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Arbeitsmarkt: Wo im Jobparadies Schwaben die Probleme liegen

Arbeitsmarkt

Wo im Jobparadies Schwaben die Probleme liegen

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    In Schwaben sind derzeit 17000 Stellen unbesetzt.
    In Schwaben sind derzeit 17000 Stellen unbesetzt. Foto: Sebastian Kahnert, dpa

    In Schwaben ist die Arbeitslosenquote so niedrig wie sonst nirgendwo in Bayern: 34592 Menschen waren im Februar in der Region ohne Arbeit. Die Arbeitslosenquote lag damit bei nur 3,3 Prozent. Dennoch sind die Arbeitsagenturen nicht arbeitslos. Sie versuchen, ein anderes Problem zu bekämpfen – den Fachkräftemangel. Denn im Regierungsbezirk sind derzeit knapp 17000 Stellen unbesetzt. Besonders betroffen sind die Branchen Industrie, Pflege und Logistik. Dabei suchen Firmen fast ausschließlich Fachkräfte und Höherqualifizierte. So sind von den rund 6500 offenen Stellen im Allgäu nur knapp 1100 an Hilfsarbeiter ausgeschrieben, fast 4200 Jobangebote richten sich an Fachkräfte. Die übrigen 1200 Stellen sollen mit Akademikern besetzt werden.

    Auch in anderen Teilen Schwabens herrscht enormer Fachkräftebedarf. Wie die Arbeitsagentur meldet, ist etwa im Landkreis Dillingen die Zahl der unbesetzten Stellen seit einem Jahr um ein Drittel gestiegen. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote mit 2,6 Prozent extrem niedrig – einen so geringen Wert hat sie im Monat Februar seit 20 Jahren nicht mehr erreicht.

    Um auf den frühlingsbedingten Konjunkturaufschwung zu reagieren, schreiben Arbeitgeber in der Bau-, Hotel- und Gastronomiebranche derzeit besonders viele Stellen aus. Deshalb sind nun viele Arbeitsplätze offen, von denen in der Regel der Großteil bis zum Frühjahr besetzt wird. In anderen Branchen ist der Fachkräftemangel nicht auf saisonale Schwankungen zurückzuführen, Arbeitgeber suchen in manchen Berufsfeldern permanent nach qualifizierten Mitarbeitern.

    Diese zu finden, ist aber in vielen Branchen nicht so leicht. So schrecken etwa im sozialen Bereich die Arbeitsbedingungen viele Bewerber ab. Für diese sind Einkommen und Arbeitszeiten in der Kinderbetreuung oder Altenpflege unattraktiv. Auch Mobilität und zeitliche Flexibilität fordern die Arbeitgeber in dieser Branche, bieten aber vergleichsweise wenig Geld.

    Die Suche nach Fachkräften ist schwierig

    Unternehmen der Metallindustrie können ihren Mitarbeitern dagegen bessere Konditionen bieten. Schwierigkeiten bei der Suche nach Fachkräften bereitet ihnen aber die Tatsache, dass sie höhere Anforderungen stellen. So verlangen diese Arbeitgeber ein profundes Fachwissen, über das Bewerber oft nicht verfügen.

    Darauf reagieren Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter jetzt mit einem Förderungsprogramm, das geringqualifizierten und älteren Mitarbeitern eine Weiterbildung mitten im Berufsleben ermöglichen soll. Einer der Geschäftsführer der Augsburger Arbeitsagentur, Roland Fürst, erläutert: „Wenn jemand weit über zwanzig ist, wird er nicht seine Stelle aufgeben, um eine Ausbildung anzufangen.“

    Die Initiative muss dabei von den Arbeitgebern ausgehen. Sie können Hilfsarbeiter im Programm zu Fachkräften weiterbilden lassen. Das neue Konzept unterstützt die Arbeitgeber auch finanziell – sie bekommen die Ausfalltage bezahlt, in denen sich ihr Arbeitnehmer weiterbilden lässt. Gleichzeitig kann der Mitarbeiter seine Stelle in der Firma behalten und muss nicht mit einem Lehrlingsgehalt auskommen.

    Im Rahmen dieses Förderungsprogramms hat die Arbeitsagentur Kempten-Memmingen im vergangenen Jahr Betriebe im Allgäu mit drei Millionen Euro bei der Weiterbildung unterstützt. So bildete die Agentur im Allgäu 90 Pflegehelfer zu Altenpflegern weiter. Im laufenden Jahr plant die Behörde für die Qualifizierung von Hilfskräften zu Fachkräften 3,2 Millionen Euro ein. Sprecher Reinhold Huber erläutert: „Wer eine Helfertätigkeit ausübt, hat höhere Risiken, arbeitslos zu werden. Wir wollen die Menschen aus diesem Risiko holen und Fachkräfte aus ihnen machen.“ Auf diese Weise profitierten Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen.

    Inwiefern der Fachkräftemangel mithilfe der Beschäftigung von Geflüchteten gelöst werden kann, muss sich nach Meinung von Experten erst zeigen. „Die Arbeitgeber sind noch in Abwartehaltung. Sie können nicht sicher sein, ob diese Menschen dauerhaft in Deutschland bleiben werden“, sagt Huber. Zudem sehen die Arbeitsagenturen noch eine große Barriere – die Sprache. Denn solange die sprachlichen Grundlagen nicht gegeben sind, fällt es den Geflüchteten schwer, in Deutschland Fachwissen zu erwerben. Bislang finden anerkannte Asylbewerber meist Anstellungen als Hilfskräfte.

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