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Gastronomie: Pizza, Pasta, Pleite? Warum Vapiano in der Krise steckt

Gastronomie

Pizza, Pasta, Pleite? Warum Vapiano in der Krise steckt

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    Anstellen, bestellen und dem Koch beim Kochen zusehen: Das ist das Konzept der Gastro-Kette Vapiano.
    Anstellen, bestellen und dem Koch beim Kochen zusehen: Das ist das Konzept der Gastro-Kette Vapiano. Foto: Oliver Berg, dpa (Archiv)

    Cornelius Everke ist ein Manager, der sich mit harter Arbeit auskennt. Sein Handwerk hat der 54-Jährige in verschiedenen Luxushotels gelernt, in den Nullerjahren baute er den deutschen Ableger der Kaffeekette Starbucks auf. Heute gibt es in nahezu jeder größeren Stadt eine Filiale des US-amerikanischen Unternehmens – meist in bester Innenstadt-Lage.

    Everke schien also der richtige Mann zu sein, als Ende vergangenen Jahres ein neuer Chef für den kriselnden Restaurant-Konzern Vapiano gesucht wurde. Das Kölner Unternehmen, das eine Art edles Fast-Food-Restaurant ist, hatte da gerade einen gewaltigen Absturz hingelegt. Der Manager trat mit dementsprechend großen Plänen an. Deren Ausgang ist nun jedoch ungewiss. Everke verlässt das Unternehmen überraschend zum Monatsende, aus persönlichen Gründen, wie der Konzern kurz vor der Hauptversammlung am Mittwoch mitteilte.

    Vapiano galt immer als Branchenliebling

    Für Vapiano fällt die Personalie mitten in eine Zeit des Umbruchs. Seit dem Börsengang im Jahr 2017 hatte das Unternehmen massiv aufgestockt: Allein im vergangenen Jahr wurden 30 neue Restaurants eröffnet – zu viele, wie Everke zuletzt noch in einem Interview einräumte. Das schlug sich auch in den Zahlen nieder: 2018 schrieb die Pizza-Kette einen Verlust von 100 Millionen Euro. Der Umsatz brach ein, der Schuldenberg wuchs.

    Dabei schien lange ausgeschlossen, dass Vapiano in Schieflage geraten könnte. Der Gastro-Konzern galt seit seinem Start im Jahr 2002 als Branchenliebling. "Vapiano hatte damals eines der innovativsten Konzepte auf dem Markt", erinnert sich Michael Lidl, Partner der Münchner Beratungsfirma Treugast. Das Unternehmen wurde schnell zum Kundenmagneten. Fast Casual nennt sich das Konzept, auf dem der Erfolg von Vapiano basiert: Das Essen schmeckt wie beim klassischen Italiener, es wird aber so schnell und unkompliziert serviert wie in einem Fast-Food-Restaurant. Nach und nach entwickelte sich ein regelrechter Hype, Vapiano wurde zum Treffpunkt für alle mit Anspruch und wenig Zeit.

    Hans im Glück, l‘Osteria & Co.: neue Konkurrenten für Vapiano

    Was dann schief lief? "Vapiano hat zu viel Fokus auf Wachstum gelegt", urteilt der Gastronomieexperte. Dabei habe das Unternehmen den Kunden in den bestehenden Läden aus den Augen verloren. Lidl zählt auf: Die Karte sei immer komplizierter geworden, die Gerichte immer teurer, die Wartezeiten länger. Das kommt bei den Kunden nicht gut an, denn sie seien in der Gastronomie besonders anspruchsvoll, ergänzt Lidl. "Wer einmal ein Haar in der Suppe findet, kommt so schnell nicht wieder."

    Der Kunde kann sich diesen Anspruch leisten. Denn anders als in den Anfangszeiten von Vapiano gibt es heute unzählige Restaurantketten, die gleichzeitig gehobenes Essen und schnellen Service anbieten. Während Systemgastronomie sich vor 15 bis 20 Jahren meist nur auf McDonald’s, Burger King oder Pizza Hut beschränkte, kämpfen seit einigen Jahren immer neue Wettbewerber um den Kunden und sein Geld: die Burgerbräter Hans im Glück und Peter Pane etwa, die Pizza-Restaurants der L’Osteria oder die Wrap-Kette Dean & David.

    Gastro-Ketten verdrängen den Einzelhandel

    Diese Entwicklung lässt sich auch in den Innenstädten beobachten, in den Einkaufsstraßen und den Shopping-Centern. Wo früher Modeläden oder andere Einzelhändler ihren Stammsitz hatten, ziehen heute immer öfter junge, hippe Restaurants ein. Statt Büchern werden dann Burger oder Bowls verkauft, statt Spielwaren können die Kunden Sushi mit nach Hause nehmen. "Gastronomie ist der neue Einzelhandel", sagt Branchen-Experte Lidl. Während besonders Textilhändler seit einiger Zeit tief in der Krise stecken, boomt die Gastronomie-Branche gewaltig.

    Der Boom kann der Branche aber auch zum Verhängnis werden. Denn genauso schnell wie die Ladeninhaber wechseln auch die Trends. "Gastronomie ist ein schnelllebiges Geschäft", sagt Experte Lidl. Bubble-Tea-Läden etwa verschwanden vielerorts nach kurzer Zeit wieder. Die Auskunftei Creditreform hat ausgerechnet, dass ein Unternehmen im Gastgewerbe im Schnitt nur zwölfeinhalb Jahre alt wird. Selbst Einzelhändler halten durchschnittlich 20 Jahre durch.

    Hans im Glück eröffnete 50 neue Restaurants

    Viele Gastro-Konzerne versuchen, dieser Schnelllebigkeit mit einem enormen Wachstum entgegenzutreten. Die Burger-Kette Hans im Glück etwa eröffnete allein in den vergangenen drei Jahren 50 neue Läden, sogar in Singapur gibt es drei Filialen. Konkurrent Peter Pane kommt mittlerweile auf 31 Burger-Restaurants in ganz Deutschland. Jedes Jahr sollen fünf bis zehn neue Ableger hinzukommen.

    Vapiano will sein Wachstum in diesem Jahr erst einmal bremsen. Nur zehn bis 15 Neueröffnungen stehen für das laufende Jahr im Plan. Noch-Chef Everke kündigte vor kurzem an, jetzt wolle man sich wieder mehr auf den Kunden konzentrieren – und die Menükarte verschlanken. "Wir müssen zurück zu den Wurzeln, also zur klassischen, ehrlichen italienischen Küche."

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