Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Porträt: Poupart-Lafarge ist Frankreichs Mann für eine bahnbrechende Mission

Porträt

Poupart-Lafarge ist Frankreichs Mann für eine bahnbrechende Mission

    • |
    Alstom-Vorstand Henri Poupart-Lafarge (links) hat die Aufgabe, die Zugsparten von Alstom und Siemens zusammenzuführen.
    Alstom-Vorstand Henri Poupart-Lafarge (links) hat die Aufgabe, die Zugsparten von Alstom und Siemens zusammenzuführen. Foto: Jörg Carstensen, dpa/lbn (Archivbild)

    Porträts seiner Person schätzt er nicht. Dabei dürfte Henri Poupart-Lafarge Öffentlichkeit gewohnt sein. Der Name des Alstom-Chefs ist in Frankreich bekannt. Vater Olivier war ein Topmanager der französischen Unternehmensgruppe Bouygues. Der große Bruder Arnaud ist Chef des Kabelherstellers Nexan, ebenfalls ein Milliardenkonzern. Von fünf Geschwistern landeten vier im Management. Als „Inkubator für Vorstandsvorsitzende“ und „Figuren des Trikolore-Kapitalismus“ bezeichnet die Zeitung Le Monde die Familie.

    Die größte Aufgabe hat derzeit wohl der 49-jährige Henri zu bewältigen. Als Chef des französischen Zugherstellers Alstom soll er sein Unternehmen mit der Zugsparte des Erzrivalen Siemens zusammenführen. Bisher standen die Bahnhersteller bei Verkehrszügen und Signaltechnik in hartem Wettbewerb. Noch härter aber scheint den Firmen der Wettbewerb mit der Konkurrenz aus China. Gemeinsam wollen sie daher den größten europäischen Verkehrstechnik-Champion formen – mit Poupart-Lafarge als Vorstandsvorsitzenden.

    Poupart-Lafarge soll TGV und ICE gemeinsam auf die Schiene bringen

    Dabei muss er nicht nur große Zahlen-Spiele beherrschen, sondern auch kulturelles, politisches und diplomatisches Fingerspitzengefühl. Schließlich soll er zwei nationale Prestigeobjekte zusammenführen: Den französischen TGV und den deutschen ICE. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Fusion zu einem industriepolitischen Großprojekt erklärt. Und die Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs. Es werde personelle Dopplungen geben, räumte der Manager ein, er wolle niemandem etwas vorlügen.

    Doch bevor es so weit kommt, muss er Überzeugungsarbeit leisten. Bei den EU-Kartellbehörden und den Alstom-Aktionären, die bei der Hauptversammlung am Dienstag gegen die Allianz stimmen könnten. Berater haben gewarnt, Siemens könnte sonst die Kontrolle über die Branche in Europa übernehmen.

    Er arbeitete schon bei der Weltbank und dem französischen Staat

    Keine leichten Aufgaben für Poupart-Lafarge. Doch darauf wurde er früh vorbereitet. Er studierte an Frankreichs Elite-Hochschulen, wie der École polytechnique, sowie am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und arbeitete bei der Weltbank in Washington und im Pariser Wirtschaftsministerium. 1998 kam er zu Alstom, wo er 2011 die Transportsparte und 2016 den Konzern übernahm.

    Noch scheint er entspannt und zuversichtlich. Pressekonferenzen und Interviews gibt er mit deutlicher, klarer Stimme und wachsamem Blick. Er nickt viel, formt mit den Händen Kreise, Linien, legt sie ineinander und hebt den Zeigefinger. Wenn er spricht, sieht es ein bisschen so aus, als erkläre ein Lehrer Schülern lächelnd die Welt. Sein „französisches R“ legt er dabei auch im Englischen nicht ab. Alles, was man von Henri Poupart-Lafarge weiß, handelt von Zahlen, Technik und Strategien. Ein Geschäftsmann durch und durch. Privates? Fehlanzeige. Zumindest medial. Das neue europäische Bahn-Baby fordert seine ganze Aufmerksamkeit. Als Firmenvater steht ihm eine Mammutaufgabe bevor.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden