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Ingolstadt: Medienbericht: Audi will weltweit jede siebte Stelle streichen

Ingolstadt

Medienbericht: Audi will weltweit jede siebte Stelle streichen

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    Audi-Chef Bram Schot stellt das Produktionsnetz, Schichten, Zulagen, Modell- und Motorvarianten auf den Prüfstand und will das mittlere Management ausdünnen.
    Audi-Chef Bram Schot stellt das Produktionsnetz, Schichten, Zulagen, Modell- und Motorvarianten auf den Prüfstand und will das mittlere Management ausdünnen. Foto: Armin Weigel, dpa

    Mit einem harten Sparprogramm, Stellenabbau und Elektroautos will Audi-Chef Bram Schot sein Unternehmen nach einem sehr schwachen Jahr wieder auf Kurs bringen. Aber "2019 wird ein Übergangsjahr", sagte Schot am Donnerstag in Ingolstadt. Verkäufe und Umsatz sollen nur leicht steigen.

    Bram Schot will bei Audi Stellen abbauen - laut Bericht sollen 15 Prozent wegfallen

    Der Umbau "wird nicht bequem. Aber wir stellen die Gewinnzone klar vor die Komfortzone", sagte Finanzvorstand Alexander Seitz. Schot hatte bereits gesagt, 90.000 Audi-Mitarbeiter seien zu viel. Zahlen zum Personalabbau wollte er am Donnerstag noch nicht nennen. In den nächsten Wochen werde mit dem Betriebsrat verhandelt. Es gebe "hier und da ein wenig Fett".

    Einem Bericht des Handelsblatts unter Berufung auf Unternehmenskreise zufolge will Audi weltweit jede siebte Stelle streichen. Das wären 15 Prozent. Der Abbau soll nach den Worten von Personalvorstand Wendelin Göbel „entlang der demographischen Entwicklung“ erfolgen.

    Für die 61.000 Audi-Beschäftigten im Stammwerk Ingolstadt und im württembergischen Neckarsulm gilt noch bis 2025 ein Kündigungsschutz. Seitz sagte: "Wenn Kollegen in den Ruhestand gehen, stellen wir den Ersatzbedarf auf den Prüfstand."

    Im vergangenen Jahr hatte Audi wegen Problemen bei der Umstellung auf den neuen Abgasmessstandard WLTP nur noch 1,8 Millionen Autos verkauft. Der Umsatz sank auf 59,2 Milliarden Euro, der Betriebsgewinn brach um 24 Prozent ein auf 3,53 Milliarden Euro. Hier schlug vor allem wieder der Dieselskandal ins Kontor: Das von der Münchner Justiz wegen Manipulation der Abgaswerte verhängte Bußgeld und die technischen Nachrüstungen kosteten Audi 1,2 Milliarden Euro. "Wir können mit dieser Performance nicht zufrieden sein", stellte Schot klar.

    Audi hat nach wie vor Probleme bei der WLTP-Umstellung

    Um profitabler zu werden, will er Stellen streichen, das mittlere Management ausdünnen, Schichten, Zulagen, Modell- und Motorvarianten unter die Lupe nehmen, die Aufgaben zwischen den Werken neu verteilen und gemeinsame Plattformen mit VW und Porsche stärker nutzen. So wird der vollelektrische Q4 e-tron nächstes Jahr im VW-Elektro-Werk Zwickau vom Band laufen. "Wenn alle Standorte elektrifiziert werden, ist das nicht der effizienteste Weg", sagte Schot. Bis 2022 werde Audi insgesamt 15 Milliarden Euro sparen, um die hohen Investitionen in die Elektromobilität stemmen zu können.

    Die Werke Ingolstadt und Neckarsulm spüren die WLTP-Lücke und den andauernden Trend zu Stadtgeländewagen (SUV) auf Kosten von Limousinen. Nur der kleine Q2 wird in Ingolstadt gebaut, alle anderen SUV-Modelle kommen aus Mexiko, Bratislava und Brüssel. Die SUV-Modelle machen rund 40 Prozent der Audi-Verkäufe aus. Seitz sagte, Audi löse historisch gewachsene Doppelstrukturen auf, entwickle effizienter und entschlacke sein Portfolio. Audi habe schon jede dritte Motor-Getriebe-Variante gestrichen.

    Die VW-Eigentümerfamilie Porsche hatte vergangene Woche gefordert, Audi müsse wieder profitabler werden. Dass es schlecht läuft, spüren auch die Mitarbeiter bei ihrer Gewinnbeteiligung: Sie sinkt für einen Facharbeiter bei Audi in Deutschland um 1100 auf 3630 Euro.

    Im Gegensatz zu BMW und Mercedes kann Audi aktuell wegen der WLTP-Probleme keinen einzigen Hybrid liefern. Erst im April seien wieder alle Modellvarianten verfügbar, sagte Schot. Die WLTP-Probleme belasteten aber das erste Halbjahr. Audi habe hier den "Stresstest nicht bestanden". Weitere Belastungen im laufenden Jahr seien hohe Anlaufkosten für neue Modelle, die schwierigere Wirtschaftslage und hohe Investitionen für Elektroautos.

    Bram Schot: Kunden steigen schneller auf Elektroautos um als erwartet

    Von 2023 an will Audi zwölf, von 2025 an rund 30 Hybrid- und vollelektrische Autos anbieten. Der erste vollelektrische Audi, der große SUV e-tron aus dem Werk in Brüssel, kommt soeben in den Handel und werde extrem positiv aufgenommen, sagte Schot. Die Kunden stiegen schneller auf Elektroautos um als erwartet. Die große Welle komme jedoch erst in drei, vier Jahren, dann werde Audi "die Früchte ernten", sagte Seitz.

    Schadenersatzklagen von Audi-Diesel-Käufern sowie eine mögliche Kartellstrafe der EU wegen Absprachen mit anderen Herstellern könnten die VW-Tochter noch belasten. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt weiterhin nicht nur gegen Schots Vorgänger Rupert Stadler, sondern auch gegen einen amtierenden Audi-Vorstand.

    Schot hatte nach Stadlers Festnahme im vergangenen Juni die Führung von Audi übernommen und weitet dessen Spar- und Elektrifizierungspläne jetzt drastisch aus. Damit ist Audi auf einer Linie mit dem VW-Konzern, der bei seiner Kernmarke VW ebenfalls Stellen streicht und kräftig in E-Autos investiert - auch mit Blick auf China, wo Volkswagen und Audi mehr als ein Drittel ihrer Autos verkaufen. In China ist Audi Marktführer bei Oberklasse-Autos, dort will die VW-Tochter ihren Absatz von heute 660.000 bis 2022 auf eine Million Autos steigern.

    (dpa)

    Ein ausführliches Interview mit dem Audi-Chef lesen Sie hier: Audi-Chef: "Haben Zahl der Manager verdoppelt, ohne besser zu werden"

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