KI, also Künstliche Intelligenz, kann heute bereits vieles. Beispielsweise Reisen buchen. Da gibt es bald eine diskret-effiziente Lösung: den persönlichen KI-Agenten. Bitte einmal sagen, wo der Städtetrip am kommenden Wochenende hingehen soll und das mit künstlicher Intelligenz optimierte Helferlein übernimmt den Rest. Bucht die Flüge, hinterlegt die Tickets, reserviert die Hotels, schlägt vielleicht ein Restaurant des Vertrauens vor — und erledigt den ganzen Abrechnungskram. Klingt gut?
Oder ist das doch ein wenig zu viel des Guten? Dass da, nennen wir es etwas, mit den eigenen Kreditkarten-Daten unterwegs ist. Oder weil es viel über die eigenen Verbrauchergewohnheiten weiß, das nächste Reiseziel subtil mitbestimmt. Und sich das ein oder andere Unternehmen freut.
Die Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel ist Co-Gründerin und Geschäftsführerin von ada Learning, einem Weiterbildungsprogramm für Zukunftskompetenzen. Meckel hat sich intensiv mit KI beschäftigt. Sie erklärt die neuen Möglichkeiten so: „Ein KI-Agent ist wie ein digitaler Assistent, der Aufgaben erledigt, indem er eigenständig plant und handelt, um das ihm gesetzte Ziel zu erreichen. So kann ein KI-Agent beispielsweise jeden Morgen automatisch die neusten Nachrichten und Studien zu einem Thema zusammenstellen, inklusive Recherche, Bewertung und Zusammenfassung.“ Agentensysteme, erklärt Meckel weiter, „können ganze zusammenhängende Aufgabenstränge erledigen, sie lernen aus Kontext und Nutzergewohnheiten dazu und arbeiten ohne Anleitung an komplexeren Aufgaben.“
Der nächste Entwicklungsschritt von ChatGPT
Chatbots zum Beispiel kennen viele Menschen bereits. Programme, die automatisiert Fragen beantworten und kommentieren können, der bekannteste ist derzeit vielleicht ChatGPT von OpenAI. KI-Agenten können noch mehr. Lea Steinacker, die gemeinsam mit Meckel ada Learning gegründet und über soziale Auswirkungen von KI promoviert hat, erklärt den Fortschritt so: „Es gibt verschiedene Typen von KI-Agenten, die in ihrer Komplexität variieren. Mit ChatGPT Tasks lassen sich bereits simple Aufgaben planen, die zum gewünschten Zeitpunkt im Hintergrund ausgeführt werden, beispielsweise ein personalisierter morgendlicher Newsletter zu bestimmten Themen.“ Oder, ganz simpel: Die Erinnerung an die wöchentliche Einheit im Fitness-Studio. Oder, schon komplexer: Jeden Tag eine kleine Einheit Französisch-Unterricht.
Schon jetzt ist es möglich, dass der KI-Agent den eigenen Bildschirm steuert, samt Mausbewegungen und Tastaturnutzung. In bis zu fünf Jahren, so schätzt Steinacker, könnte so etwas für viele Nutzerinnen und Nutzer der Alltag sein. Aber: „Es wird womöglich ein wenig Überzeugung kosten, bis Menschen bereit sind, ihre Kreditkartennummern an einen Agenten abzugeben, der eigenständig Aufgaben erledigen kann.“
Tatsächlich sind solche Agenten ja ambivalente „Gestalten“, die bei manchem ein gewisses Unbehagen auslösen dürften. Die Angst vor dem Kontrollverlust schwingt immer mit. Wo also lauern noch Risiken? Steinacker sagt: „Eine Gefahr liegt in der möglichen Manipulation von Nutzerentscheidungen durch subtile Beeinflussung, etwa bei Kaufentscheidungen oder politischen Ansichten. Dann beispielsweise, wenn Agenten Werbung integriert haben und Unternehmen dafür zahlen können, dass ein Agent bei einer Reisebuchung eher diese oder jene Hotelkette berücksichtigt.“ Außerdem benötigten KI-Agenten eben teilweise Zugriff auf sensible Daten, „was sie für Identitätsdiebstahl attraktiv macht“. Und: „Die zunehmende Autonomie der Agenten erschwert die Nachvollziehbarkeit ihrer Entscheidungen, weshalb strikte Datenschutzregeln und Transparenzvorgaben essenziell sind.“
Was haben die Firmen von den KI-Agenten?
Für Unternehmen, so erklärt es Meckel, sind KI-Agenten allerdings vor allem eine Chance: „Sie können Prozesse automatisieren, Kundenanfragen schneller bearbeiten und sogar neue Geschäftsideen entwickeln.“ Während einfache Anwendungen von Unternehmen oft kostenlos angeboten werden, ist ChatGPT Tasks indes nur für zahlende Kunden nutzbar. Womöglich ist das ein lukratives Geschäftsmodell. „Industrielle Agenten, die auch auf spezifische Anwendungen trainiert sind, werden ordentlich Geld kosten“, prognostiziert Steinacker.
Laut Digitalverband Bitkom sehen 78 Prozent der deutschen Firmen KI als Chance. Aktuell nutzt sie bereits jedes fünfte Unternehmen, ein weiteres Drittel plant oder diskutiert zumindest deren Einsatz. Speziell sogenannte „generative KI“ ist deutlich seltener im Einsatz: Nur jedes zehnte Unternehmen nutzt solche Anwendungen, zum Beispiel für die Erstellung von Texten, Software-Codes oder Bildern. Weitere 18 Prozent planen allerdings bereits den Einsatz.
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