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Kommentar: Discountern laufen Kunden weg, weil sie nicht mit der Zeit gehen

Kommentar

Discountern laufen Kunden weg, weil sie nicht mit der Zeit gehen

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    Aldi und Lidl prägen die deutsche Discounterlandschaft.
    Aldi und Lidl prägen die deutsche Discounterlandschaft. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Von Karl Albrecht, einem der beiden Aldi-Gründer, ist ein bemerkenswerter Satz überliefert: „Unsere ganze Werbung liegt im billigen Preis.“ Mehr, so die Botschaft des legendären Unternehmers, brauche er nicht, um seine Waren zu verkaufen. Jahrzehntelang wurde bei Aldi nach diesem ebenso schonungslosen wie effizienten Prinzip gewirtschaftet: Die Läden waren schmucklos, die Lebensmittel günstig. Auf Markenartikel verzichtete der Konzern, ebenso auf teure Werbung. Discount nannte Albrecht seine revolutionäre Erfindung und prägte nebenbei einen ganzen Wirtschaftszweig.

    Lange gab Aldi damit den Takt in der Branche vor. Noch heute gilt: Senkt der Discounter einen Preis, folgen die anderen Händler. Mittlerweile ist das Unternehmen jedoch – wie Rivale Lidl auch – eher Getriebener als treibende Kraft. Denn die Gleichung, die Karl Albrecht einst prägte, geht nicht mehr auf: Spartanische Optik und niedrige Preise sind heute keine Garantie für ein gutes Geschäft.

    Discounter haben Milliarden in die Modernisierung gesteckt

    Der Kunde ist nicht mehr der gleiche wie in den Anfangsjahren der Discounter, als Wiederaufbau und Wirtschaftswunder im Vordergrund standen. Statt dem niedrigsten Preis suchen immer mehr Menschen nach Qualität. Sie wollen überrascht werden, öfter mal neue Produkte im Regal entdecken. Zuletzt steckten die Discounter deshalb Milliarden in die Modernisierung. Das Ziel: eine Wohlfühl-Atmosphäre nach dem Vorbild von Edeka und Rewe. In Aldi-Geschäften gibt es heute Kaffee-Automaten und Kundentoiletten, Bio-Produkte füllen ein ganzes Regal. Lidl nahm öffentlichkeitswirksam Produkte mit dem Siegel des Öko-Verbands Bioland ins Sortiment.

    Aber auch im neuen Gewand läuft es nach einem ersten Hoch durchwachsen. Die Umsätze in Deutschland stagnieren, die Kunden werden weniger. Aldi Nord verbuchte zuletzt gar den ersten Verlust in der Firmengeschichte. Gleichzeitig haben die klassischen Supermärkte einen Höhenflug. Sitzt das Problem also tiefer? Wird der Discounter, diese vielleicht deutscheste aller deutschen Erfindungen, zum Auslaufmodell?

    Ja und nein. Noch immer kommen alle Discounter zusammen auf einen Marktanteil von rund 40 Prozent. Aktuell mögen die Konzerne schwächeln, eine feste Größe sind sie allemal. Zur Wahrheit gehört aber auch: Mit der Ur-Idee des Discounts haben die Läden heute nicht mehr viel gemein. Die Grenzen zu Edeka, Rewe und anderen Händlern verschwimmen.

    Fast alle Händler vernachlässigen den Online-Handel

    Für die Discounter ist das eine Gratwanderung: Zurück zur spartanischen Paletten-Optik können sie nicht mehr. Preschen sie zu weit vor, verlieren sie jedoch Kunden, die weiterhin möglichst wenig Geld für ihren Einkauf ausgeben können. Schon jetzt haben die Händler eine offene Flanke: Extreme Billig-Anbieter wie der russische Supermarkt Mere ziehen jene Kunden an, für die eine Schnäppchenjagd noch immer wichtiger ist als die Wohlfühl-Atmosphäre.

    Um ihren Wettbewerbsvorteil zu bewahren, müssen die Konzerne wieder zu Pionieren werden – zum Beispiel im Internet. Nahezu alle deutschen Lebensmittelhändler vernachlässigen den Online-Handel, weil sich damit bisher kaum Geld verdienen lässt. Das heißt aber auch: Es gibt ein Feld, das mit neuen Ideen besetzt werden kann.

    Aktuell sieht es allerdings nicht so aus, als würden die Discounter auf absehbare Zeit den Internet-Takt vorgeben. Zuletzt beendete Klaus Gehrig, Chef des Lidl-Mutterkonzerns, ein Online-Experiment schon vor dem eigentlichen Start. Priorität scheint das Thema bei ihm nicht zu haben. Der Top-Manager besitzt zwar ein Handy; einen Computer – verriet er kürzlich auf einer Tagung – benutzt er nicht.

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