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Kommentar: Deutschland braucht wieder mehr Gründer

Kommentar

Deutschland braucht wieder mehr Gründer

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    Die Zahl der Gründer geht zurück.
    Die Zahl der Gründer geht zurück. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Deutschland hat ein Luxusproblem. Der deutschen Wirtschaft geht es, man muss das trotz aller grauen bis schwarzen Konjunktur-Aussichten so sagen: zu gut. Die Zahl der Arbeitslosen ist historisch niedrig, Unternehmen suchen verzweifelt nach Mitarbeitern und umgarnen Fachkräfte. Der Nebeneffekt: In einer bequemen Arbeitswelt verkümmert der Unternehmergeist. Wer einen sicheren Job hat, ein gutes Gehalt und den verbrieften Urlaub, der schreckt oft zurück vor der Selbstständigkeit.

    Und auch denen, die trotz allem Gründer-Willen beweisen, wird es hierzulande allzu schwer gemacht: Allein für die Anmeldung einer Firma sind bis zu neun Behördengänge nötig, dazu kommen komplizierte Förderanträge und andere bürokratische Hürden. Daneben fehlt es in Deutschland oft an den so wichtigen Kapitalgebern. Entsprechend düster sehen die Gründer-Statistiken aus: Die Zahl der Menschen, die sich selbstständig machen, geht seit Jahren zurück. Zuletzt sank sie auf den tiefsten Stand seit der Jahrtausendwende.

    Start-ups sind Brutstätten für Ideen

    Für ein Land wie Deutschland, dessen Wohlstand vor allem von klugen Köpfen im Mittelstand erwirtschaftet wird, ist das bald nicht mehr nur ein Luxusproblem, sondern eine ernsthafte Innovations-Gefahr. Denn Start-ups sind Brutstätten für Ideen, junge Gründer erneuern den Mittelstand, zwingen ihn zum Wandel. Sie sind die Unternehmer, die den Wohlstand des Landes für die Zukunft sichern, die Nachfolger jener Männer und Frauen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus Trümmern das deutsche Wirtschaftswunder schufen.

    Fehlen diese neuen Impulse, schrumpft die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Schon jetzt landet Deutschland, einst Heimat von Pionieren wie Werner von Siemens, Robert Bosch und Rudolf Diesel, in einem Innovations-Ranking der OECD nicht mal mehr unter den führenden zehn Nationen.

    Was aber machen die übrigen Länder anders? Israel etwa hat die Bürokratie für Gründer radikal heruntergefahren und investiert mehr als jedes andere OECD-Land in Forschung und Entwicklung. Das kleine Land hat damit Erfolg: Keine Nation kommt auf mehr Start-ups pro Kopf.

    Die Gründerszene muss im ganzen Land lebendig sein

    Und auch von ihren Konkurrenten in den USA könnten deutsche Gründer viel lernen: Risikofreude zum Beispiel. Deutsche gelten als zurückhaltend, geradezu ängstlich, wenn es um Selbstständigkeit geht. Scheitern wird als Makel wahrgenommen. Dazu kommt: Das öffentliche Bild des Unternehmertums ist häufig negativ, mehr als an Mut und Hingabe denken viele bei Existenzgründungen an Geldsorgen und Überstunden.

    Dabei könnten wir Deutschen ein wenig Mut gut gebrauchen: Mut zum Ausprobieren, Mut zum Risiko, Mut zum Scheitern. Die wenigsten Menschen sind jedoch von sich aus kühn und unerschrocken. Sie brauchen Vorbilder, die ihren Unternehmergeist fördern und wachsen lassen. Keine weit entfernten Helden allerdings wie die Gründer-Idole Elon Musk oder Mark Zuckerberg, sondern Menschen, mit denen man sich unterhalten kann, die Tipps haben und sie auch teilen.

    Dieser Austausch funktioniert nur mit einer lebendigen Gründerszene im ganzen Land. Denn was bringt es, wenn sich die große Zahl der Start-ups in Städten wie Berlin oder München konzentriert, während der deutsche Mittelstand oft auf dem Land zu finden ist? Das Ziel muss sein, dass Gründer sich in Günzburg, Memmingen oder Nördlingen genauso wohl fühlen, genauso viel Unterstützung finden wie in der Hauptstadt. Das klingt utopisch? Vielleicht. Aber nur so kann aus der Gründer-Flaute ein Gründer-Aufschwung werden.

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