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Türkei: Türkische Währung Lira befindet sich im freien Fall

Türkei

Türkische Währung Lira befindet sich im freien Fall

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    Der Verfall der türkischen Lira verschärft die Krise im Land.
    Der Verfall der türkischen Lira verschärft die Krise im Land. Foto: Can Merey, dpa

    Die Türkei ist in eine schwere Währungskrise geschlittert, die Einkommen schrumpfen lässt und die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan unter Druck setzt. Schon am Freitag war die Landeswährung Lira auf ein neues Rekordtief gegenüber Euro und Dollar abgesackt – am Montag setzt sich die seit Monaten anhaltende Talfahrt noch weiter fort. Ursache ist nicht nur die Corona-Pandemie, durch die der Türkei wichtige Einnahmen aus dem Tourismus verloren gehen.

    Die Politik der Regierung, die trotz hoher Inflation die Zinsen nicht erhöhen will, sowie die außenpolitischen Spannungen im Mittelmeer schwächen die Lira ebenfalls. Die Opposition fordert den Rücktritt von Finanzminister Berat Albayrak, einem Schwiegersohn von Erdogan. Der Präsident spielte die Folgen der Krise jedoch herunter.

    Ein Euro kostete zeitweise 8,72 Lira

    Ein Euro kostete am Montag zeitweise 8,72 Lira, für einen Dollar mussten vorübergehend 7,41 Lira gezahlt werden. Damit hat die Währung seit Jahresbeginn gegenüber dem Euro mehr als 25 Prozent und gegenüber dem Dollar fast 20 Prozent an Wert verloren. Erst vor zwei Jahren hatte ein Streit mit den USA schon einmal eine Währungskrise ausgelöst. Auch im Frühjahr ging die Lira in den Sinkflug, doch diesmal ist der Absturz noch tiefer. Die türkische Wirtschaft erlebe ein Tschernobyl, kommentierte die Zeitung Karar. Die Krise trifft Normalverbraucher schwer. Zu Jahresbeginn war der monatliche Mindestlohn, der für Millionen gilt, noch 350 Euro wert – jetzt sind es 267 Euro. „Die Wirtschaftskrise ist schlimmer als die Pandemie“, sagte ein Istanbuler Kleinunternehmer.

    Vor Ausbruch der Pandemie hatte sich die Türkei gerade von einer Rezession erholt. Nun erwartet der Währungsfonds IWF, dass die türkische Wirtschaft in 2020 um fünf Prozent schrumpfen wird. Der Fremdenverkehr, der 2019 noch 30 Milliarden Euro in die Staatskasse spülte, fällt als Devisenbringer aus. Auch die Exporte gingen um fast 14 Prozent zurück. Das Handelsbilanzdefizit wächst.

    Zentralbank und staatseigene Banken versuchten, den Kursverfall aufzuhalten

    Die Zentralbank und staatseigene Banken versuchten, den Kursverfall der Lira mit einem milliardenschweren Stützungsprogramm aufzuhalten – vergeblich. Seit Jahresbeginn sind die Reserven der Währungshüter um 30 Milliarden Dollar auf 51 Milliarden gesunken, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Schon in den kommenden Monaten könnte der Bank das Geld ausgehen, warnen Analysten. „Die plündern die Kasse“, sagte der Oppositionspolitiker Erdogan Toprak in der Zeitung Sözcü über die Regierung.

    Politischer Druck auf die Zentralbank verschlimmert die Lage. Trotz einer Inflationsrate von fast zwölf Prozent hat die Zentralbank auf Weisung von Erdogan die Leitzinsen seit 2019 von 24 auf 8,5 Prozent gesenkt. Normalerweise würde die Zentralbank jetzt die Zinsen erhöhen, doch Erdogan ist ein erklärter Gegner: Im vorigen Jahr feuerte er den Zentralbankchef, weil der sich gegen Senkungen stemmte. Auch ein Hilfsprogramm vom IWF lehnt Erdogan ab.

    Erdogan sieht keinen Grund für einen Kurswechsel

    Nach Berechnungen des regierungskritischen Wirtschaftsexperten Mustafa Sönmez haben ausländische Anleger innerhalb eines Jahres rund 13 Milliarden Dollar aus der Türkei abgezogen. Zum schwindenden Vertrauen vieler Investoren kommen außenpolitische Turbulenzen – wie der Streit um Erdgas im Mittelmeer. Dennoch sieht Erdogan keinen Grund für einen Kurswechsel. Einen „Zickzack-Kurs“ der Wirtschaft gebe es wegen der Pandemie überall auf der Welt Die Turbulenzen würden sich bald legen. Einen schlüssigen Plan zur Rettung der Lira hat die Regierung bisher nicht vorgelegt.

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