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Reise & Urlaub: „Watt ’ne Aussicht“ in Sankt Peter-Ording

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„Watt ’ne Aussicht“ in Sankt Peter-Ording

Der Leuchtturm Westerheversand misst 40 Meter und wurde 1906 errichtet.
Der Leuchtturm Westerheversand misst 40 Meter und wurde 1906 errichtet. Foto: Carina Sirch

Lang, lang war die Fahrt: Mit rund zehneinhalb Stunden muss man rechnen, wenn man sich von Augsburg Richtung Sankt Peter-Ording (SPO) aufmacht. Da stellt sich schnell die Frage: Lohnt sich das? Doch, ja! Eines kann ich mit bestem Gewissen behaupten: Es hat sich gelohnt, und vielleicht ist der Ort auch für andere Deutschland-Urlauber das perfekte Ziel. Wer einen kilometerlangen Strand, unberührte Natur, die raue See und ein herzliches „Moin“ zu schätzen weiß, der ist mit Sicherheit richtig in der Gemeinde.

Sankt Peter-Ording liegt im Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein. Als einziges deutsches Seebad verfügt SPO über eine eigene Schwefelquelle, weshalb es die Bezeichnung „Nordseeheil- und Schwefelbad“ trägt. Mit seinen knapp 4000 Einwohnern auf 28 Quadratkilometern Fläche ist der an der Westspitze der Halbinsel Eiderstedt gelegene Ort nicht sehr dicht besiedelt. Hinzu kommen jedoch jährlich bis zu 200000 Touristen. Damit ist SPO eines der beliebtesten Urlaubsziele der Nordsee.

Wem nun Horrorvorstellungen von Stränden mit sardinenartiger Enge vor die Augen kommen, kann sich getrost wieder beruhigen. Auch wenn zahlreiche Urlauber vor Ort sind, hält der schier endlose Sandstrand für jeden das richtige Plätzchen bereit: Mit zwölf Kilometern Länge und bis zu zwei Kilometern Breite ist genug Fläche geboten, um einen ruhigen Strandtag zu genießen. Dünen feinsten Sandes treffen hier auf naturbelassene Salzwiesen. Zahlreiche kleine Tümpel und Pfützen laden Möwen zu einem ungestörten Bad ein und in- mitten der buschigen Wiesen verstecken sich Frösche und Kröten.

Ab ins Watt

Was man auf seiner Reise – neben ausgiebigen Strandtagen –unbedingt einplanen sollte, ist eine morgendliche Wanderung und zwar eine ganz besondere: Gegen 10 Uhr trifft man sich im Zentrum von Bad, einem der vier Ortsteile Sankt Peter-Ordings, um mit dem „Hitzlöper“ – einer nostalgischen Bimmelbahn – zur Wattwanderung zu fahren. Allein die Tour mit dem butterblumengelben Gefährt ist bereits ein Erlebnis. Während der Fahrt erhält man durch den Zugführer interessante Informationen über den Ort. Doch dass in SPO „besondere Schafe mit einem kurzen Vorder- und Hinterbein leben, damit sie sich besser auf den Deichen halten können“, wird von den Fahrgästen schnell als Flunkerei enttarnt.

Nach kurzweiligen 45 Minuten erreicht man den Südstrand. Hier heißt es: „Schuhe ausziehen und Hose hochkrempeln“ – am besten zieht man jedoch zur Wattwanderung „nich dat Sonntagstüch an“, schließlich kann man sich dabei ein bisschen „schietig“ machen.

Sind alle bereit, steht ein fachkundiger Wattführer parat, um die Gruppe auf den Meeresboden zu führen. Denn das Watt („watend, begehbares Meer“) steht im Einfluss der Gezeiten. Täglich wird es zweimal bei Ebbe „trocken“, um anschließend nach wenigen Stunden wieder vom Meer überspült zu werden. Während Ebbe kann man den schlickigen Sandboden betreten und trifft dabei auf zahlreiche Bewohner.

„Gesagt, getan“, sticht der Wattführer bereits seinen scharfkantigen Spaten in den Sand, füllt mit diesem das Sieb und reinigt es in einer der Salzwasserpfützen. Mit dem sauberen Inhalt geht er einmal ringsherum. Als er bei mir angekommen ist, kann ich Hunderte Miniaturschnecken erkennen. „Warum bilden sich auf dem Meeresboden so kleine Häufchen?“, will eines der Kinder wissen. Und Häufchen ist dabei schon das richtige Wort! Die zahlreichen kleinen Hügel sind die Hinterlassenschaften des wohl bekanntesten Bewohners: dem Wattwurm. Jedoch muss man sich nun nicht ekeln. Die Würmer ernähren sich ausschließlich vom Sand, dabei filtern sie die organischen Stoffe heraus. Was aus ihrem Hinterteil kommt, ist somit der reinste Sand, den man finden kann. Wie viele davon im Boden leben, kann man nur schätzen, denn allein auf einem Quadratmeter finden sich circa 40 Exemplare.

Während der Wanderung durch diese faszinierende Landschaft trifft man auch auf zahlreiche Krebse, doch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Vorsicht geboten ist. Nimmt man diese falsch in die Hand, wehren sie sich mit einem kräftigen Zwicker ihrer Scheren.

Neben den Tieren ist auch der Schlick eine echte Erfahrung. Knietief sinkt man in den Matsch ein und kommt nur langsam watend vorwärts. Auf festerem Untergrund angelangt, klebt der Schlamm wie zäher Kaugummi an den Beinen. Bevor sich die Flut zurückholt, was ihr gehört, findet der Ausflug in das UNESCO-Welterbe nach zwei Stunden ein Ende. Alleine sollte man dieses Abenteuer jedoch nicht wagen. Häufig unterschätzen Touristen die Weite des Weges und wer nicht rechtzeitig an Land ist, wird von den schnell einkehrenden Wassermassen überrascht.

Licht im Dunkel

Vom Meeresboden geht es am nächsten Tag hoch hinaus. Denn der „Hitzlöper“ bringt einen auch an eines der Wahrzeichen der Halbinsel Eiderstedt: dem Leuchtturm Westerheversand. Rund eine halbe Stunde von SPO entfernt sieht man den rot-weißen Trum bereits von Weitem. Doch von Nahem ist der 40 Meter hohe Koloss noch um einiges beeindruckender.

Errichtet wurde der Turm im Jahr 1906. Über Jahrzehnte wurde er von Leuchtturmwärtern betrieben, bis im Jahr 1979 die Umstellung auf einen automatischen Betrieb den händischen ersetzte. Seit 2001 kann man das Innere besichtigen und vor allem den Blick von oben genießen. In der Nacht strahlt sein Licht bei guter Sicht bis zu 50 Kilometer und weist noch heute Seefahrern den Weg.

Raus aus dem Leuchtturm kann man den rund 40 minütigen Fußmarsch zurück zum „Hitzlöper“ auf dem geteerten Weg gehen. Oder man nimmt den historischen Stockenstieg, der früher die einzige feste Verbindung zwischen Leuchtturm und Festland war. Lediglich 45 Zentimeter breit führt der mit Ziegeln geklinkerte Stieg durch das Salzwiesen-Vorland zurück zum Deich.

Hat man nach einigen Tagen Nordsee die weiteren Sehenswürdigkeiten wie Pfahlbauten, Dünentherme oder Reetdachhäuser besichtigt, zieht es einen nun vielleicht in andere Gefilde. Warum also nicht erkunden, ob einen an der Ostsee ebenso schöne Plätze erwarten? Mich zieht es nach Heiligenhafen. Mit nur zweieinhalb Stunden Fahrzeit ist die Kleinstadt nicht weit von SPO entfernt. So viel sei verraten: Auch dieser Besuch hat sich gelohnt – doch das ist eine andere Geschichte.

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