eine ganz neue Zusammensetzung der Mannschaft. Ein Mix-Getränk unbekannter Geschmacksrichtung. 

    Ähnlich dem Spritz, den sich vor zehn Jahren ausschließlich Venedig-Touristen zur Erinnerung an den Urlaub auf ihrer Terrakotta bepflasterten Terrasse mixten - und den heute jede Versicherungskauffrau sonnenbebrillt als Insta-Gold an der Seepromenade zuzelt. Kann sich durchsetzen, muss aber nicht. Fusel oder edler Tropfen. Manches zeigt die Zeit. Prost.

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