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Klimaschutz: Treibhausgase kosten mehr: Emissionshandel wird ausgeweitet

Klimaschutz

Treibhausgase kosten mehr: Emissionshandel wird ausgeweitet

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    Was oben rauskommt, soll künftig deutlich sauberer werden
    Was oben rauskommt, soll künftig deutlich sauberer werden Foto: Armin Weigel, dpa

    „DEAL“, twitterte der Europaparlamentarier Peter Liese (CDU) um kurz nach zwei Uhr am Sonntagmorgen. „Gerade haben wir uns auf das größte jemals in der EU ausgehandelte Klimagesetz geeinigt“, schrieb der Politiker, der für das Abgeordnetenhaus die Verhandlungen mit den Unterhändlern der 27 Mitgliedstaaten führte. Es geht um das wichtigste Instrument der europäischen Klimaschutzpolitik: den EU-Emissionshandel. Nun wird er reformiert.

    Liese sprach vom „Schlüssel zum Erreichen unserer Klimaziele“. Die Erleichterung war deutlich spürbar nach den mehr als 30-stündigen Verhandlungen. „Der Neustart im Klimaschutz ist vorerst geglückt“, sagte der EU-Abgeordnete und klimapolitische Sprecher der Grünen, Michael Bloss. „Die kostenlose Verschmutzungsparty hat ein Ende, wir schicken die Industrie auf den Modernisierungskurs.“ Was bedeutet die Reform für Unternehmen sowie Verbraucher? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

    Um was geht es beim Emissionshandel?

    Mit dem sogenannten ETS („Emission Trading System“) wird der Handel mit Verschmutzungszertifikaten beschrieben. Die 27 EU-Mitgliedstaaten bitten unter anderem Unternehmen zur Kasse, die das klimaschädliche Treibhausgas ausstoßen. Für jede Tonne CO2 muss im Prinzip ein Zertifikat erworben werden. Teils erhalten die Firmen diese bislang kostenlos, teils müssen sie welche dazukaufen, um so die zu hohen Emissionen finanziell auszugleichen. Wenn Betriebe die Zertifikate nicht nutzen, weil sie klimafreundlich produzieren, können sie sie weiterverkaufen. Das Ziel: „Wir wollen eine Architektur, in der es sich überhaupt nicht lohnt, CO2 auszustoßen, sondern in der es lukrativ ist, CO2 einzusparen“, sagte Michael Bloss. 

    Was bedeutet die jetzt vereinbarte Verschärfung des Emissionshandels ganz konkret?

    Künftig wird der Ausstoß von Kohlendioxid auch in solchen Branchen teurer, die bislang von frei zugeteilten Zertifikaten profitierten. So soll die Zahl der Verschmutzungsrechte schneller verringert werden als bislang vorgesehen. Die EU beschloss, die kostenlosen Emissionszertifikate bis 2030 fast zu halbieren und bis 2034 schrittweise ganz zu streichen. Damit wird auch der Preis pro Tonne CO2 kontinuierlich steigen und mit ihm der finanzielle Anreiz, auf klimafreundlichere Technologien umzusteigen. „Die schlimmsten Verschmutzer zahlen drauf und diejenigen, die dekarbonisieren, werden unterstützt“, so Bloss. 

    Müssen sich auch die Bürger auf höhere Nebenkosten einstellen?

    Ja, Verbraucher sollen künftig beim Tanken oder Heizen ebenfalls einen CO2-Preis zahlen. In Deutschland ist das bereits seit 2021 der Fall. Durch die Reform schaffe man deshalb „gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa“, sagte Liese. Die Vereinbarung für Privatleute soll aber erst ab 2027 gelten und werde „den Bürgern und der Industrie in schwierigen Zeiten eine Atempause verschaffen und der europäischen Industrie ein klares Signal geben, dass es sich lohnt, in grüne Technologien zu investieren“, sagte CDU-Politiker Liese. Man hat sich außerdem auf eine Notbremse verständigt: Sollten die Menschen unter hohen Energiepreisen leiden, tritt der Emissionshandel für die Bereiche Verkehr und Gebäude, der sogenannte ETS 2, erst 2028 in Kraft. 

    Wie will die EU im Gegenzug die Bürger entlasten?

    Weil die Preise durch den Emissionshandel steigen, sollen ab 2026 einkommensschwächere Verbraucher und kleine Unternehmen mit Mitteln aus einem Klima-Sozialfonds beim Übergang unterstützt werden. Die Partner einigten sich darauf, den Fonds mit 86,7 Milliarden Euro auszustatten. Als „enttäuschend“ bezeichnete der Grüne Bloss, „dass Mitgliedstaaten den Umfang des neuen Klima-Sozialfonds erheblich gekürzt haben“. Auch Deutschland hatte einen höheren Sozialausgleich abgelehnt. Mit dem Fonds will die EU zum einen Investitionen finanzieren, etwa in energieeffizientere Gebäude oder in öffentliche Verkehrsmittel, zum anderen Haushalten, die von Energiearmut betroffen sind, helfen, auf sparsamere Heizungen umzusteigen oder umweltfreundlichere Autos zu kaufen. 

    Warum ist der ausgehandelte Kompromiss so bedeutend?

    Der Emissionshandel ist das Herzstück des Fit-for-55-Pakets, das die Europäische Kommission im Sommer 2021 zum Kampf gegen den Klimawandel vorgestellt hatte. Damit will die Gemeinschaft ihren Treibhausgasausstoß bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 senken.

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