Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Grüne Flotte: Mit dem Streetscooter macht die Post der Autobranche Konkurrenz

Grüne Flotte

Mit dem Streetscooter macht die Post der Autobranche Konkurrenz

    • |
    Sie soll man künftig noch häufiger auf deutschen Straßen sehen: die Streetscooter der Deutschen Post.
    Sie soll man künftig noch häufiger auf deutschen Straßen sehen: die Streetscooter der Deutschen Post. Foto: Oliver Berg, dpa

    Die Deutsche Post könnte 2017 einen Meilenstein setzen. Das Unternehmen steuert in diesem Jahr auf Rekordgewinne und ein Umsatzhoch zu. Demnach betrug der Konzernumsatz im ersten Halbjahr 29,7 Milliarden Euro und somit 1,6 Milliarden mehr im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres.

    Als Grund für das Hoch nennt die Post den boomenden Internethandel. Dadurch steigt die Zahl der Pakete, die versandt werden. Gerade in Europa blüht diese Sparte, was der Post ein Plus von 60 Prozent im zweiten Quartal beschert hat. Daran hat auch die Übernahme des britischen Logistikunternehmens UK Mail Ende 2016 einen Anteil. Der Umsatzanstieg liegt im europaweiten Paketversand bei etwa zwei Milliarden Euro.

    Zahlen, mit denen Vorstandschef Frank Appel zufrieden ist: „Unser Unternehmen wächst in allen Bereichen und steigert seine Gewinne kontinuierlich.“ Trotzdem spiegelt sich auch der Zeitgeist in den Werten, denn der klassische Briefversand verliert langsam an Bedeutung. Hier sanken die Erlöse um 1,8 Prozent. Alarmieren dürfte das den Logistikriesen allerdings nicht, dafür sind die Schritte in Richtung Zukunft an anderer Stelle zu groß.

    Dass die Post nämlich damit anfangen könnte, etablierten Autobauern Konkurrenz zu machen – daran hätte vor einigen Jahren niemand gedacht. Doch danach sieht es derzeit aus, die Post hat die E-Mobilität für sich entdeckt.

    Seit 2012 baut sie den Streetscooter, einen kleinen, rein elektrischen Transporter, von denen die ersten seit Sommer 2013 auf der Straße unterwegs sind. Zunächst nur als Projekt der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen im Jahr 2010 entstanden, entwickelte sich das gleichnamige Unternehmen rapide. Der Post kam das recht, eine etablierte Automarke konnte sie für ihre Zwecke nämlich nicht gewinnen.

    Mittlerweile hat sich die Post die Fahrzeugbauer einverleibt und profitiert seitdem von deren Entwicklungen. Einerseits für die eigene Logistik, andererseits durch den Verkauf. Seit April gehen die Scooter auch an Dritte wie Handwerker oder Kommunen. Das Basismodell Work Pure gibt es ab 32.000 Euro, durch eine Prämie vom Staat drückt sich der Preis allerdings auf 28.000 Euro. Das sei ein „angemessener Preis“, sagte eine Konzernsprecherin unserer Redaktion. „Die Nachfrage ist wie erwartet hoch.“ Verkaufszahlen fehlen allerdings noch. Die aktuellen Diskussionen um Dieselfahrverbote und Wechselprämien dürften der Post zusätzlich in die Karten spielen.

    Rund 2500 Streetscooter sind derzeit in Berlin, Bonn, Bochum, Hamburg, Köln, München und Stuttgart für die Post unterwegs, sie alle werden der Post zufolge mit Ökostrom betrieben. Bis Ende des Jahres wollen die Logistiker die Flotte „mindestens verdoppeln“, genau wie die Produktion. Bislang stellte Streetscooter jährlich bis zu 10.000 Fahrzeuge her. Bis Ende 2017 sollen es 20.000 sein. Dafür wird ein neues Werk in Nordrhein-Westfalen entstehen.

    Die Post ist zum Autobauer geworden

    Wenn Ferdinand Dudenhöffer, Professor an der Universität Duisburg-Essen und Experte in der Automobilbranche, darauf zu sprechen kommt, klingt es, als könne er es selbst kaum glauben. „Das ist äußerst krass“, sagte er unserer Redaktion über die Post als Autobauer.

    Den deutschen Automobilgrößen stellt er dafür ein „Armutszeugnis“ aus. Sie hätten es verpasst, die Post zu unterstützen und ein Problem damit, „in die Zukunft zu gehen.“ Der Post traut er zu, in dem Segment kleiner E-Transporter Fuß zu fassen. „In diese Richtung ist das schon interessant“, findet er. Besonders im Stadtverkehr traut er dem Streetscooter einiges zu.

    Das ist auch für die Post das Hauptargument. Leise ist er und durch seinen Elektroantrieb besonders emissionsarm. Gerade durch die vielen Start- und Stoppvorgänge in der Stadt eignen sich die Vehikel für den Paketversand. Mit einer Batterieladung kommen sie 80 Kilometer weit und bringen bis zu 80 Kilometer pro Stunde auf den Tacho – in der Stadt mehr als genug, auf dem Land könnte es an der Reichweite aber hapern. Ein Manko ist zudem die Ladefläche des Streetscooters Work. Deshalb produziert die Post seit Juli zusammen mit Ford einen größeren Transporter auf Basis des Ford Transit. Bis Ende 2018 sollen 2500 solcher E-Transporter in deutschen Städten unterwegs sein. Insgesamt hat die Post 13.000 Fahrzeuge für die Paketzustellung im Einsatz. Mittelfristig sollen sie alle elektrisch fahren. Zudem hat sich die Post das ambitionierte Ziel gesetzt, bis ins Jahr 2050 Pakete und Briefe mit null Prozent Emissionen auszuliefern.

    Alleine steht die Post damit nicht da. Der amerikanische Konzern UPS kooperiert mit Mercedes und hat einen E-Transporter und ein E-Bike im Einsatz. Hermes arbeitet ebenfalls mit dem Autobauer aus Stuttgart zusammen und orderte im Frühjahr 1500 E-Transporter, die bis zum Jahr 2020 in Ballungszentren eingesetzt werden sollen. Ein großes Problem haben jedoch alle Logistiker: Der Paketversand in den Städten ist elektrisch schon zu bewältigen, doch für den Groß-Transport, der mit Lkw gestemmt wird, fehlt bislang noch die Technik, um komplett emissionsfrei zu liefern.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden