
Audi-Prozess: Rupert Stadler will sich heute erklären

Plus Der frühere VW-Topmanager bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vehement. Am Dienstag wird sich Rupert Stadler voraussichtlich drei Stunden lang äußern.

Wenn am Dienstag gegen 9.15 Uhr, draußen in Stadelheim, Richter Stefan Weickert aller Voraussicht nach dem Angeklagten Rupert Stadler das Wort erteilt, dann endet eine lange, lange Wartezeit. Für den früheren Audi-Vorstandsvorsitzenden, der alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe stets bestritten hat. Aber auch für seine früheren Mitarbeiter und Untergebenen, die sehr interessiert hören wollen, was ihr früherer Chef zu sagen hat.
Und nicht zuletzt für die geprellten Kunden, jene Audi-Fahrer, die erfahren mussten, dass die Marke, der sie Vertrauen geschenkt haben, in nicht wenigen Autos Schummelsoftware eingebaut hatte. Zum ersten Mal nun wird an diesem Dienstagmorgen im Abgasskandal seit dessen Bekanntwerden vor über fünf Jahren ein früherer VW-Topmanager selbst zu den Vorwürfen vor Gericht Stellung nehmen.
Stadler soll Verkauf manipulierter Autos in Europa wissentlich nicht verhindert haben
Stadler wird wohl ein Stück erleichtert sein, sich endlich selbst äußern zu können. Er war in Untersuchungshaft, er hat seine Posten im Konzern nicht mehr, er hat sehr viel verloren. Zu erwarten ist, dass der 57-Jährige nach ein paar einleitenden Worten seiner Verteidiger rund drei Stunden sprechen und dabei die gegen ihn erhobenen Vorwürfe erneut entschieden zurückweisen wird. Später, wenn es im bis Dezember 2022 angelegten Strafprozess um die ihm konkret zur Last gelegten Punkte geht, will Stadler sich wieder äußern.
Der langjährige Herr der Ringe muss sich mit drei weiteren Angeklagten wegen Betrugs, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung verantworten. Die mitangeklagten Ingenieure P., L. sowie der frühere Chef der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz, sollen zusammen dafür gesorgt haben, dass ab 2009 verkaufte Dieselmotoren die Grenzwerte mit Schummelsoftware auf dem Prüfstand einhielten, auf der Straße aber mehr Abgase hinten rauskamen als vorgeschrieben. Es geht dabei laut Anklage um mehrere hunderttausend Autos, die auf dem nordamerikanischen Markt und in Europa ihre Käufer fanden.

Stadler soll erst 2015 von den Manipulationen erfahren und den Verkauf betroffener Autos – in Europa – aber nicht verhindert haben. Während P. und L. eingeräumt haben, Verantwortung für den Abgasskandal zu tragen, bestreitet Hatz die Vorwürfe. Alle drei Ingenieure haben vor Gericht bereits lange Erklärungen abgegeben. Nun ist Stadler an der Reihe.
Stadlers Äußerungen im Audi-Prozess werden mit Spannung erwartet
Dessen Anwälte Thilo Pfordte und Ulrike Thole hatten zu Beginn des Prozesses die Staatsanwaltschaft München II frontal angegangen und die bisherige Verfahrensführung als „grob unfair“ bezeichnet. Die Anklage befinde sich in „Schieflage“. Der größte Teil beziehe sich auf die drei anderen Beschuldigten. Ihr Mandant müsse als „Galionsfigur“ herhalten. Sie hatten noch eine Menge mehr auszusetzen und beantragten schließlich, das Verfahren gegen Stadler abzutrennen, was das Gericht allerdings nicht tat.
Es wird nun mit Spannung erwartet, wie Stadler sich – dem man den Druck bisher wenig angemerkt hat – präsentiert. Er wird – zunächst wohl – der einzige Top-Manager aus der obersten Riege des Volkswagen-Reiches sein, der sich vor Gericht äußert. Der ab Ende Februar gegen Martin Winterkorn geplante Betrugsprozess, Stadlers Ex-Chef, könnte sich verzögern, wie Ende vergangener Woche bekannt wurde.
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