Wintersport: Das sollte man beim Skitourengehen beachten
Tourengehen ist für viele Skifahrer das Größte. Doch ganz ungefährlich ist das Ganze nicht. Tipps für die Sicherheit.
Aufsteigen, wo es weit und breit keinen Lift gibt, und abfahren auf unberührten Hängen fernab überfüllter Pisten - das bedeutet für die meisten Tourengehen. Wer sich in der weißen Wildnis bewegt, sollte allerdings genau wissen, was er tut. Sonst endet der Drang nach der großen Freiheit in den Bergen womöglich in einer Katastrophe.
„Skitourengehen will gelernt sein“, betont Christian Putz. Der Skibergführer aus Lech am Arlberg hat schon unzählige Skifahrer und Snowboarder auf das Abenteuer Skitourengehen vorbereitet.
„Do it yourself“ mag von Baumärkten als erfolgversprechende Methode propagiert werden, in Sachen Tourengehen sollte man sich lieber Profis anvertrauen. „Einsteigerkurse werden fast überall in den Alpen angeboten“, sagt Putz.
Besonders groß sei die Auswahl in Skitouren-Hochburgen.So bietet die Skischule Lech im Rahmen ihrer Kurse auch Tourenschulungen an. Jede Woche gibt es Ein- und Mehrtages-Gruppenkurse für Anfänger und Fortgeschrittene.
Die richtige Ausrüstung
Die klassische Alpin-Ski-Ausrüstung taugt nicht zum Aufsteigen. Skitourengeher benötigen spezielle Skischuhe und Skibindungen. Wer viel aufsteigt, bevorzugt zudem spezielle Tourenski.
„Diese sind leichter als Abfahrtsski. Und bergauf zählt bei langen Touren jedes Gramm“, weiß Putz aus Erfahrung. Die Bindungen und Schuhe sind ebenfalls leichter, vor allem aber bieten sie beim Bergaufgehen mehr Flexibilität. Der Schaft der Schuhe lässt sich mithilfe eines Hebels lösen, so kann er beim Aufsteigen nach vorn gebeugt werden.
Skitourenbindungen funktionieren im Abfahrtsmodus wie klassische Skibindungen und fixieren sowohl den Zehen- als auch den Fersenbereich des Schuhs. Im Aufstiegsmodus wird der Schuh nur mithilfe zweier seitlicher Stifte im Zehenbereich fixiert. Die Ferse bleibt frei. So kann man den Berg praktisch hinauflaufen.
„Damit der Ski nicht nach jedem Schritt wieder talwärts rutscht, werden sogenannte Felle auf die Laufflächen der Ski aufgezogen“, erläutert der Skibergführer. Wo einst tatsächlich Tierfelle zum Einsatz kamen, werden heute meist synthetische Materialien verwendet. Diese sind so strukturiert, dass sie ein Vorwärtsgleiten ermöglichen, ein Zurückrutschen aber verhindern.
Splitboards für Snowboarder
Auch Snowboarder können Touren gehen. Für sie gibt es sogenannte Splitboards. Kurse, Touren und Camps werden an einigen Orten in den Alpen ebenfalls angeboten.
Zur Pflichtausrüstung gehören für jeden Skitourengeher ein Lawinenverschütteten-Suchgerät (LVS), eine Schaufel und eine Sonde. Das LVS funkt im Sendemodus permanent ein Signal, mithilfe dessen verschüttete Personen in einer Lawine geortet werden können.
In den Suchmodus geschaltet, führt es Retter schnell und zielsicher zu Verschütteten. Deren genaue Lage wird mithilfe der Sonde ermittelt. Ihre mit einem Draht im Inneren verbundenen Metallstäbe lassen sich in Sekundenschnelle zu einer mehr als zwei Meter langen Stange verwandeln. Damit wird die Schneedecke systematisch durchlöchert, bis man auf die verunglückte Person stößt.
Skibergführer Putz legt großen Wert auf das Training für den Ernstfall eines Lawinenabgangs. Immer wieder übt er mit seinen Schülern auf dem Trainingsgelände in Oberlech Suchen und Bergen. „Im Notfall kommt es darauf an, dass Skitourengeher einander schnellstmöglich aus einer Lawine retten können.“ Denn die Überlebenswahrscheinlichkeit einer verschütteten Person nimmt nach rund 15 Minuten rapide ab.
Auf Lawinen vorbereitet
Um bei einem Lawinenabgang gar nicht erst unter die Schneedecke zu geraten, tragen viele Skitourengeher sicherheitshalber sogenannte Lawinen-Airbags. Werden diese ausgelöst, bläst eine Gaskartusche oder ein Elektrogebläse einen Ballon auf, der den Betroffenen auf der Lawine aufschwimmen lässt.
„Selbstverständlich tun wir aber alles, um niemals in eine Lawine zu geraten“, versichert Putz. Dafür bringt er seinen Schülern zunächst bei, wie man den fünfstufigen Lawinenlagebericht und die Wettervorhersage liest.
Vor allem Einsteigern rät der Skibergführer ab Lawinenwarnstufe 3 auf Touren zu verzichten und schon bei mäßiger Lawinengefahr (Stufe 2) sehr konservative Routen zu wählen. „Skischulen, die Bergretter und Tourismusverbände sowie Tourenbücher können wertvolle Tipps für sichere Alternativrouten geben“, sagt der Österreicher.
Nach Sicherheitstraining und Materialeinweisung startet Putz mit der Technikschulung. Zunächst hilft er beim Aufziehen der Felle. Auch das Einsteigen in die Bindungen will gelernt sein.
„Bei den ersten gleitenden Schritten bergauf sind Einsteiger noch wacklig, aber bald werden die Bewegungen bei den meisten schon harmonischer.“ Spannend werde dann aber die erste Spitzkehre. Steilere Aufstiege absolvieren Tourengeher im Zickzack.
Die Wende um 180 Grad wird zur artistischen Einlage, die anfangs auch mal mit einem Sturz endet. Während der eine Ski noch in die alte Richtung zeigt, muss der andere in die entgegengesetzte Richtung ausgerichtet werden, bevor man den Knoten in den Beinen auflöst und auch den anderen Ski in die neue Richtung bringt. Wer die Spitzkehre beherrscht, kann unbesorgt losziehen.
Abfahrten sind herausfordernd
Wer langsam in gemäßigten Höhenlagen aufsteigt, benötigt weder viel Kraft noch enorme Ausdauer. Herausfordernder sind meist die Abfahrten abseits der Skipisten, denn nicht alle Aufstiege werden mit Tiefschneeabfahrten belohnt. Verhärtete, vereiste oder gar brechende Schneedecken können zum Albtraum werden.
Ideal für Einsteiger sind deshalb Routen in Skigebieten, die auch Abfahrtsmöglichkeiten über präparierte Pisten ermöglichen. Grundsätzlich gilt jedoch: Man sollte seine Skills immer mal auffrischen.
Anfängern empfiehlt der Skibergführer, sich Gruppen anzuschließen oder für anspruchsvollere Touren einen Bergführer zu engagieren. Das mache den Einstieg sicherer und beschere meist schönere Erlebnisse. Auch lerne man schnell dazu, um leichte Touren bald allein gehen zu können.
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