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Steuervermeidung: Schwere Schlappe für EU-Wettbewerbshüter: Keine Strafe für Amazon

Steuervermeidung

Schwere Schlappe für EU-Wettbewerbshüter: Keine Strafe für Amazon

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    Amazon muss in der EU keine Steuern zurückzahlen.
    Amazon muss in der EU keine Steuern zurückzahlen. Foto: Soeren Stache, dpa (Symbol)

    Noch bis zum frühen Mittwochmorgen wähnten sich Beobachter und EU-Kommission sicher, dass sie an diesem Tag einen entscheidenden Schritt gegen Steuerdumping innerhalb der Gemeinschaft vorwärtskommen würden. Doch dann machte das höchste EU-Gericht, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, diese Hoffnungen zunichte. Der weltgrößte Online-Händler Amazon hat von den Finanzbehörden des Großherzogtums Luxemburg keine Vergünstigungen der Steuern erhalten, urteilten die Richter. Die von der Brüsseler Kommission errechneten 250 Millionen Euro (plus Zinsen), die Amazon nach ihren Berechnungen hätte zurückzahlen sollen, sind vom Tisch. „Unser bestehendes Recht reicht nicht aus, um Steuergerechtigkeit durchzusetzen“, bilanzierte der Grünen-Europa-Abgeordnete Sven Giegold in einer Erklärung.

    EuGH-Urteil ist ein schwerer Schlag für die EU-Wettbewerbshüter

    Der Fall reicht bis in das Gründungsjahr von Amazon Europa 2003 zurück. Damals errichtete die US-Zentrale in der EU eine besondere Holdingkonstruktion: Eine Tochterfirma wurde für die sogenannten immateriellen Vermögenswerte zuständig – also das geistige Eigentum, die Technologie des Handelsunternehmens und die Kundendaten. Dafür musste sie Gebühren an die europäische Mutter zahlen. Beide Amazon-„Kinder“ siedelte man in Luxemburg an. Die Kosten für die Lizenzen wurden allerdings nach Auffassung der EU-Kommission zu hoch berechnet, sodass Amazon für drei Viertel seiner Gewinne in Europa keine steuerlichen Abgaben zahlen musste. Dies sei, so hatte Brüssel vor Gericht argumentiert, ein „Vorteil“, den andere Unternehmen nicht in Anspruch nehmen konnten.

    Doch die Richter waren anderer Meinung. Erstens habe die Kommission keinen Vorteil belegen können, weil man zweitens die Gebühren falsch berechnet habe. Damit war die Klage vom Tisch. Für die Wettbewerbshüter der EU ist das schon der zweite schwere Rückschlag, nachdem auch in einem anderen Verfahren gegen Apple eine Rückforderung über 13 Milliarden Euro von den Richtern gestoppt wurde. Tatsächlich waren in beiden Fällen die Steuerberechnungen legal, auch wenn sie den Wettbewerb verzerren, wie die EU-Kommission meinte. Doch sie hat kein Instrumentarium, um gegen in einem Mitgliedsland geltende Niedrigsteuersätze vorzugehen. Also versuchte man 2017, unmittelbar nach Bekanntwerden von über 500 solcher Absprachen zwischen den Finanzbehörden Luxemburgs und den Konzernen im Rahmen der LuxLeaks-Affäre, einen Trick. Brüssel ordnete die gewährten Vorteile als Beihilfen ein, die die Finanzbehörden in der EU-Zentrale hätten anmelden und genehmigen lassen müssen. Der EuGH wies den Weg gestern zurück, wenn auch nicht ganz. Immerhin wurde der französische Energiekonzern Engie am Mittwoch zur Rückzahlung von 120 Millionen Euro verdonnert – ein Fall, der aber etwas anders gelagert ist. Engie hatte 2008 und 2010 Steuervorbescheide erhalten, die es dem Unternehmen erlaubten, seine Steuerschuld etwa zehn Jahre lang künstlich zu senken.

    EU-Abgeordneter Giegold fordert faire Steuerregeln in Europa

    „Wir brauchen endlich faire Steuerregeln in Europa“, forderte Giegold. Noch mehr setzen die Verfechter eines fairen Wettbewerbs aber auf eine Initiative von US-Präsident Joe Biden. Der hatte vor Kurzem eine globale Mindeststeuer für Unternehmen von 21 Prozent gefordert, was weltweit zu geschätzt 400 Milliarden Euro Mehreinnahmen für die Regierungen führen würde. Dafür wären aber noch Zwischenschritte notwendig. Zum einen müssten sich die Regierungen darauf verständigen, dass Gewinne dort zur Steuer veranlagt werden, wo sie anfallen – eine grenzüberschreitende Überweisung wäre dann nicht mehr möglich. Außerdem bräuchte man eine verlässliche Berichtspflicht der Konzerne, aus der ehrlich und transparent die Einnahmen hervorgehen. Das ist - zumindest bisher - sogar innerhalb der Europäischen Union heftig umstritten.

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