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Corona-Krise: Bremst Brüssel die Lufthansa-Rettung aus?

Corona-Krise

Bremst Brüssel die Lufthansa-Rettung aus?

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    Lufthansa und die Bundesregierung sind sich offenbar einig: Es gibt milliardenschwere Staatshilfen für die angeschlagene Fluggesellschaft.
    Lufthansa und die Bundesregierung sind sich offenbar einig: Es gibt milliardenschwere Staatshilfen für die angeschlagene Fluggesellschaft. Foto: Boris Roessler, dpa

    Nach wochenlangen Verhandlungen sind sich Bundesregierung und Lufthansa grundsätzlich über ein Rettungspaket einig. Die angeschlagene Fluggesellschaft soll milliardenschwere Staatshilfen bekommen. Der Ausschuss des Wirtschaftsstabilisierungsfonds stimmte am Montag bereits einem Hilfspaket in Höhe von neun Milliarden Euro zu. In trockenen Tüchern ist die Vereinbarung jedoch nicht. Der Aufsichtsrat der Lufthansa und die Hauptversammlung müssen noch zustimmen. Ebenso die EU-Kommission – und ausgerechnet hier droht nun neuer Streit.

    Das Rettungspaket sei wichtig und sinnvoll, sagt Luftfahrt-Experte Cord Schellenberg unserer Redaktion: „Die Lufthansa hat in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet, ist nicht durch Eigenverschulden in finanzielle Not geraten.“ Das sei Voraussetzung für die Staatshilfen. Bei einer Pleite, so Schellenberg, könnten wichtige und hochwertige Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden. Zudem seien die Exportwirtschaft, aber auch der Personenverkehr, auf eine erstklassige Vernetzung im Weltluftverkehr angewiesen.

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    Das Lufthansa-Rettungspaket gibt es nicht umsonst

    Doch das Rettungspaket gibt es nicht umsonst. Im Gegenzug für die Finanzspritze soll der Staat künftig mit 20 Prozent an der Airline beteiligt sein. Dies läge unterhalb der Sperrminorität, mit der wichtige Entscheidungen blockiert werden könnten. Um eine drohenden Übernahme aus dem Ausland zu verhindern, könnten die Anteile mithilfe einer Wandelanleihe auf 25 Prozent plus einer Stimme ausgeweitet werden.

    Eine Beteiligung des Staates an Lufthansa darf jedoch nur vorübergehend sein, die Regierung muss schon jetzt eine „Exit-Strategie“ entwickeln. Das schreiben die EU-Vorgaben vor. Wie genau eine solche Exit-Strategie aussehen kann, ist derzeit aber unklar. Der Bund will nach eigenen Angaben jedoch erst dann wieder bei der Lufthansa aussteigen, wenn es sich wirtschaftlich lohnt. Der Zeitpunkt hänge von der Lage und dem Geschick der Unternehmens ab, sagte Finanzminister Olaf Scholz. Der von der EU-Kommission genannte Zeitrahmen von sechs Jahren solle aber nicht ausgereizt werden.

    Regierung stellt für Hilfspaket Umweltschutzauflagen an Lufthansa

    In das operative Geschäft wolle sich der Bund nicht einmischen. Dennoch stellt der Staat klare Bedingungen für seine finanzielle Unterstützung – unter anderem bezüglich des Umweltschutzes. Nach Angaben des Finanzministeriums verpflichtet sich die Lufthansa etwa zur Erneuerung ihrer Flotte, um Emissionen zu reduzieren. Dadurch soll die Klimabilanz des Unternehmens verbessert werden.

    Außerdem muss die Airline ihre Kooperationen für umweltfreundlichere Flugzeugkraftstoffe ausweiten. Des Weiteren dürfe kein Staatsgeld in Steueroasen abfließen und Vorstandsmitglieder müssen zudem bis Ende September auf ein Fünftel ihres Grundgehalts verzichten. Bei einer staatlichen Teilübernahme wären der Lufthansa außerdem Dividenden- und Bonuszahlungen untersagt. Zudem muss die Unterstützung mit dem Geld der Steuerzahler hinreichend vergütet werden.

    Neuer Streit mit der EU-Kommission?

    Unabhängig davon bahnt sich nun offenbar ein Streit zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission an. Laut einem Bericht des Handelsblattplant die EU-Kommission, der Lufthansa wertvolle Start- und Landerechte an den Hauptstandorten Frankfurt und München zu nehmen. Dies bestätigten am Montag Teilnehmer einer CDU-Präsidiumsschalte. Angela Merkel kündigte indes Widerstand gegen mögliche hohe Auflagen der EU-Kommission an. Die Kanzlerin wolle sich nicht „zu sehr“ hereinreden lassen, heißt es in dem Zeitungsbericht. Merkel soll gesagt haben: „Das wird ein harter Kampf.“ Die EU-Kommission wollte sich dazu zunächst nicht äußern.

    Die Verhandlungen der Regierung und der Fluggesellschaft über die Details des Rettungspakets ziehen sich bereits über Wochen hin. Die Corona-Krise hat Lufthansa schwer getroffen. Wegen der Reisebeschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus droht der Fluggesellschaft die Insolvenz. Mit Ausnahme des Frachtverkehrs ist der globale Flugverkehr nahezu zum Erliegen gekommen. Rund 138.000 Arbeitsplätze sind bei der Lufthansa derzeit gefährdet.

    Ob die neun Milliarden Euro für die Lufthansa reichen, ist derzeit noch unklar

    Ob die neun Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm ausreichen werden, möchte Luftfahrt-Experte Schellenberg derzeit noch nicht beurteilen, das hänge maßgeblich von der weiteren Entwicklung bezüglich des Coronavirus ab. Selbst wenn eine zweite Infektionswelle ausbleibe, sei unklar, wann weltweit alles wieder so laufe wie vor der Krise. Die nächsten zwei Jahre seien entscheidend – und das Reiseverhalten der Menschen. „Das Interesse der Fluggäste ist hier nötig, wird aber erst langsam wieder wachsen“, sagt der Luftfahrt-Experte.

    Noch sei vieles unklar, einige Menschen werden wohl erst einmal abwarten, bevor sie wieder in einen Flieger steigen, vermutet Schellenberg. Hier sei – ähnlich wie beim Bus- und Bahnverkehr – ein Gewöhnungseffekt nötig. „Die Fluggesellschaften werden natürlich mit attraktiven Preisen werben“, so der Experte. Aber: „Jetzt braucht es unternehmungsfreudige Urlauber, die das Ganze ausprobieren.“

    Auf diese setzt auch der staatlich gerettete Ferienflieger Condor. Doch das Unternehmen ist nach wie vor auf der Suche nach einem Investor. „Wenn es gut läuft, können wir den Schutzschirm in den nächsten drei Monaten verlassen“, sagte Airline-Chef Ralf Teckentrup dem Fachmagazin fvw. Bis zum Beginn der Sommerferien am 25. Juni soll das Flugprogramm auf rund 40 Prozent des ursprünglich geplanten Verkehrs hochgefahren werden, bis Ende Oktober rechnet Techentrup gar mit bis zu 60 Prozent. Man strebe eine Auslastung der Maschinen von rund 80 Prozent an. (mit dpa)

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