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Landwirtschaft: Leid auf der letzten Reise: EU will mehr Tierschutz auf Transporten

Landwirtschaft

Leid auf der letzten Reise: EU will mehr Tierschutz auf Transporten

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    Die EU will Tiere auf Transporten besser schützen.
    Die EU will Tiere auf Transporten besser schützen. Foto: Hendrik Schmidt, dpa

    Skandale um Tiertransporte erschüttern regelmäßig die Öffentlichkeit. Etwa wenn grausame Bilder auftauchen von zusammengepferchten Kühen, Schafen oder Schweinen, die manchmal tagelang auf Lkw-Ladeflächen unterwegs sind, in teils brütender Hitze ohne ausreichend Trinkwasser, nicht selten sogar mit Verletzungen. Häufig sind die Reisen qualvoll für die Nutztiere. Mehr als 3,8 Millionen sind es, die jeden Tag zur Schlachtung, zu Zuchtzwecken oder aus anderen Gründen durch die Staatengemeinschaft transportiert werden. Hinzu kommt, dass auch der Export von lebendem Vieh aus der EU in Drittstaaten – 2019 waren dies laut EU-Parlament mehr als 1,6 Milliarden lebende Tiere – ein großes Geschäft ist. Weil sich trotz der bestehenden Regeln und Appelle in den letzten Jahren wenig geändert hat, unternimmt die EU jetzt einen neuen Anlauf, um die Bedingungen der Tiertransporte zu verbessern.

    Dafür prüften Abgeordnete des Sonderausschusses „Tiertransporte“ (ANIT) eineinhalb Jahre lang den Tierschutz in der EU. Sie kamen zum Schluss, dass gravierende Mängel mehr die Regel als die Ausnahme darstellen. Zu den Missständen zählt, dass viele Tiere beim Transport unter zu niedrigen Decken und Platznot leiden oder sie nur unzureichend mit Wasser und Nahrung versorgt werden.

    Transportverbot für Kälbchen in den ersten vier Wochen

    Am Donnerstag stimmten die Europaabgeordneten in Straßburg über eine Reihe von Empfehlungen des Ausschusses ab. Das Papier, das als Grundlage für die EU-Kommission dienen soll, wurde mehrheitlich angenommen. So wurden etwa die Vorschläge unterstützt, ein Vier-Stunden-Limit für Geflügel und Kaninchen, Überwachungskameras für Lkw sowie ein Transportverbot bei Extremtemperaturen einzuführen. Auch sollten Vertragsverletzungsverfahren gegen EU-Staaten möglich sein, die Probleme nicht beheben. Das Parlament stimmte auch für ein Transportverbot von Kälbern in den ersten vier Wochen – es gibt aber Ausnahmen.

    Der gestrige Abstimmungstag sorgte trotzdem bei einigen für Frust, vor allem das Ergebnis, nach dem der Großteil der Tierarten weiterhin bis zu 29 Stunden im Lkw transportiert werden darf. Auch Schiffstransporte sollen von zeitlichen Begrenzungen ausgenommen bleiben. Dabei seien die langen Fahrten „maßgeblich für das Tierleid verantwortlich“, sagte die deutsch-französische Grünen-Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg. Vor allem Parlamentarier der Grünen hatten gefordert, die Transportzeit aller Tiere auf acht Stunden auf der Straße und in der Luft sowie auf 24 Stunden auf hoher See zu begrenzen.

    Tiertransporte in den Nahen Osten als Sündenfall

    Umso enttäuschter zeigte sich Deparnay-Grunenberg: „Für eine Mehrheit des EU-Parlaments steht der industrielle Fleischkonsum vor dem Tierwohl.” Mit der gestrigen Abstimmung will das Parlament Druck auf die EU-Kommission aufbauen, damit die Behörde die Vorschriften überarbeitet und für bessere Kontrollen sorgt. Denn da liegt das größte Problem, insbesondere, wenn lebende Tiere in Länder exportiert werden, wo die Tierschutzgesetze weniger streng ausfallen als in der EU, etwa wenn Rinder nach Nordafrika, die Türkei oder den Nahen Osten geliefert werden.

    Bei den Empfehlungen handele es sich um „einen Schritt in die richtige Richtung“, sagte Maria Noichl, agrarpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten. Vor allem sei es „ein Beleuchten einer Situation, die zuvor nicht nur im Dunkeln lag, sondern bewusst vertuscht wurde“. Gegner einer Verschärfung der Tierschutzstandards warnen dagegen vor höheren Kosten für die Verbraucher. Noichl winkt ab: Es gehe um die Abwägung, „was uns Tierschutz wert sei“. Man habe noch immer ein falsches System der Landwirtschaft, „nämlich billiger, billiger, billiger und mehr“, sagt sie.

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