Soll ja Berufe geben, in denen am Freitag um zwölf der Stift schlagartig fällt. Und was macht die geplagte Bürofachkraft, um sich vom fünftägigen Nasebohren und Koffeinkonsum zu erholen? Klar, sie schenkt ihrem Sechs-Quadratmeter-Flatscreen Energie und tapst auf der Fernbedienung herum. Dank Internet hat der TV-Junkie reichlich Auswahl. Klassisch bei ZDF, ARDoder RTL, oder aber gestreamt auf Netflix, Disney+ oder DAZN. Wer sich für Sport interessiert, für den gelten andere Gesetze des Zappens: erst die Veranstaltung, dann der Sender.
Weil sich Handball hierzulande großer Beliebtheit erfreut und dieser Tage in Spanien die Frauen-Weltmeisterschaft stattfindet, glaubt der geneigte Fan, im TV schnell fündig zu werden. Um dann festzustellen, dass weder öffentlich-rechtliche noch private Sender sich der Übertragung der deutschen Begegnungen annehmen. Stattdessen laufen die Spiele des Nationalteams auf sportdeutschland.tv. Kennen Sie nicht? Kurzversion: eine Internetplattform des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), auf der alles übertragen wird, worauf das Sender-Establishment keinen Bock hat. Die Handball-WM vegetiert also in einer Nische, in der gerüchteweise noch Blechdosenwerfen, Kirschkernspucken und Schnürsenkelwettbinden gezeigt werden.
Am Wochenende läuft im TV wieder Bobfahren und Rodeln
Andererseits beschenken ARDund ZDFam Wochenende ein breites Publikum mit Bobfahren, Biathlon oder Rodeln. Nicht falsch verstehen. Ist natürlich toll, wenn Männer in Ganzkörperkondomen durch Eisröhren jagen. Noch dazu fällt der Zugang zur Sportart leicht. Warum der eine ein Tausendstel schneller im Ziel ist als der andere, sieht doch jeder. Aber gegenüber einer Handball-WM... Sie wissen vielleicht, was ich meine.
Wer Desinteresse positiv werten will: Ohne äußere Störfaktoren kann sich die Mannschaft von Bundestrainer Groener gänzlich auf ihre Aufgaben fokussieren. Die Gruppe hat sie souverän gemeistert. Schlägt sie Südkorea, steht sie vorzeitig im Viertelfinale. Anwurf ist am heutigen Freitag um 15.30 Uhr. Also zur Primetime für geplagte Bürofachkräfte.