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Insolvenz: Mehrheit der ehemaligen Schlecker-Beschäftigten weiter arbeitslos

Insolvenz

Mehrheit der ehemaligen Schlecker-Beschäftigten weiter arbeitslos

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    Eine Schlecker-Mitarbeiterin reißt das Firmenlogo von der Eingangstür. Immer noch sind rund 60 Prozent der ehemaligen Schlecker-Beschäftigten arbeitslos.
    Eine Schlecker-Mitarbeiterin reißt das Firmenlogo von der Eingangstür. Immer noch sind rund 60 Prozent der ehemaligen Schlecker-Beschäftigten arbeitslos. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg sind von den ursprünglich 23.300 arbeitslos gemeldeten Ex-Beschäftigten der Drogeriemarktkette Schlecker 14.000 immer noch auf Jobsuche. Bis Ende September fanden demnach 7100 eine neue Arbeitsstelle - also 1200 mehr als noch Ende August. Weitere 2100 hätten sich aus Gründen wie Krankheit oder Rentenbezug abgemeldet. Viele der unvermittelten Schlecker-Mitarbeiter sind nach Informationen aus dem BA-Verwaltungsrat älter als 50 Jahre, hätten keine abgeschlossene Lehre oder seien alleinerziehend.

    Im Südwesten noch gut zwei Drittel ohne Stelle

    Im Südwesten Deutschlands hat erst knapp ein Drittel der früheren Schlecker-Mitarbeiter wieder einen neuen Job. Zum 26. September waren 1499 von 3498 Ex-Schlecker-Beschäftigten (etwa 43 Prozent) nicht mehr arbeitslos gemeldet, wie ein Sprecher der Regionaldirektion der Arbeitsagentur in Stuttgart am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa sagte. "Ein großer Teil ist wieder im Verkauf." Sie kamen vor allem im Lebensmittelhandel, bei Drogeriemarktketten, Bäckereien und Metzgereien unter. Von den 1499 meldeten sich 451 Beschäftigte etwa wegen Krankheit oder Rentenbezug ab.

    Schlecker - von der Pleite zum Ermittlungsverfahren

    Nach der Pleite der ehemals größten deutschen Drogeriemarktkette Schlecker wurden schwere Vorwürfe gegen den Firmengründer laut. Medien berichteten, womöglich sei viel Geld beiseitegeschafft und dem Zugriff der Gläubiger entzogen worden. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Anton Schlecker. Ein Überblick:

    23. Januar 2012: Anton Schlecker e.K., die Schlecker XL GmbH und die Schlecker Homeshopping GmbH melden Insolvenz an, später folgt die Schlecker-Tochter IhrPlatz Gmbh & Co. KG.

    1. Juni 2012: Die größten Gläubiger kommen in Berlin zusammen und stimmen für die Abwicklung des Unternehmens.

    4. Juni 2012: Die Schlecker-Insolvenzverwaltung will prüfen, wie viel Geld sie aus dem verbliebenen Vermögen der Familie Schlecker holen kann. Sollte Anton Schlecker nach dem Insolvenzrecht beanstandbares Vermögen an Angehörige übertragen haben, könne dies auf bis zu fünf Jahre zurück rückgebucht werden.

    5. Juni 2012: Bei einem Treffen in Ulm beschließt die Gläubigerversammlung das endgültige Aus von Schlecker. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz zufolge werden Forderungen in Höhe von 665 Millionen Euro angemeldet. Auch die Schlecker-Kinder Lars und Meike haben millionenschwere Forderungen: Meike Schlecker will 48,43 Millionen Euro und ihr Bruder 48,9 Millionen Euro, heißt es in der Forderungsliste.

    11. Juni 2012: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart will prüfen, ob die Unternehmenspleite mit möglichen Straftatbeständen in Verbindung steht.

    27. Juni 2012: Es wird bekannt, dass Anton Schlecker sein Privathaus im Wert von zwei Millionen Euro vor der Insolvenz an seine Frau übertragen hat. Ein weiteres Grundstück soll an seinen Sohn gegangen sein.

    8. Juli 2012: Frühere Berater werfen Anton Schlecker schwere Fehler vor. Der Unternehmer habe bei einem Restrukturierungsprogramm nicht über Finanzierungsfragen sprechen wollen. Außerdem habe er die Schließung unrentabler Filialen verhindert.

    18. Juli 2012: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart leitet ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Untreue, Insolvenzverschleppung und Bankrott gegen Anton Schlecker und 13 weitere Beschuldigte ein.

    Eine 48-Jährige ließe sich derzeit sogar zur Erzieherin umschulen. Andere wiederum machten eine Lehre etwa zur Altenpflegerin oder zur Industriemechanikerin. Bundesweit hatte die Pleite der Drogeriemarktkette Schlecker gut 25 000 Menschen den Job gekostet.

    Auch Edeka will einstellen

    Interesse an früheren Schlecker-Mitarbeitern zeigte indes auch Lebensmittelhändler Edeka Südwest. Der Chef der Offenburger Regionalgesellschaft, Harald Rissel, will diese einstellen, wie er der "Stuttgarter Zeitung" (Montag) sagte. In Zeiten, in denen fast Vollbeschäftigung herrsche, sei es für den Einzelhandel besonders schwer, neue Mitarbeiter zu finden.

    Wie viele frühere Schlecker-Beschäftigte Edeka bereits angestellt hat, konnte Rissel dem Blatt nicht sagen. Das liege auch daran, dass der Großteil der Filialen von selbstständigen Kaufleuten geführt werde und deren Daten nicht vorlägen, sagte ein Unternehmenssprecher der Nachrichtenagentur dpa.

    Bewerber von Schlecker sollen gleichberechtigt behandelt werden

    Drogeriekette: Das ist Schlecker

    Mit 21 Jahren, 1965, steigt der gelernte Metzgermeister Anton Schlecker in die väterliche Fleischwarenfabrik in Ehingen bei Ulm ein.

    Das Unternehmen erwirtschaftet damals mit 17 Metzgerei-Filialen nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 7,2 Millionen Euro.

    Im gleichen Jahr gründet der Junior-Chef das erste Selbstbedienungs-Warenhaus am Rande der schwäbischen Stadt.

    Damit legt er die Basis für eine europaweit aufgestellte Drogeriemarktkette, zu der seit 2007 auch die Kette "Ihr Platz" gehört.

    Schlecker war mit etwa 10.000 Filialen, einem Umsatz von 7,42 Milliarden Euro und über 50.000 Beschäftigten Europas führender Drogeriemarkt-Unternehmer.

    Auch die deutschen Drogerieketten führte er an, gefolgt von dm und Rossmann.

    Im Januar 2012 geht Schlecker in die Insolvenz.

    Mai 2012: Schlecker wird zerschlagen. Für die insolvente Drogeriemarktkette sieht der Gläubigerausschuss "keine Perspektive" mehr.

    Im November 2017 wird Anton Schlecker wegen Bankrotts zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Seine Kinder erhalten Gefängnisstrafen.

    Es werde permanent nach neuen Mitarbeitern und Auszubildenden gesucht, sagte der Sprecher. "Wir eröffnen jedes Jahr 30 bis 40 neue Märkte." Edeka Südwest nehme gerne Mitarbeiter mit Erfahrung im Handel. "Aber wir behandeln die Bewerber von Schlecker genauso wie die anderen auch", sagte der Sprecher. Und Rissel sagte dem Blatt: "Wir sind bereit, die Leute auszubilden, auch wenn sie über 50 sind."

    Edeka profitiert von der Schlecker-Pleite

    Edeka-Südwest gehört zu den Marktteilnehmern, die von der Pleite des einstigen Drogeriegiganten Schlecker stark profitieren. Bei den Drogerieartikeln verkauft die Regionalgesellschaft dadurch knapp zwölf Prozent mehr, wie Rissel der "Stuttgarter Zeitung" sagte. Insgesamt habe Edeka Südwest beim Umsatz in diesem Jahr bisher um 5,5 Prozent zugelegt, die Marktanteile sind Rissel zufolge neben Schlecker möglicherweise auch von der Rewe-Gruppe und Kaufland hinzugewonnen worden.  dpa/lsw

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