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Flughafen Berlin: Erst 2018? BER-Eröffnung wird erneut verschoben

Flughafen Berlin

Erst 2018? BER-Eröffnung wird erneut verschoben

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    Der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt sollte eigentlich vor fünf Jahren in Betrieb gehen.
    Der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt sollte eigentlich vor fünf Jahren in Betrieb gehen. Foto: Michael Kappeler (dpa)

    Am neuen Hauptstadtflughafen ist das erste Bauwerk schon wieder abgerissen: Der 32 Meter hohe Aussichtsturm für Baustellenbesucher hat seine Lebensdauer überschritten. Macht eigentlich nichts, denn im neuen Jahr sollte es ja eigentlich so weit sein: Der drittgrößte deutsche Flughafen endlich am Netz - nach Jahren der Neubau-Sanierung, nach Milliardenaufwand und Skandalen.

    Noch ist das der offizielle Zeitplan zur Eröffnung im Herbst 2017, aber alles spricht dafür, dass dieser Plan im Januar gekippt wird. Es wäre die fünfte Verschiebung, die Verspätung würde sich noch einmal um ein halbes Jahr auf dann sechseinhalb Jahre verlängern. 2017 ist einfach zu kurz für all das, was die Verantwortlichen noch schaffen müssen. Ein Überblick:

    GENEHMIGEN

    Der Kampf gegen Murks beim Brandschutz und anderen Einrichtungen im Terminal glich einer Sanierung im Bestand - mit immer neuen Bauanträgen. Für Mitte Januar rechnet Flughafenchef Karsten Mühlenfeld mit der letzten Genehmigung - hoffentlich ohne Nachforderungen des Bauamts. Denn der Ingenieur hat Airlines, Passagiere und Politik schon lange hingehalten: Er will auf Nummer sicher gehen, bevor er einen definitiven Eröffnungstermin nennt.

    "Wir erwarten eine auf Herz und Nieren geprüfte Einschätzung", sagte der Aufsichtsratschef, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), nach einer Sitzung des Kontrollgremiums Anfang Dezember. Das klang wie eine Drohung an Mühlenfeld. Denn jeden Monat verschlingt der leere Flughafen 17 Millionen Euro Betriebskosten, zudem fehlen eingeplante Mieteinnahmen von 13 bis 14 Millionen.

    FERTIG BAUEN

    Erst nach der letzten Genehmigung kann Mühlenfeld sicher sein, dass keine wesentlichen Umbauten mehr anstehen. Bei den vorherigen Anträgen hatte das Bauamt immer noch neue Mängel entdeckt: Lüfter unter der Terminaldecke standen auf zu schwachen Bühnen, am Bahnhofseingang zog der Rauch im Brandfall nicht richtig ab - das brachte jedes Mal neue Verzögerungen.

    TESTEN UND ABNEHMEN

    Seit Monaten arbeiten sich Teams Abschnitt für Abschnitt durch das Terminal und nehmen Anlagen in Betrieb. Noch bis zum Sommer werden nach und nach alle Geräte eingeschaltet und geprüft, ob sie auch im Verbund laufen. "Nicht alles, was man einschaltet, funktioniert", berichtet Mühlenfeld. Immer wieder sind kleine Umbauten nötig.

    Der Brandfall wurde in den meisten Bereichen bisher nur am Computer simuliert. Heißgasrauchversuche sollen im neuen Jahr zeigen, ob die Entrauchung wirklich funktioniert. Weil die Zeit knapp ist, sollen Tests, behördliche Abnahmen und Probebetrieb teils parallel laufen.

    PROBEN

    Im Mai soll der Probebetrieb beginnen. Das gab es schon mal - vor der geplatzten Eröffnung des Flughafens 2012. Damals mussten die Komparsen Gepäckwagen an Baugerüsten vorbeibugsieren. 10 000 Freiwillige sollten Schwachstellen aufdecken. Die größte fand jedoch das Bauamt - den Brandschutz - und stoppte die Eröffnung. Mühlenfeld versichert: "Wir stehen heute ganz anders da als 2012."

    UMZIEHEN

    Rund 1500 Lastwagen werden sich für den Flughafen-Umzug auf die 35 Kilometer lange Strecke von Tegel nach Schönefeld machen müssen. Anders als 2012 soll dieses Mal aber nicht alles in einer Nacht herüber, sondern in einem Zeitraum von vier Wochen.

    ERWEITERN

    Der alte Flughafen Tempelhof ist seit 2008 geschlossen. Spätestens sechs Monate nach dem BER-Start soll auch Tegel schließen. Doch der Neubau in Schönefeld ist mit möglichen 27 Millionen Passagieren pro Jahr zu klein. Die Planer in den 90er Jahren hatten nicht erwartet, dass Berlin 2016 schon rund 33 Millionen Fluggäste zählen würde.

    Neben dem neuen Terminal soll ein weiteres entstehen, das in Sichtweite gelegene alte Schönefelder Terminal für rund 10 Millionen vorerst offen bleiben. Mühlenfeld steht vor dem Spagat, einerseits die Eröffnung voranzutreiben, andererseits schon die Erweiterung zu planen. Wieder ist die Debatte entbrannt, ob der Flughafen Tegel am Rande der Innenstadt nicht doch einfach offen bleiben sollte.

    ERÖFFNEN

    Wie eröffnet man einen Flughafen, dessen Kosten seit Baubeginn von 2 auf 6,5 Milliarden Euro gestiegen sind, der zum Symbol für Pfusch, Verschwendung und Skandale wurde? Mühlenfelds Vorgänger Hartmut Mehdorn wollte keine Feier in Schönefeld, er war für eine Abschiedsfeier mit den Toten Hosen in Tegel. Mühlenfeld muss erstmal einen konkreten Termin finden - jetzt sieht es so aus, dass der nicht mehr im Jahr 2017 liegen wird. "Es wird knapper und enger", seufzte Aufsichtsratschef Müller bereits Anfang Dezember. Und fügte hinzu: "Es kann auch 2018 sein."

    Berliner Flughafen (BER): Chronologie der Pannen

    Dezember 1991: Gründung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF). Gesellschafter sind die Länder Berlin und Brandenburg.

    Mai 1996: Berlin, Brandenburg und der Bund einigen sich darauf, dass der zukünftige Hauptstadtflughafen neben dem derzeitigen Flughafen Schönefeld südöstlich von Berlin gebaut wird.

    August 2004: Die Landesregierung in Potsdam erteilt den Planfeststellungsbeschluss für das größte ostdeutsche Infrastrukturvorhaben, den Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI).

    März 2006: Die Gegner des Großflughafens scheitern mit ihrem juristischen Kampf gegen das Projekt.

    September 2006: Der damalige Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sowie Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (alle SPD) setzen den symbolischen ersten Spatenstich. Der neue Flughafen soll zum Winterflugplan 2011 fertig werden.

    Juli 2008: Die Arbeiten am Terminal beginnen.

    Oktober 2008: Der Flughafen Berlin-Tempelhof wird geschlossen.

    Juni 2010: Der Eröffnungstermin des neuen Flughafens wird auf den 3. Juni 2012 verschoben.

    Mai 2012: Nur knapp einen Monat vor der geplanten Eröffnung teilt der Aufsichtsrat mit, dass die Eröffnung erneut verschoben wird, weil der Brandschutz nicht funktioniert und der Flughafen deshalb keine Genehmigung erhält.

    September 2012: Der Termin im Frühjahr 2013 wird ebenfalls gestrichen, weil die Arbeiten mehr Zeit brauchen. Der neue Technikchef Horst Amann hält eine Eröffnung des Flughafens Ende Oktober 2013 aber für machbar.

    Dezember 2012: Mehrere Gutachten werden bekannt, laut denen der Flughafen für die Zahl der erwarteten Passagiere zu klein geplant ist.

    Januar 2013: Nachdem der Technikchef den Eröffnungstermin im Oktober 2013 als nicht mehr haltbar bezeichnet hat, wird Geschäftsführer Rainer Schwarz entlassen.

    Januar 2013: Wowereit gibt das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden an Brandenburgs damaligen Ministerpräsidenten Platzeck ab.

    März 2013: Der Aufsichtsrat teilt überraschend mit, dass der ehemalige Bahn-Chef Mehdorn als neuer Geschäftsführer des BER die Bauarbeiten vorantreiben soll.

    Ende 2013 ist noch immer kein Eröffnungstermin in Sicht. Noch 2014 will Hartmut Mehdorn allerdings täglich einen Flieger vom Nordpier des Airports starten lassen, um die Systeme zu testen.

    Im April 2014 verkündet Hartmut Mehdorn, dass er weitere 1,1 Milliarden Euro bei den Gesellschaftern anfragen wird. Die Gesamtkosten steigen damit von 4,3 Milliarden Euro auf 5,4 Milliarden Euro.

    November 2014: Nun stehen weitere Mehrkosten in Höhe von 2,19 Milliarden Euro wegen weiterer Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen im Raum.

    Im Dezember 2014 kündigt Hartmut Mehdorn ein neues Eröffnungsdatum an: 2017 soll der BER in Betrieb gehen, heißt es nun.

    Im Januar 2017 wird offiziell verkündet, dass BER im Jahr 2017 nicht eröffnet wird.

    September 2017: Eine Mehrheit der Berliner stimmt in einem Volksentscheid für den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel, selbst wenn BER eröffnet ist. Denn: Der Flughafen wäre wegen den Verspätungen bereits zur Eröffnung zu klein.

    Dezember 2017: Flughafen-Chef Lütke Daldrup will ein Eröffnungsdatum nennen. Spekuliert wird über ein Datum zwischen 2020 und 2023. Zwar könnten die Bauarbeiten vermutlich noch 2018 abgeschlossen werden. Dann müsste der Flughafen aber noch unter Praxisbedingungen getestet werden - wobei wieder Fehler auftreten könnten.

    Januar 2018: Daldrup gibt bekannt, am 2. März genaue Angaben zu den Mehrkosten machen zu wollen. Die veranschlagten 6,5 Milliarden Euro galten nur für einen Start im Jahr 2018. Die Bauarbeiten dauern aber noch länger. Die CDU will nicht weiter in die Fertigstellung des Flughafens investieren.

    Im März 2018 erklärt die Flughafengesellschaft, den Ausbau künftig privat unterstützen zu lassen. Das Terminal 2 soll als Mietkauf- oder Leasingobjekt gebaut werden. Die Eröffnung des BER wird auf Herbst 2020 terminiert.

    Mai 2018: Wichtige Baufirmen wie Bosch und Siemens lassen sich für die Arbeiten an der Haustechnik auf feste Terminpläne ein. Zudem wird bekannt, dass die Flughafengesellschaft 83,6 Millionen Euro Verlust im Jahr 2017 verzeichnet. Und eine Projektsteuerungsfirma stellt fest, dass sie bei der Kabel-Sanierung elf Monate im Verzug sei.

    Im Juli 2018 erteilt das Bauordnungsamt des Landkreises Dahme-Spreewald die Genehmigung für den Bau von Terminal 2.

    Der selbstständige Berater und Flughafenplaner Patrick Muller übernimmt im August 2018 die Betriebsleitung der Flughäfen Tegel und Schönefeld. Zu seinen Aufgaben werden auch der Probebetrieb und die Eröffnung des BER gehören.

    November 2018: Der Bauingenieur Carsten Wilmsen wird neuer Bau- und Technikchef.

    März 2019: Der Tüv äußert Bedenken über den Zeitplan bis zur Intriebnahme. Es ist unklar, ob die Tests der Anlagen im Terminal im Frühjahr 2019 beginnen können.

    AZ/dpa

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