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Analyse: Mark Zuckerberg ruft nach mehr Regulierung - meint er das ernst?

Analyse

Mark Zuckerberg ruft nach mehr Regulierung - meint er das ernst?

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    Mark Zuckerberg ist der Chef von Facebook. In den vergangenen Monaten hat sich der Unternehmer zum Schützer der Privatsphäre aufgeschwungen.
    Mark Zuckerberg ist der Chef von Facebook. In den vergangenen Monaten hat sich der Unternehmer zum Schützer der Privatsphäre aufgeschwungen. Foto: Alberto Estévez, dpa

    So manch einer hat sich in den vergangenen Monaten gewundert über diesen Mann, der von außen betrachtet zwar noch immer der gleiche ist, ein 34-jähriger Multimilliardär in T-Shirt und Jeans, und der sich doch so gänzlich anders anhört als je zuvor. Der nicht mehr den Niedergang der Privatsphäre beschwört, sondern plötzlich daran glaubt, „dass die Zukunft der Kommunikation sich zunehmend hin zu privaten, verschlüsselten Diensten verschieben wird“. Und der jetzt in einem Gastbeitrag, der zeitgleich in mehreren internationalen Zeitungen erschienen ist, dazu aufruft, das Internet viel stärker als bisher zu regulieren – „um das Gute daran zu bewahren“.

    Hat Zuckerberg also eine innere Wende vollzogen, ähnlich wie sie die Hauptpersonen in Bildungsromanen gern erleben? Hat er den egozentrischen Nachwuchs-Kapitalisten hinter sich gelassen, um erwachsen zu werden und sich den wirklich wichtigen Dingen zuzuwenden? Man könnte auch fragen: Ist das alles Zuckerbergs Ernst – oder doch nur sehr gute PR?

    Junge Nutzer laufen Facebook davon

    Denn Facebook kämpft schon seit längerem um seinen Ruf. Der Konzern hat sich noch immer nicht vom Datenskandal um das Unternehmen Cambridge Analytica erholt. Kritiker werfen dem Sozialen Netzwerk außerdem vor, Hassbotschaften und Wahlmanipulation den Boden zu bereiten. Dazu kommt: Gerade junge Nutzer laufen Facebook davon. Auf Instagram, Snapchat oder Tik Tok werden die meisten Beiträge nicht für die Ewigkeit gespeichert. Dort fühlen sich Jugendliche wohler als bei dem Zuckerberg-Konzern, der im Vergleich fast altbacken wirkt.

    Vieles spricht also dafür, dass der Sinneswandel des Facebook-Chefs nicht ganz freiwillig war. Den Inhalt seiner Botschaften schmälert das allerdings nicht. Denn der ist – zumindest auf dem Papier – durchaus aufsehenerregend. Sollte er es ernst meinen mit seinen „vier Ideen, um das Internet zu regulieren“, dann markiert sein Beitrag einen Wendepunkt in der 15 Jahre währenden Facebook-Geschichte.

    Da ist zum einen Zuckerbergs Ruf nach mehr offizieller Einflussnahme. „Wir brauchen eine aktivere Rolle von Regierungen und Regulierungen“, heißt es in seinem Gastbeitrag. Jeden Tag, schreibt der Facebook-Chef, würden seine Mitarbeiter abwägen, wo Meinungsfreiheit aufhört und Hassbotschaften beginnen. Aktuell entscheidet der Konzern weitestgehend allein, welche Beiträge gelöscht werden und welche nicht. „Wenn wir noch einmal von vorne anfangen würden“, schreibt Zuckerberg, „dann würden wir einem Unternehmen diese Entscheidung nicht allein aufbürden“. Der Facebook-Chef schlägt vor, dass künftig unabhängige Gremien festlegen sollen, was von der Meinungsfreiheit gedeckt ist und was nicht. Daneben will Zuckerberg den Rahmen für politische Werbung einheitlich regeln – um Einflussnahme zu verhindern.

    Ist Facebook plötzlich Fan der DSVGO?

    Vorbild für all das, schreibt er, sei eine Regelung nach dem Vorbild der europäischen Datenschutzgrundverordnung – ein Regelwerk, gegen das Facebook in der Vergangenheit aktiv Lobbyarbeit betrieben hat. Es überrascht also nicht, dass Zuckerberg Gegenwind von Netzpolitikern bekommt, die einem Facebook-Chef, der plötzlich selbst wie ein Datenschützer klingt, nicht über den Weg trauen. Und natürlich ist viel von dem, was Zuckerberg dort aufschreibt, dazu gedacht, Regierungen und Kritiker weltweit, die Facebook nur zu gern zerschlagen würden, zu beschwichtigen.

    Trotzdem ist es der falsche Ansatz, jeden Vorstoß zu zerpflücken, den Zuckerberg macht. Stattdessen sollte man einen Unternehmenslenker, der sich so offensiv als Kooperationspartner anbietet, in die Pflicht nehmen. Dann wird sich zeigen, wie ernst er es mit seinen vier Ideen für ein besseres Internet wirklich meint.

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