Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Käse-Streit: Italiener sind empört: Wird der Parmesan etwa französisch?

Käse-Streit

Italiener sind empört: Wird der Parmesan etwa französisch?

    • |
    Parmesan ist italienisches Kulturgut. Jetzt will sich ein französisches Unternehmen in die Käse-Branche einkaufen.
    Parmesan ist italienisches Kulturgut. Jetzt will sich ein französisches Unternehmen in die Käse-Branche einkaufen. Foto: Bas Czerwinski, dpa

    Wenn es um ihre Küche geht, dann werden die Italiener schnell empfindlich. Man kann das verstehen angesichts von weltweit begeistert verspeisten Produkten wie Pizza, Pasta, Mozzarella, italienischem Wein oder Olivenöl. Auch der Feinschmecker-Käse Parmesan aus der Region Emilia Romagna gehört zu den exquisiten Spezialitäten der italienischen Küche. Doch ausgerechnet der Parmesan ist nun in Gefahr – zumindest in der Vorstellung der Italiener. Ihm droht nämlich das Schlimmste, was italienischen Produkten in den Augen der Italiener passieren kann – er könnte französisch werden.

    Franzose will Parmesan-Exporteur-Konsortium kaufen

    Die Nachbarländer Italien und Frankreich legen jeweils ausgesprochen viel Wert auf die jeweiligen Traditionen, insbesondere kulinarischer Art. Dass sich nun der französische Lebensmittelkonzern Lactalis anschickt, das größte und mit 190 Millionen Euro verschuldete Parmesan-Exporteurs-Konsortium namens Nuova Castelli zu übernehmen, fühlt sich für die Italiener in etwa so an, als würde am Kolosseum in Rom die französische Trikolore gehisst. Oder vor Fußballspielen der Squadra Azzurra die Marseillaise intoniert. „Hände weg vom Parmigiano reggiano!“, schrieb deshalb die Zeitung La Repubblica in einer langen Abhandlung zum Thema und warnte seine Leser: „Frankreich greift den König der italienischen Küche an.“ Der König der italienischen Küche, das ist natürlich der Parmesan. Und beim Gedanken an das cremige Zerschmelzen der Käseflocken auf der Zunge kann man gegen diese Beschreibung nichts einwenden. Umso traumatischer fühlt sich für die Italiener deshalb die drohende Übernahme an, die bereits eine Vorgeschichte hat.

    Mozzarella ist bereits teilweise in französischer Hand

    Vor acht Jahren übernahm der Lebensmittel-Riese Lactalis den italienischen Molkereikonzern Parmalat und kaufte sich so unter anderem in das lukrative Mozzarella-Geschäft ein. Damals gab es allerdings kaum Aufbegehren. Der Parmalat-Konzern war vom Eigentümer Calisto Tanzi derart heruntergewirtschaftet worden, dass man sich in Italien über den Ausgang der Geschichte nicht wirklich beschweren konnte.

    Nun nehmen die Franzosen also den seit rund 800 Jahren in der Po-Ebene hergestellten Parmesan ins Visier. Den Markenschutz-Vorschriften entsprechend darf der Käse nur in den Provinzen Parma, Reggio Emilia, Modena, Bologna und teilweise Mantua produziert werden. Die Milchkühe dürfen nur mit heimischem, ungegärtem Futter genährt und dem Käse keine Konservierungs- oder Zusatzstoffe beigegeben werden. Der Parmigiano reggiano ist weltweit so beliebt, dass im Jahr 2018 weltweit 3,7 Millionen Käseformen verkauft wurden, so viele wie nie zuvor. Italiens Landwirtschaftsverband Coldiretti bangt angesichts der drohenden französischen Übernahme um die Originalität des Käses. Lactalis habe schon die Herstellung anderer übernommener Produkte aus deren Ursprungsregionen abgezogen, behauptet Verbandschef Ettore Prandini.

    In Zeiten international verhängter Strafzölle und zunehmendem Nationalismus bleibt auch die Lebensmittelindustrie von diesem Phänomen nicht verschont. Italienische Medien wittern in der drohenden Übernahme von Nuova Castelli durch Lactalis nicht nur ein „trojanisches Pferd“, um sich den gesamten italienischen Parmesan-Markt einzuverleiben. La Repubblica schrieb angesichts der Erfahrung mit Parmalat gar von einem „Déjà-vu“. Sprachlich gesehen herrschen Frankreich gegenüber ganz offenbar weniger Berührungsängste.

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden