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Abgas-Skandal: Was würde geprellten VW-Fahrern ein Vergleich bringen?

Abgas-Skandal

Was würde geprellten VW-Fahrern ein Vergleich bringen?

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    Führt die Musterklage gegen VW zu einem Vergleich? 
    Führt die Musterklage gegen VW zu einem Vergleich?  Foto: Thorsten Jordan

    Nun also doch. Volkswagen sperrt sich nicht mehr gegen einen Vergleich mit den rund 400.000 Dieselfahrern, die sich der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale angeschlossen haben. Zügig sollen jetzt die ersten Vorgespräche beginnen, die das ansonsten jahrelange Verfahren deutlich verkürzen könnten.

    Wie viel Geld könnten die betroffenen Kunden von VW als Entschädigung bekommen?

    Sollte ein Vergleich zustande kommen, dürfen die VW-Fahrer wohl nicht mit einem warmen Geldregen rechnen. Der Autohersteller schielt auf den Vergleich, mit dem in Australien die Sammelklage gegen die Wolfsburger endete. Das Unternehmen zahlte dort umgerechnet im Mittel 870 Euro Entschädigung pro Kunde. Sie konnten allerdings ihren Wagen behalten. VW hat auch auf dem Heimatmarkt kein Interesse daran, dass den Vertragshändlern plötzlich 400.000 alte Diesel auf den Hof gestellt werden.

    Wird der Hersteller mit einer niedrigen Summe durchkommen?

    Das ist die Frage. Fällt die Summe zu niedrig aus, besteht die Gefahr, dass die VW-Fahrer den Vergleich ablehnen und auf eigene Faust juristisch gegen den Autobauer vorgehen. Immerhin hatte das Unternehmen in den USA bis zu 40.000 Euro je Wagen gezahlt, die allerdings in den meisten Fällen vom Unternehmen zurückgenommen wurden. Die Chefetage in Wolfsburg richtet sich darauf ein, hierzulande gestaffelte Entschädigungen je nach Alter und ursprünglichem Kaufpreis zu zahlen. An die Höhe in Amerika werden die Beträge aber bei weitem nicht heranreichen. Stellen sich mehr als 30 Prozent der Sammelkläger gegen den Vergleich, wird er generell unwirksam. VW hätte dann wenig gewonnen, weil die juristische Aufarbeitung des Skandals weitere Jahre in Anspruch nehmen würde. Die Kosten für Anwälte überstiegen dann den Streitwert.

    Die Verbraucherzentrale hält deutlich höhere Entschädigungen für angemessen. Wie stehen die Chancen dafür?

    Dass die Volkswagen-Kunden den Neupreis erstattet bekommen und zusätzlich noch Strafzinsen hinzu, gilt derzeit als extrem unwahrscheinlich. Der für die Musterklage zuständige Richter am Braunschweiger Oberlandesgericht hatte zum Auftakt des Prozesses unverblümt dafür plädiert, dass die Abnutzung abgezogen werden muss. "Uns will es nicht einleuchten, dass die Fahrzeuge über Jahre kostenlos genutzt werden durften", sagte Michael Neef Ende September. Er folgte damit einer Einschätzung, die sich an vielen Gerichten durchgesetzt hat.

    Wie wirkte sich ein Vergleich auf die Einzelklagen gegen VW aus?

    Der Vergleich hätte keine unmittelbare Rechtswirkung auf die Individualklagen. "Aber er würde natürlich auf die laufenden Verfahren ausstrahlen", sagte Alexander Voigt von der Kanzlei Goldenstein & Partner. Der Anwalt und seine Kollegen vertreten nach eigenen Angaben knapp 18.000 VW-Kunden in der Abgasaffäre. Nach der Analyse der Kanzlei haben von den 2,6 Millionen geprellten Volkswagen-Fahrern nur 700.000 ihre Ansprüche auf dem Rechtsweg geltend gemacht.

    Hat es Sinn, sich jetzt noch der Musterfeststellungsklage anzuschließen?

    Daniela Bergdolt, Vize-Präsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und Rechtsanwältin in München, geht davon aus, dass es keinen Sinn mehr hat, sich als betroffener VW-Diesel-Kunde jetzt noch der Musterfeststellungsklage anschließen zu wollen. "Die offizielle Frist, sich anzuschließen, ist abgelaufen", sagt sie. Auch Klagen von Betroffenen auf eigene Faust billigt sie kaum Chancen zu. "Die Ansprüche sind Ende 2018 verjährt", sagt sie. Einzelne Anwälte und Juristen an den Gerichten gingen davon aus, dass die Verjährung zwar erst Ende 2019 eintrat. "Seriös muss man aber sagen: Der Zug ist abgefahren", meint Bergdolt.

    Wie sieht die Situation für Aktionäre aus?

    Neben der Klage der Dieselauto-Besitzer läuft am Oberlandesgericht Braunschweig auch eine Musterfeststellungsklage der VW-Aktionäre. Diese sehen sich geschädigt, da im Zuge der Diesel-Affäre der Kurs des Papiers massiv eingebrochen ist. Das Vergleichsangebot von VW richtet sich bisher nur an die Dieselbesitzer, nicht aber an die Aktionäre, sagt Daniela Bergdolt, Vize-Präsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und Rechtsanwältin in München. "Es ist dringend nötig, dass Volkswagen auch das Musterfeststellungsverfahren für die Aktionäre mit einem Vergleich beendet", fordert sie. "Nach allem, was wir von den Gerichten gehört haben, sieht es nicht gut aus, dass Volkswagen das Verfahren gewinnen könnte", meint die Juristin.

    Wie sehr binden die VW-Verfahren überhaupt die Gerichte? Zum Beispiel in der Audi-Stadt Ingolstadt?

    Am Landgericht Ingolstadt ächzt man nach wie vor unter den Audi/VW-Verfahren. Im Vergleich zu der Zeit vor Bekanntwerden des Abgas-Skandals habe sich nach Angaben einer Sprecherin des Landgerichts

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