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Erbschaft: Ratgeber: Was tun, wenn man nichts als Schulden erbt?

Erbschaft

Ratgeber: Was tun, wenn man nichts als Schulden erbt?

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    Wer nur Erinnerungen und Schulden erbt, muss schnell handeln. Wir erklären, was zu tun ist.
    Wer nur Erinnerungen und Schulden erbt, muss schnell handeln. Wir erklären, was zu tun ist. Foto: Gerhard Leber, Imago Stock&people

    Ob Aktien, Bargeld, Schmuck oder Häuser: Die Nachkriegsgeneration hat viel Vermögen angehäuft. Jahr für Jahr reichen die Deutschen 130 Milliarden Euro an die Nachkommen weiter. Aber nicht alle können sich über Geerbtes freuen. Nicht jeder Nachlass macht reicher. Jeder elfte Erbe geht leer aus – oder hat plötzlich Schulden am Hals. D

    enn: Erben haften auch für das Minus, das ihnen zufällt. Doch es gibt Wege, einen überschuldeten Nachlass abzuschütteln und nicht mit dem eigenen Vermögen dafür gerade stehen zu müssen, wie Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht in München, betont. 

    Erben können Erbschaft ausschlagen

    Ein Beispiel: Die 57-jährige Michaela Mayer ist Alleinerbin ihrer Mutter, die gestorben ist. Sie hat ihr einen Aktienfonds, etwas Erspartes und ein paar Antiquitäten hinterlassen. Zugleich waren das Auto und die neue Waschmaschine aber noch nicht abbezahlt, einige Versandhausrechnungen sowie die Steuernachzahlung offen und das Girokonto mit 5000 Euro in den Miesen.

    Erbschaft und Steuern auf einen Blick

    Mal 20 000 Euro, mal 500 000 Euro: Hinterbliebene können unterschiedlich hohe Beträge erben, ohne Steuern bezahlen zu müssen. Wer die Schwelle überschreitet, für den gelten je nach persönlicher Situation Steuersätze zwischen 7 und 50 Prozent, sagt der Augsburger Fachanwalt für Erbrecht Michael Ott-Eulberg.

    Ehepartner: Der Steuerfreibetrag liegt in Deutschland bei 500 000 Euro, wenn ein Ehepartner vom anderen erbt. Zusätzlich gibt es einen Versorgungsfreibetrag von 256 000 Euro.

    Kinder von Eltern: 400 000 Euro sind steuerfrei möglich.

    Enkel von Großeltern: Wenn die Eltern noch leben, bekommen Enkel bis zu 200 000 Euro steuerfrei. Lebt ein Elternteil (Sohn oder Tochter der Großeltern) nicht mehr, sind es bis zu 400 000 Euro.

    Nicht-eheliche Lebenspartner: Innerhalb einer Partnerschaft dürfen 20 000 Euro steuerfrei vererbt werden, wenn die Partner nicht miteinander verheiratet sind.

    Geschwister: Der Steuerfreibetrag von Geschwistern beträgt 20 000 Euro.

    Unternehmen: Das Steuerrecht ist hier kompliziert. Im Grunde ist ein Unternehmen bisher steuerfrei vererbbar, wenn es fortgeführt wird (7 bis 10 Jahre) und die Zahl der Arbeitnehmer in etwa gleich bleibt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Regel zuletzt infrage gestellt. Nach dem Willen des Finanzministers sollen Erben künftig ab einem Betriebsvermögen von 20 Millionen Euro nicht mehr pauschal von der Steuer verschont bleiben. An den Plänen gibt es harte Kritik.

    Immobilien: Eine Immobilie ist für Ehepartner und Kinder bis zu 250 Quadratmetern steuerfrei vererbbar, wenn sie einen gemeinsamen Wohnungsmittelpunkt darstellt.

    Was tun? Reicht ein Nachlass nicht aus, um die Schulden zu bezahlen, sollten Betroffene keine Zeit verlieren und die Erbschaft ausschlagen, rät Michael Henn, Vizepräsident der Deutschen Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht.

    Ganz oder gar nicht lautet das Prinzip

    Jeder 14. Deutsche hat nach einer Analyse der Postbank schon einmal eine Erbschaft ausgeschlagen, in der Regel wegen geerbter Schulden. Wer sich wie Frau Mayer zum Verzicht entschließt, dem muss aber klar sein, dass er alles aus der Hand gibt. Erben funktioniert nach dem Prinzip: ganz oder gar nicht. Den Sparstrumpf, die Aktien und die alten Möbel herauspicken, die Schulden aber ablehnen, das geht nicht. Will Frau Mayer die Vermögenswerte und persönliche Erinnerungsstücke ihrer Mutter haben, muss sie auch für deren Minus gerade stehen.

    Ein Erbe schlüpft vermögensrechtlich in die Rolle des Erblassers hinein. Und das kann teuer werden. Zu den unvermeidlichen Verbindlichkeiten aus einem Nachlass zählen die Kosten für die Bestattung, die Testamentseröffnung oder die Nachlassverwaltung, aber auch die Erbschaftssteuer. Dazu kommen eventuell Schulden, die der Erblasser am Todestag hat – Miet- und Kaufverträge, überzogene Konten oder Unterhaltsrückstände.

    Sechs Wochen Zeit, um das Erbe auszuschlagen

    Steht der Entschluss, ein Erbe auszuschlagen, ist Eile angesagt. Es bleibt dafür nur eine Frist von gerade mal sechs Wochen. Sie läuft, sobald ein Erbe vom Tod der Mutter, des Onkels oder der Tante erfährt. Gibt es ein Testament oder einen Erbvertrag, tickt die Uhr ab dem Zeitpunkt, an dem die Verfügung eröffnet wird. Innerhalb der knappen Frist muss der Erbe entweder zum Notar gehen, der die Ausschlagung beglaubigt. Oder direkt zum Nachlassgericht, das in der Regel am Amtsgericht sitzt. Ein einfacher Brief an das Gericht genügt nicht, wie Fachanwalt Steiner betont. Wird die Frist versäumt, gilt das Erbe automatisch als angenommen.

    Deutlich mehr Zeit bleibt nur, wenn ein Erbe im Ausland ist oder der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz außerhalb deutscher Grenzen hatte. Dann verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Wer schon damit angefangen hat, die Wohnung eines Verstorbenen aufzulösen, zu entrümpeln, Möbel und Schmuck zu veräußern, kann die Erbschaft meist nicht mehr ausschlagen, warnt Fachanwalt Henn. Sein Verhalten drücke klar aus: Ich habe das Erbe angetreten.

    Außerdem wichtig: Verzichtet ein Erbe, dann fällt die Erbschaft an den Nächsten in der gesetzlichen Erbfolge. Im Fall von Frau Mayer wäre das ihr Sohn. Will auch er die Schulden nicht haben, muss er ebenfalls das Erbe amtlich ausschlagen. „Manchmal kann es notwendig sein, dass eine ganze Familie den Weg zum Nachlassgericht antritt“, sagt Martin Langenbahn, Jurist der Caritas in Karlsruhe. Haben letztlich alle aus der Familie, auch Onkel, Tanten oder Cousins, aufs Erbe verzichtet, fällt es an den Staat. Der versucht, das Hab und Gut zu Geld zu machen und damit die Schulden zu tilgen.

    Erben haften nicht zwingend mit dem eigenen Vermögen

    Kompliziert kann es werden, wenn Frau Mayer es verpasst, die Schulden auszuschlagen. Aber selbst dann gebe es Auswege, um das eigene Vermögen zu schützen, betont Steiner. So könnte sie die Annahme der Erbschaft beim Nachlassgericht oder beim Notar wegen Irrtums über die Überschuldung anfechten. „Man muss den Irrtum allerdings belegen können“, sagt Henn.

    Ist eine Anfechtung nicht möglich, ist immer noch nicht alles verloren. Niemand müsse jahrelang den geerbten Kredit abstottern und sich den letzten Cent vom Mund absparen, betont Schuldnerberater Langenbahn: Allerdings ist dafür in der Regel anwaltliche Beratung notwendig. Und das kann kosten. Frau Mayer könnte beispielsweise eine Nachlassinsolvenz für die geerbten Schulden beantragen. Dafür zuständig ist das Insolvenzgericht. Sie wird die Erbschaft zwar formal nicht mehr los, haftet aber wenigstens nicht mit ihrem Vermögen.

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