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Olympia 2022: Ein Kuss fürs Podest: Johannes Ludwig holt olympisches Gold

Olympia 2022

Ein Kuss fürs Podest: Johannes Ludwig holt olympisches Gold

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    Vor lauter Glückseligkeit über den Gewinn der ersten Goldmedaille für das Team Deutschland küsste Rennrodler Johannes Ludwig das Podest.
    Vor lauter Glückseligkeit über den Gewinn der ersten Goldmedaille für das Team Deutschland küsste Rennrodler Johannes Ludwig das Podest. Foto: Robert Michael, dpa

    Jetzt steht endlich er in der Mitte, setzt die Maske ab, richtet Mütze und Jacke, kurz durchpusten und dann: genießen. Das alles ist neu für Johannes Ludwig. Olympiasieger! Wie sich das anhört. Sieger klingt schon ungewohnt schön. Aber Olympiasieger – fast zu schön, um wahr zu sein. Sonntagabend, kurz vor 22 Uhr Ortszeit in den Bergen von Yanqing, ist es amtlich. Ludwig hat Gold bei Olympia gewonnen.

    „Ich bin super, super happy und einfach froh, dass ich jahrelang drangeblieben bin. Die Freude an dem Sport hat mich immer weitermachen lassen“, sagt er. Seit 16 Jahren rodelt Ludwig im Weltcup, was in Deutschland allein schon eine Leistung ist. Kaum eine Sportart ist erfolgsverwöhnter. Zudem gibt es seit Jahrzehnten immer wieder neue Toptalente, die für den nächsten Generationswechsel sorgen. Noch verblüffender aber ist bei Ludwig, mit bald 36 Jahren der Älteste im olympischen Teilnehmerfeld, dass er in all den Jahren kaum etwas gewonnen hat. Fast schon regelmäßig ist er bei Meisterschaften knapp am Siegerpodest vorbeigefahren.

    Ludwig gewann auf der Olympiabahn wegen seiner Konstanz

    Und wenn nicht, dann gehörten die Schlagzeilen am Ende doch immer Felix Loch. So wie bei Ludwigs bislang größtem Erfolg, dem dritten Platz bei Olympia vor vier Jahren. Möglich geworden war der nur, weil Loch mit großem Vorsprung in Führung liegend einen schweren Fehler machte und auf Platz fünf zurückfiel. Nach der Bronzemedaille holte Ludwig zwar mit der Teamstaffel noch Gold, ebenso bei der WM 2017 und 2020. Einen großen Einzeltitel aber hat er nie gewonnen – bis jetzt.

    Bei der Siegerehrung sinkt er auf die Knie, küsst das Podium. Und schaut dann seine Medaille beinahe ungläubig an. „Ich hatte zwei Olympische Spiele, für die ich mich nicht qualifizieren konnte, hatte viele vierte Plätze. Die Goldmedaille ist das Zeichen, dass ich das Richtige getan habe und dass sich jetzt alles auszahlt“, sagt Ludwig in der Stunde des Triumphs geradezu analysierend-gefasst.

    Auf der tückischen Olympiabahn ist er der dominierende, weil konstanteste Rodler. Ausgehend von seiner Stärke, dem explosiven Start, bringt Ludwig vier sehr solide Läufe den knapp 1,9 Kilometer langen Eiskanal hinunter. Und er behält auch am zweiten Tag die Nerven, fährt Bahnrekord im dritten Lauf. Am Ende hat er einen für Rodelverhältnisse deutlichen Vorsprung. 0,191 Sekunden liegt er vor dem Österreicher Wolfgang Kindl, den dritten Platz belegt der Italiener Dominik Fischnaller.

    Nach der Saison will Ludwig aufhören - eigentlich

    „Ich muss einfach nur meinen Job machen. Das klingt abgedroschen, aber so ist das als Leistungssportler“, sagt Ludwig, der zu den eher zurückhaltenden Typen zählt. Segeln ist seine Leidenschaft, im Sommer, wenn nicht gerodelt wird. Und er grillt gerne mit seiner Frau und den beiden Kindern. Im deutschen Team rufen sie ihn indes wahlweise Hansi, Lüdi und gerne auch mal Startrakete. Keiner ist auf den ersten Metern schneller. Jetzt hat er seine Karriere, in der er jahrelang unterm Radar gefahren ist, gekrönt. Das Größte also zum Schluss, denn nach der Saison will Ludwig eigentlich aufhören. „Jetzt wird er noch mal ein bisschen überlegen“, meint Bundestrainer Norbert Loch, der schon mit Ludwigs Vater gerodelt ist und den kleinen Johannes seit dessen Kindheit kennt.

    Ob Loch das gedacht hätte, nachdem er Ludwig vor sieben Jahren mal eine Saison in die B-Mannschaft verbannte? „Das Zeug dazu“, meint der Bundestrainer, „hat der Hansi immer gehabt, nur die Courage, der Mut haben ihm gefehlt.“ Stattdessen habe er sich brav hinten angestellt im Team mit Vorzeigefahrern wie David Möller und Loch junior. „Nach vielen Höhen und Tiefen ist Hansi jetzt auf dem Zenit“, stellt der Bundestrainer zufrieden fest – und zieht symbolisch die Mütze.

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