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Kommentar: Brot braucht Kontrolle

Kommentar

Brot braucht Kontrolle

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    Frisches Brot, wie es sein soll: Leider ist eine hoher Hygienestandard in Großbäckereien nicht immer gewährleistet.
    Frisches Brot, wie es sein soll: Leider ist eine hoher Hygienestandard in Großbäckereien nicht immer gewährleistet. Foto: Katja Egner

    Brot hat für Deutsche eine besondere Bedeutung. Wir sind stolz auf die Vielfalt und kaufen im Schnitt pro Haushalt und Jahr über 60 Kilo Backwaren. In diese heile Brotwelt platzt eine Studie über ekelerregende Zustände in Großbäckereien. Die Kampagne der Verbraucherorganisation Foodwatch wirft zu Recht einige Fragen auf. Haben die Bäcker seit dem Müller-Brot-Skandal im Jahr 2012 nichts gelernt? Versagt die staatliche Kontrolle? Sicher jedenfalls ist: Die Transparenz für die Bürger ist noch immer gering, was sie kaufen und welchen Betrieb sie betreten.

    Ihre Ernährung wird vielen Bundesbürgern immer wichtiger. Gleichzeitig haben wir heute nur noch selten die Chance, über die Theke hinweg einen Blick in die Backstube werfen zu können. Viele Produkte werden industriell in großem Maßstab hergestellt. Damit Verbraucher Vertrauen in ihre Lebensmittel haben können, brauchen sie die Sicherheit, dass es in der Produktion hygienisch einwandfrei zugeht.

    Selbstkontrolle reicht nicht immer aus

    Der neue Fall zeigt aber, dass es die Betriebe alleine nicht immer schaffen, durch Selbstkontrolle hohe Qualitätsstandards einzuhalten. Eigentlich hätten die Bäcker seit dem Müller-Brot-Skandal gewarnt sein müssen. Sicher, kleinere Probleme können in keiner Firma ausgeschlossen werden. Bei gravierenden Verstößen wie Mäusekot hört die Toleranz der meisten Verbraucher aber auf. Vielleicht hängen die Verstöße auch nicht nur mit der Größe der Produktion und schnellem Wachstum der Bäckerei-Ketten zusammen. Denn in manchem Großbetrieb arbeiten eben nicht nur gelernte Bäcker, sondern auch schnell angelernte Hilfskräfte. Umso wichtiger wird die Aufsicht durch die Ämter.

    Die gute Nachricht dieses Skandals ist dabei, dass die Probleme in bayerischen Großbäckereien den Kontrolleuren auffielen. Die Aufsicht funktioniert also. Das heißt nicht, dass die Kontrollen nicht verbesserungswürdig wären. Das bewies der Skandal um bakterienverseuchte Wurst der Firma Sieber im Jahr 2016, bei dem acht Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Das vom Betrieb beauftragte Prüflabor hatte damals massive Überschreitungen der Grenzwerte festgestellt, als staatliche Prüfer noch alles für gut erklärten. Die privaten Ergebnisse wurden zudem nicht an die Ämter weitergegeben. Und im Bayern-Ei-Skandal 2014 zogen sich die amtlichen Kontrollen auf Salmonellen über Wochen hin. Es dürfte sich also auszahlen, dass Bayerns CSU-Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf die Kontrolle großer Betriebe 2018 einer neuen, zentralen Behörde überträgt. Doch Kontrollen sind nicht das einzige Problem. Dem Staat fällt es auch schwer, auffällige Betriebe auf den richtigen Weg zurückzubringen.

    Die vielen Missstände offenbaren ein Durchsetzungsproblem

    Verbesserungen von den Betrieben zu fordern, ist das eine. Die Ämter müssen die Auflagen aber auch durchsetzen. Wenn in großen Bäckereien über Jahre immer wieder Missstände auftauchen, zeigt dies ein Durchsetzungsproblem. Die Namen auffälliger Betriebe im Internet zu veröffentlichen, war einmal ein großes Druckmittel. Dass Gerichte einige Veröffentlichungen im Jahr 2013 stoppten und das Ministerium die Regel deshalb auf Eis legte, ist unbefriedigend. Denn die Politik ist seither untätig geblieben.

    Es darf nicht darum gehen, Bäcker, Metzger oder Gaststätten in den Ruin zu treiben. Wer für Transparenz sorgt, muss auch die Verhältnismäßigkeit wahren und fair bleiben – gegenüber Großbetrieben und kleinen Handwerksunternehmen. Wenn aber Firmen über lange Zeit gegen Auflagen verstoßen, muss der Verbraucher die Chance haben, schnell und transparent aufgeklärt zu werden. Mancher Betrieb soll für solche Lösungen übrigens recht offen sein.

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