Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

EU-Finanzhilfen: Fast 26 Milliarden für Deutschland, doch keine echten Reformen

EU-Finanzhilfen

Fast 26 Milliarden für Deutschland, doch keine echten Reformen

    • |
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (rechts) kam persönlich nach Berlin um Bundeskanzlerin Angela Merkel den Förderbescheid zu übergeben.
    EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (rechts) kam persönlich nach Berlin um Bundeskanzlerin Angela Merkel den Förderbescheid zu übergeben. Foto: dpa

    Von einem großen Tag für Deutschland wollte weder in Brüssel noch in Berlin jemand sprechen. Dabei hatte sich die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, am Dienstag persönlich in die Bundeshauptstadt begeben, um die gute Nachricht zu überbringen: Der nationale Plan zur Verwendung der Mittel aus dem europäischen Corona-Aufbaufonds wurde gebilligt – eine Zusage, die 25,6 Milliarden Euro wert ist. Auf zusätzliche Kredite verzichtet der Bundesfinanzminister. Es handelt sich um Geld, das nicht wieder zurückgezahlt werden muss. „Dieses Konjunkturprogramm wird Deutschland helfen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen“, bemühte sich Kommissionsvize Valdis Dombrovskis um etwas Aufmunterung. Denn in Brüssel sehen Kritiker quer durch alle Parteien den Plan als eine vertane Chance.

    Die 27 Mitgliedstaaten hatten den Aufbaufonds mit einem Gesamtvolumen von 750 Milliarden Euro beschlossen. Legt man die aktuellen Preise zugrunde, dürften sogar über 800 Milliarden Euro zusammenkommen. 312,5 Milliarden werden als Zuwendungen ausgeschüttet, 360 Milliarden als Kredite vergeben. Vor allem die Länder im Süden der Union hatten daraufhin nationale Pläne aufgestellt, die auch weitreichende innenpolitische Reformen beinhalten – dies war eines von elf Kriterien, die die Kommission bei der Prüfung anlegte. Der erste Entwurf aus Berlin fiel deshalb in Brüssel zunächst in Ungnade, weil die Bundesregierung kaum Reformen vorgesehen hatte. Dann wurde nachgebessert, bis es reichte.

    Vor allem die Wasserstoff-Pläne der Bundesregierung stießen auf Zustimmung

    Das Ergebnis liest sich vielversprechend, obwohl die Inhalte weder neu noch originell sind. Vieles davon war schon in den Programmen der Bundesregierung enthalten. 42 Prozent der Gelder will die Große Koalition für den Übergang zur Klimaneutralität investieren, 52 Prozent in den digitalen Wandel. Vor allem die Pläne, erneuerbaren Wasserstoff nutzbar zu machen, stießen in Brüssel auf Unterstützung. 2,5 Milliarden sind für die Subventionierung von 800.000 Elektroautos vorgesehen, 2,5 Milliarden für die energetische Renovierung von Häusern. Mit 1,5 Milliarden Euro soll die Mikroelektronik gefördert werden, 750 Millionen wird es für eine moderne Cloud-Infrastruktur geben. Mit drei Milliarden möchte Berlin die Verwaltung digitalisieren. 500 Millionen Euro fließen in zusätzliche Kinderbetreuungsplätze, drei Milliarden Euro bekommen die Krankenhäuser. Es gibt Projekte zur Förderung von Schülerinnen und Schülern, die in der Pandemie zurückgeblieben sind, und Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr. Dazu ein Reförmchen der Sozialversicherung: Die Rentenversicherung soll künftig eine digitale Rentenübersicht anbieten können.

    „Bundesfinanzminister Olaf Scholz muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er beim deutschen Plan auf echte Reformen verzichtet hat“, sagte der CSU-Europapolitiker Markus Ferber in Brüssel. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP im Europaparlament, Moritz Körner, erklärte, Deutschland sei „vom Reformmotor Europas zum Reformnachzügler verkommen“. Das viel gescholtene Italien, dessen Aufbauplan über 191 Milliarden Euro (68,9 Milliarden an Zuwendungen plus 122,6 Milliarden Darlehen) ebenfalls am Dienstag gebilligt wurde, habe „dreimal so viele Reformvorhaben wie die Bundesregierung ausgearbeitet“.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kein Ehrgeiz, keine Ideen - Deutschland vergeigt eine Chance

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden