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Gamescom 2017: Wie Zocken zum Milliardengeschäft wurde

Gamescom 2017

Wie Zocken zum Milliardengeschäft wurde

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    Virtual Reality ist in diesem Jahr ein Schwerpunkt der Spielemesse Gamescom.
    Virtual Reality ist in diesem Jahr ein Schwerpunkt der Spielemesse Gamescom. Foto: Oliver Berg (dpa)

    Wenn die Videospielmesse Gamescom von Dienstag an bis Samstag ihre Türen öffnet, werden hunderttausende Computerspiel-Fans die Kölner Messehallen stürmen. Fast 350.000 waren es im vergangenen Jahr. Für sie ist die Gamescom das Mekka für Videospiele in Europa. Nur die Messe E3, die jedes Jahr im Frühsommer in Los Angeles stattfindet, ist wichtiger.

    Gamescom 2017: Angela Merkel wirbt für die Branche

    Der Wirtschaftszweig wirkt auf viele Menschen immer noch suspekt, obwohl seine ökonomische Bedeutung seit Jahren zunimmt. Allein im ersten Halbjahr 2017 wurde in Deutschland mit solchen virtuellen Spielen ein Umsatz von knapp über einer Milliarde Euro erzielt. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 971 Millionen Euro. Ebenfalls ein beachtlicher Wert. Es werden immer mehr Spiele verkauft.

    Für Martin Börner ist deshalb klar: „Gaming ist mitten in der Gesellschaft angekommen.“ Er ist Präsidiumsmitglied des Informations- und Telekommunikations-Branchendienstes Bitkom. Laut einer Umfrage des Verbandes spielen 43 Prozent der über 14-Jährigen regelmäßig Videospiele, oft mehrere Stunden am Tag. Es sind nicht nur die Jüngeren. Jeder Achte der Befragten über 65 Jahren gab an, aktiv Videospiele zu betreiben.

    Die Bedeutung des Wirtschaftszweigs hat auch Kanzlerin Angela Merkel erkannt. Es ist zwar unbekannt, ob die CDU-Chefin selbst Spaß an Computerspielen hat, sie warb aber vor der Gamescom auffällig engagiert für die aufstrebende Branche. Und die Politikerin meinte: „Wir können noch zulegen.“ Die Games-Branche sei „ganz wichtig“. Merkel verwies auf Förderprogramme und darauf, dass der Wirtschaftszweig zunehmend als Teil der Kreativwirtschaft in der Kulturpolitik gestärkt werde. Die Kanzlerin hält es „für den eigentlichen gesellschaftlichen Durchbruch“, dass Vorurteile überwunden und Spiele als Kulturgut und Bildungsträger aufgebaut würden. So will Merkel heute erstmals die Spielemesse Gamescom in Köln eröffnen.

    Spiele werden immer aufwendiger inszeniert

    Dass die Videospielbranche in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, zeigen nicht nur die Worte der Kanzlerin. Auch der Discounter Aldi beschäftigt sich mit dem Markt. Neben E-Books und Musik will der Billiganbieter auf seiner Online-Plattform aldilife.com ab Dienstag auch Videospiele verkaufen. Das Angebot umfasst Spiele von mehr als 100 Entwicklerstudios und Games-Anbietern für Playstation, Xbox, Mac und den PC.

    Doch wie wirken solche Spiele auf Menschen? Christian Roth ist Medienpsychologe und spielt selbst seit seiner Jugend. Er betreibt wissenschaftliche Spieleforschung an der Kunsthochschule im niederländischen Utrecht. „Man kann in Fantasiewelten eintauchen und dort seinen Charakter wiederfinden“, sagt Roth. Das funktioniert so: Viele Spiele haben eine Geschichte, die der Spieler erlebt. Diese führt sie in Parallel-Welten, in denen sie den großen Helden mimen können. Diesen „heldenhaften Moment“, den Spieler dann erleben, sieht Roth als weitere Motivation, sich regelmäßig in die virtuellen Welten zu stürzen.

    Die Palette der verschiedenen Spiele-Genres ist groß. Es gibt Sportspiele, Strategietitel oder Knobeleien wie Sudokus. Sie alle haben das gleiche Ziel: Erfolg. Gelingt der, schütte das Gehirn Glückshormone aus, sagt der Forscher Roth.

    Dieses Hochgefühl nutzt die Spieleindustrie für ihre Zwecke aus. Spiele, die auf der Gamescom gezeigt werden, sind noch heldenhafter und aufwendiger inszeniert als in den Jahren zuvor. Entwickler stecken immer größere Summen in ihre Arbeiten. Das angeblich teuerste Spiel der Welt soll der Actiontitel „Destiny“ sein. Entwicklungskosten: 500 Millionen Dollar. Die sollen schon kurz nach der Veröffentlichung wieder drin gewesen sein. Die Nachfrage nach neuen Spielen ist also groß. Nach dem Bundesverband interaktive Unterhaltungssoftware gibt es zwei große Trends auf der Gamescom: Zum einen Geräte wie Virtual-Reality-Brillen, die den Spieler direkt in das Game ziehen sollen. Richtig neu sind die Brillen zwar nicht, ihre Bekanntheit steigt aber kontinuierlich an. Zum anderen wird Online-Gaming, also das gemeinsame Spielen über das Internet, immer populärer. In der Spielerszene ist es derzeit das große Ding, denn hier lässt sich viel Geld verdienen.

    Zocken wird immer mehr zum Sport

    Über das Internet werden Turniere veranstaltet, an denen Profispieler teilnehmen. Die gibt es tatsächlich auch schon in der Szene. E-Sports heißt der Fachbegriff und der zieht auch Vereine an, die eigentlich auf klassischen Sportplätzen unterwegs sind. Der FC Bayern München, der VFL Wolfsburg oder Schalke 04 – sie alle haben eigene E-Sport-Teams. Es winken Preisgelder in Millionenhöhe.

    Einer der größten Veranstalter von E-Sports-Turnieren ist die Electronic Sports League (ESL) mit Sitz in Deutschland. Sie lässt wöchentlich Spieler in unterschiedlichen Games antreten und veranstaltet regelmäßige Großturniere wie die ESL One in Köln Anfang Juli. 15.000 Zuschauer kamen in die Lanxess Arena. Sie war ausverkauft. Die Spiele wurden auch ins Internet übertragen, die Zuschauerzahlen gingen in die Millionen.

    Dafür, was Menschen bewegt, anderen beim Zocken zuzuschauen, hat ESL-Sprecher Christopher Flato verschiedene Erklärungen: „Zunächst haben sie eine Begeisterung für das Spiel an sich“, sagte er unserer Redaktion. Es ginge ihnen aber auch darum, sich selbst mit den Profis zu vergleichen. Ein weiterer Aspekt sei das Zusammensein mit anderen und „der Gänsehaut-Moment, wenn etwas passiert“. Das kommt an bei Spielern. mit dpa

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