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Kommentar: Beim Naturschutz reicht Freiwilligkeit nicht, Regeln müssen her

Kommentar

Beim Naturschutz reicht Freiwilligkeit nicht, Regeln müssen her

Lea Thies
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    In Bayern läuft derzeit das Volksbegehren Artenvielfalt "Rettet die Bienen".
    In Bayern läuft derzeit das Volksbegehren Artenvielfalt "Rettet die Bienen". Foto: Patrick Pleul, dpa (Symbolfoto)

    Wer mit wachen Augen unterwegs ist, der bemerkt die beängstigenden Veränderungen in der Natur sofort. Durch die Gärten fliegen weniger Vögel, auf den Windschutzscheiben kleben im Sommer deutlich weniger Insekten als früher. Dafür: verdichtete Orte, mehr Maisfelder und weniger Blumenwiesen, aufgeräumte Feldränder und Grundstücke, immer größere Maschinen für immer größere Felder und durch den Normalo-Garten fährt nun ein Mähroboter, der jedes Blümchen kappt, ehe es Nahrung für Insekten liefern kann.

    Die Zahlen zum Artensterben sind erschreckend

    Dennoch waren und sind die Zahlen, die der Entomologische Verein Krefeld im Oktober 2017 veröffentliche, erschreckend: 76 Prozent weniger Fluginsekten als 1989 sind unterwegs. Es gibt nur noch halb so viele Schmetterlinge wie 1990. Von den 506 heimischen Wildbienenarten sind bereits 40 ausgestorben, jede zweite Art ist bedroht, stark gefährdet oder gefährdet. Diese Woche kam zudem heraus: Auf den Feldern gibt es nur noch halb so viele Vögel wie 1980. Nicht nur deren Nahrungskette ist durch das Insektensterben gestört, auch unsere ist auf krabbelnde Bestäuber angewiesen.

    Das Volksbegehren Artenschutz ist ein wichtiges Signal

    Es besteht also dringend Handlungsbedarf – und zwar im großen Stil. Weil die Bayerische Staatsregierung das als Gesetzgeber bisher allerdings anders sah und stark auf die Arbeit freiwilliger Umweltschutz-Initiativen setzte, ist es wichtig und richtig, dass nun das Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen“ angestrengt wird, das eine Ergänzung des Bayerischen Naturschutzgesetzes im Sinne der Artenvielfalt als Ziel hat.

    Durch das politische Instrument „Volksbegehren“ können Bürger nicht nur dem Parlament eine andere Richtung aufzeigen. Dadurch werden etablierte politische Strukturen durchgerüttelt. Es ist ein Signal von unten. Und als positiven Nebeneffekt regt es zudem einen Diskurs an und schafft ein breiteres Bewusstsein für eine Thematik.

    In Sachen „Rettet die Bienen“ diskutieren und streiten Politiker, Landwirte, Verbraucher, Interessenverbände gerade in neuem Ausmaß über das Problem. Interessanterweise argumentieren beide Lager mit den „kleinen Höfen“, die mal als benachteiligt gelten und mal als Profiteure. Klar ist: Die Intensivierung und Industrialisierung der Landwirtschaft ist der Hauptfeind der Artenvielfalt. Logischerweise setzt das Volksbegehren auch dort an. Aber das kann nur der Anfang sein. Natürlich muss sich die Staatsregierung einen weitreichenderen Masterplan überlegen. Einen, in dem Bauern, die sich für Naturschutz und Nachhaltigkeit engagieren, belohnt werden. Einen, in dem auch Kommunen mehr für die Artenvielfalt und gegen den Flächenfraß tun müssen. Und warum nicht auch in Privatgärten den Chemieeinsatz stärker reglementieren? Wo Freiwilligkeit nicht genug fruchtet, da müssen Regeln her, an die sich jeder halten muss – zum Wohl aller.

    Die Teilnahme allein reicht nicht: Alle müssen etwas tun

    Das Volksbegehren ist eine Chance auf Veränderung. Bis 13. Februar können sich die Bürger noch eintragen. Eines aber hat die Initiative schon bewirkt: Ministerpräsident Markus Söder spricht bereits von einem „größeren Wurf“ in Sachen Naturschutz.

    Es ist aber auch klar: Die Teilnahme am Volksbegehren allein reicht nicht, um etwas zu bewegen. Wir alle müssen aktiv dazu beitragen, dass es der Natur wieder besser geht. In unseren Gärten wie auch an der Supermarktkasse. Wir müssen zum Beispiel unser Konsumverhalten ändern: weniger billig, dafür mehr bio und regional. Das ist ein Signal von unten für mehr Nachhaltigkeit, Naturverträglichkeit und gegen Massenproduktion. Solche Nachfrage schafft neue Angebote – und so auch Artenvielfalt in der Landwirtschaft.

    Lesen Sie dazu auch: Leere Supermärkte, keine Rosen mehr: Was passiert, wenn die Bienen sterben (Plus+)

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