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Handel: Gratis-Taschentuch und Traubenzucker ade

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Gratis-Taschentuch und Traubenzucker ade

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    Wer in einer Apotheke verschreibungspflichtige Medikamente holt, darf keine Geschenke bekommen. Keine Taschentücher, keinen Gutschein für eine Bäcker-Semmel. Das ist nun höchstrichterlich entschieden worden.
    Wer in einer Apotheke verschreibungspflichtige Medikamente holt, darf keine Geschenke bekommen. Keine Taschentücher, keinen Gutschein für eine Bäcker-Semmel. Das ist nun höchstrichterlich entschieden worden. Foto: Bernd Wüstneck, dpa

    Das kennt man aus vielen Apotheken: Wer dort einkauft, bekommt zu seinen Medikamenten häufig ein kleines Geschenk. Doch das muss sich ändern. Apotheken-Kunden mit Rezept vom Arzt dürfen zum Medikament keine Kleinigkeiten im Cent-Bereich mehr dazubekommen. Auch Mini-Geschenke von geringem Wert sind unzulässig, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag entschied. Die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern würden dadurch spürbar beeinträchtigt, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch.

    Verschreibungspflichtige Arzneimittel müssen in Deutschland überall gleich viel kosten. Schnäppchen-Angebote sind also tabu. Apotheker, die ihren Kunden beim Rezepteinlösen kleine Präsente oder Gutscheine für den nächsten Einkauf in die Hand drücken, unterlaufen diese Preisbindung indirekt. Bisher hatte der Bundesgerichtshof Geschenke bis zu einem Euro trotzdem durchgehen lassen. Damit ist jetzt Schluss.

    Die Entscheidung betrifft nur Medikamente, die ein Arzt verschreiben muss. Für Kunden, die auf eigene Kosten einkaufen, ändert sich nichts. Zur Allergiker-Sonnencreme oder den Kopfschmerztabletten darf es also weiter eine kleine Aufmerksamkeit dazugeben. Denn Arzneimittel, für die es kein Rezept braucht, dürfen die Apotheken seit 2004 frei bepreisen. Hier ist Wettbewerb erwünscht.

    Die Preisbindung für rezeptpflichtige Arznei soll verhindern, dass sich die Apotheken einen ruinösen Preiskampf liefern und damit die flächendeckende Versorgung mit Medikamenten gefährden. Auf der anderen Seite soll kein Kranker Angst haben müssen, übervorteilt zu werden. Dass sich damit auch Kleinigkeiten verbieten, hatte der Gesetzgeber 2013 noch einmal explizit klargestellt. „Der Verbraucher soll in keinem Fall durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden“, hieß es damals. Von dem Verbot macht das Gesetz nur wenige Ausnahmen. So dürfen kostenlose Zeitschriften wie die Apotheken Umschau weiter ausgelegt werden.

    Die Regelung sei eindeutig, urteilte nun der Bundesgerichtshof, der sich zum ersten Mal mit der verschärften Vorschrift befasste. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die Preisbindung strikt einzuhalten. Das lässt auch für die Taschentücher keinen Spielraum mehr.

    Konkret beanstandeten die obersten deutschen Zivilrichter die Gutscheinaktionen von zwei Apotheken. In Darmstadt hatte es gratis zwei Semmeln beim nahen Bäcker gegeben – um genau zu sein: „2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“. Im Berliner Bezirk Spandau erhielten Kunden einer Apotheke einen Euro Nachlass beim nächsten Einkauf.

    Beide Fälle hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs vor Gericht gebracht. „Für uns ist wichtig, dass jetzt für alle klargestellt ist: Es geht so nicht“, sagte ihr Rechtsexperte Peter Breun-Goerke. Seinem Eindruck nach sei es auch nach 2013 immer wieder vorgekommen, dass Apotheken kleine Aufmerksamkeiten verteilen. „Der eine tut es verbotenerweise, der andere tut es nicht. Und dann gehen die Leute zu dem, der es verbotenerweise tut“, sagte er.

    Auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) begrüßte die Entscheidung. Diese gehe davon aus, dass sie einen positiven Widerhall in der Kollegenschaft finden werde, sagte Vizepräsident Mathias Arnold. „Uns ist es wichtig, dass man den einheitlichen Arzneimittel-Abgabepreis erhält.“ Das sei für alle Apotheken in Deutschland unerlässlich.

    Apotheken, die nun trotzdem an Kunden kleine Geschenke verteilen, müssen mit einer Unterlassungsklage rechnen. Verklagen können sie Konkurrenten, Verbraucherschützer oder eben die Wettbewerbszentrale. Anja Semmelroch, dpa

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