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Weltmeisterschaft: Der starke Herr Löw

Weltmeisterschaft

Der starke Herr Löw

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    Löw auch gegen Spanien mit blauem Glücks-Pulli
    Löw auch gegen Spanien mit blauem Glücks-Pulli Foto: DPA

    Mag man sich Fußball-Deutschland noch ohne

    Joachim Löw

    vorstellen? Der

    Bundestrainer

    ist der Vater dieses deutsch-südafrikanischen

    Fußballmärchens

    , das vor allem die Deutschen staunen lässt. Die eigenen Landsleute hatten Jogis Nachwuchstruppe weit weniger zugetraut als die übrige Fußballwelt.

    Nun steht Deutschland im Halbfinale gegen Spanien und der Bundestrainer predigt wie vor jedem Spiel sein "Etz-isch-es-wichtig-dass-wir-uns-au-die-nägschte-Tage-besinne-und-konzentriere-auf-unsre-Aufgaben".

    Man hat sich an diesen badischen Weichton gewöhnt. Die anderen Fußball-Weltsprachen sind so gut wie verstummt. In Löws mildem Singsang drückt sich die Rolle aus, die der Bundestrainer einnimmt. Auf der Bühne ist der 50-Jährige der Moderator seiner Elf, der gern im Hintergrund bleibt. Wenn er gefragt wird, was es mit den ausgeschnittenen Pullis auf sich habe, die er seit Wochen trage, quält er sich mit einer Antwort ab. Immer siegt das Verbindliche. Persönliches aber behält er bei sich. Im Licht stehen Özil, Schweinsteiger, Müller, Klose & Co, seine Auserwählten.

    Hinten aber ist Löw der Chef. Dort kann er auch harte Entscheidungen treffen. Einen solchen Teamchef wünschen sich auch andere Nationen.

    Können sie vielleicht bald haben. Joachim Löws Vertrag mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) läuft mit der WM aus. Eine Verlängerung war Anfang des Jahres mit Getöse und Schuldzuweisungen gescheitert. Inzwischen sei das Vertrauensverhältnis wiederhergestellt, beteuern beide Seiten. "Das ist erledigt", meint DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach. "Die Chancen stehen gut", sagte er zum Bestreben des Verbandes, "Löw zu halten". Löw sei nie infrage gestellt worden, "weil er ein erstklassiger Trainer ist und die Richtung stimmt".

    Ähnliches hat auch DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger bei seinem Besuch im WM-Quartier in Erasmia gesagt. "Ich werde alles dafür tun, ihn zu halten", versprach der Präsident, der im Oktober wiedergewählt werden möchte.

    Der Ball liegt nun im Feld des Bundestrainers. Aber Löw hat ihn dort bisher nicht mehr angerührt. Davon ist er auch gestern nicht abgewichen. "Das ist ein Thema für die Zeit nach der WM. Ich kann mit dieser Situation hervorragend leben", sagt er.

    Letzteres darf man als Seitenhieb auf den DFB werten, der mit dieser Situation deutlich schlechter lebt. Die Verbandsspitze möchte die Trainerfrage schnell beantwortet wissen. Im Juli soll eine Entscheidung fallen, hat Wolfgang Niersbach angekündigt. Das erste Spiel nach der WM in Südafrika bestreitet das DFB-Team am 11. August in Dänemark. "Wir werden nicht mit einer Interimslösung in Kopenhagen spielen", erklärte Niersbach.

    Wenn Löw sich bis dahin nicht entscheidet, ist er sein Amt los. Aber will er es überhaupt behalten? Nur unter Bedingungen. Der 50-Jährige möchte mit seinem vertrauten Stab weiterarbeiten. Gerangel hat es in dieser Frage schon vor der WM gegeben. Der DFB wollte mit einem neuen Medienchef nach Südafrika. Löw und Teammanager Oliver Bierhoff haben Harald Stenger für die WM noch einmal durchgesetzt. Danach wird für den ehemaligen Zeitungsmann Schluss sein. Stengers Vertrag wird nicht verlängert. Es wird ihm auch nicht helfen, dass dem DFB-Präsidenten eine Unterschriftenliste vorliegt, auf der Journalisten ihr Bedauern über diese Entscheidung ausdrücken.

    In Urs Siegenthaler verliert Löw zudem seinen Chef-Scout an den Hamburger SV. Was aber viel schwerer wiegt: Der Verband möchte Oliver Bierhoff loswerden. Sein Verhältnis zu Zwanziger gilt seit der geplatzten Vertragsverlängerung als zerstört. Wenn Zwanziger, wie zuletzt im WM-Quartier, über die Zukunft der Nationalelf spricht, nimmt er den Namen des Managers nicht mehr in den Mund. Bierhoffs Verhältnis zu Sportdirektor Matthias Sammer ist ebenfalls zerrüttet. Seit einem Jahr haben die beiden keinen Kontakt mehr. Bierhoff weiß, was auf ihn zukommt. Schon jetzt sagt er offen, dass er sich für den Fall der Fälle erst einmal ein halbes Jahr Pause genehmigen werde, um sich weiterzubilden. Ohne Bierhoff aber will Löw nicht weiterarbeiten.

    Favorit auf Löws Nachfolge wäre Matthias Sammer. Der 42-Jährige hat einen Vertrag bis 2013 und er besitzt das Vertrauen von DFB-Generalsekretär Niersbach. Außenseiterchancen hätte Hoffenheims Ralf Rangnick (51), den Zwanziger besonders schätzt. Am liebsten aber wäre es dem Präsidenten, Löw würde weitermachen und Pullover-Fragen so aufgeschlossen beantworten wie gestern. Inzwischen nämlich gilt das blaue Stück vom Nördlinger DFB-Einkleider Strenesse als Glücksbringer. Löw selbst hält davon nicht viel, hat aber auch keine Argumente dagegen, zumal die Ergebnisse, die unter dem Mitwirken seines Pullis erzielt worden seien, eindeutig sind. 4:0 (Australien), 4:1 (England), 4:0 (Argentinien).

    Er werde deshalb, das hat er versprochen, den blauen Pullover auch am Mittwoch (20.30 Uhr) gegen Spanien tragen. Von Anton Schwankhart

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