Mit 16.551,34 Punkten übertraf der deutsche Leitindex seinen etwa vier Monate alten Rekord um gut 22 Punkte. Letztlich ging er 0,78 Prozent höher bei 16.533,11 Punkten aus dem Handel. "Das Allzeithoch wirkte in den vergangenen Tagen wie ein Magnet und wurde heute schließlich übersprungen", kommentierte Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Der Dax weigere sich, nachzugeben und damit in eine Korrektur überzugehen.
Die Jahresendrally geht damit weiter. Allein im November gewann der Dax 9,5 Prozent an Wert. Ausgehend vom Zwischentief im Oktober, das mit 14.630 Zählern nahe dem Jahrestief aus dem März lag, hat er mittlerweile rund 13 Prozent zugelegt. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen stieg am Dienstag um 0,46 Prozent auf 26.491,45 Zähler.
Die Entwicklung an der Börse steht damit in Kontrast zur Wirtschaftsflaute vor allem in Deutschland. An der Börse werden aber vor allem die erwarteten Gewinne gehandelt. Man nimmt also auf dem Aktienmarkt eine Erholung der Unternehmensgewinne vorweg. Zudem ist die Bundesrepublik für viele Konzerne nur ein Markt unter vielen.
Hinzu kommt, dass Aktien im Vergleich zu festverzinsten Wertpapieren wie Anleihen an Attraktivität gewinnen, wenn die Zinsen an den Kapitalmärkten sinken. Investoren setzen dann in ihren Portfolios stärker auf renditestarke Aktien als auf weniger ertragreiche Anleihen.
Wichtigstes Kaufargument war in den vergangenen Wochen die Hoffnung von Aktieninvestoren, dass die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed mit ihren Zinserhöhungen durch sind und im kommenden Jahr mit Senkungen beginnen. Da eine zu hohe Inflation schädlich für die Wirtschaft ist, mussten die Notenbank mit Leitzinserhöhungen gegensteuern.
Niedrigere Zinsen können sich positiv auf die Wirtschaft auswirken, da Investitionen für Unternehmen dann billiger werden. Zudem werden auch Darlehen für Verbraucher billiger, was die Nachfrage zum Beispiel nach Immobilien ankurbeln kann.
Märkte hoffen auf Frühling
Inzwischen preisen die Märkte Zinssenkungen im Frühjahr ein. Erst kurz vor dem Wochenende hatte eine Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell den Zinserwartungen der Anleger weitere Nahrung gegeben. Er hatte zwar die Bereitschaft wiederholt, den Zins notfalls doch noch weiter anzuheben, aber auch gesagt, dass die Geldpolitik schon recht restriktiv sei.
"Im Moment passt für Aktien einfach alles zusammen, und der Fed-Chef klang am Freitag nicht streng genug, um der aktuellen Euphorie wirklich einen Riegel vorschieben zu können", erklärte Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets.
Wichtig werden vor diesem Hintergrund US-Arbeitsmarktdaten am Freitag. Denn für die Geldpolitik der Fed spielt die Entwicklung des Arbeitsmarktes als Indikator für die Stärke der Wirtschaft eine große Rolle, aber auch für den Inflationsdruck.
Kapitalmarktexperte Sebastian Dörr sagte über die Jahresendrally: "Guten Börsenjahren setzt sie das Sahnehäubchen auf, schlechten verschafft sie immerhin noch ein gutes Ende." 2023 ist wohl ersteres der Fall: Bislang hat der Dax in diesem Jahr fast 19 Prozent zugelegt und damit etwas mehr als der europäische Index EuroStoxx. Im globalen Vergleich stellt er zwar den US-Leitindex Dow Jones klar in den Schatten, nicht aber die Techbörse Nasdaq.
Brenntag und Vonovia gefragt
Bei den deutschen Einzelwerten gab es unter anderem vom Chemikalienhändler Brenntag Nachrichten. Das Unternehmen will die Entflechtung seiner beiden Geschäftsbereiche vorantreiben und setzte sich neue Finanzziele. Die bis Ende November stark gelaufenen Anteile gaben erst deutlich nach, schlossen aber 0,6 Prozent im Plus.
Im europaweit gefragten Immobiliensektor gewannen Vonovia-Papiere 1,3 Prozent. Der Konzern will weitere Objekte verkaufen und legt den Fokus dabei auch auf Gewerbeobjekte. Die Branche hatte besonders unter dem Zinserhöhungszyklus der Notenbanken gelitten.
Die Anteilsscheine von Lanxess setzten sich mit einem Plus von 5 Prozent an die MDax-Spitze. Nach einer Investorenveranstaltung ließen Sorgen nach, dass der Spezialchemiekonzern eine Kapitalerhöhung brauchen könnte.
(dpa)