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Porträt: Ulrike Malmendier: Die neue Wirtschaftsweise lehrt in Kalifornien

Porträt

Ulrike Malmendier: Die neue Wirtschaftsweise lehrt in Kalifornien

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    Finanzmarktexpertin Ulrike Malmendier lehrt an der Universität Berkeley in Kalifornien.
    Finanzmarktexpertin Ulrike Malmendier lehrt an der Universität Berkeley in Kalifornien. Foto: Edward Caldwell/for Haas School of Business, dpa

    Geht es darum, einen Blick von außerhalb auf Deutschland zu werfen, mit der häufigen nötigen, kritischen Distanz, dann könnte dies Ulrike Malmendier besonders gut gelingen. Die 48-Jährige ist am Mittwoch neben dem Bochumer Ökonomen Martin Werding zur neuen Wirtschaftsweisen bestimmt worden. Zwischen ihrem Wohn- und Arbeitsort in Kalifornien und dem Sitz der Wirtschaftsweisen in Wiesbaden liegen rund 9100 Kilometer und mehrere Zeitzonen.

    Seit 2012 ist Ulrike Malmendier Professorin für Wirtschaftswissenschaften an der renommierten University of California in Berkeley bei San Francisco. Damit wird sie das erste Mitglied des "Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung", wie die Wirtschaftsweisen offiziell heißen, das eine Professur außerhalb Deutschlands innehat.

    Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier kann eine Bilderbuchkarriere vorweisen

    Ulrike Malmendier kann stolz sein auf eine Bilderbuchkarriere in der Wissenschaft. Geboren 1973 in Köln, macht sie erst eine Lehre bei der Deutschen Bank, studiert in Bonn erst Jura und Volkswirtschaft, dann in Harvard Betriebswirtschaft. Es folgen Forschungsaufenthalte an Eliteuniversitäten, sie wird mit Preisen ausgezeichnet, veröffentlicht in angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften. Die Forscherin ist mit dem italienischen Ökonomen Stefano Della Vigna verheiratet und hat drei Kinder.

    Erst habe sie überlegt, mit den Kindern wieder nach Europa zurückzukommen. "Weil ich nicht will, dass meine Jungs American Football lernen, die sollen lieber Fußball spielen", hat sie vor Jahren scherzend der Welt am Sonntag in einem Interview verraten. Dann war sie froh, doch in den USA geblieben zu sein. Die Einstellung, dass Frauen wie sie "Rabenmütter" wären, sei in Deutschland deutlich verbreiteter als in Amerika. Sie arbeite viel, sei manchmal gestresst, mache sich ständig Sorgen, ob sie die Erziehung ihrer Kinder richtig angehe, und schliefe kaum, da mindestens eines der drei Kinder gerade Zähne bekommen oder schlecht geträumt habe, erklärte sie. "Da brauche ich solche Kritik nicht auch noch zusätzlich."

    Beobachter sagen, dass sie viel und schnell spricht. Über sich selbst sagt sie, dass ihr ein Laptop reiche, um "volle Pulle" arbeiten zu können. In Konferenzen ihres Fachs gehe es manchmal aggressiv zu, sie sei aber auch jemand, der "zurückschießen kann, ohne gleich den testosterongeladenen Mann spielen zu müssen".

    Malmendier forschte zu Fitnessstudio-Besuchen und dem Verhalten von Spitzenmanagern

    Beruflich beschäftigt sich Ulrike Malmendier als Verhaltensökonomin damit, wie Menschen Entscheidungen treffen, vor allem fehlerhafte oder voreingenommene. Dabei kann es um ganz praktische Dinge gehen wie den Besuch von Fitnessstudios. Die Forscherin hat gezeigt, dass Menschen, die mit großer Euphorie Jahresverträge mit einem Fitnessstudio schließen, am Ende kaum hingehen und draufzahlen. Wer nur Monatsverträge schließt, ist am Ende besser dran, zahlt aber pro Besuch immer noch mehr als Kundinnen, die Einzel- oder Zehnerkarten lösen. Die Faulheit kommt nämlich dem Besuch im Fitnessstudio zu häufig in die Quere.

    Hart sind ihre Erkenntnisse auch für Top-Manager: Je selbstsicherer diese auftreten, je größer die Medienaufmerksamkeit ist, desto größer ist auch das Risiko, dass sie sich schnell zu Nieten in Nadelstreifen entwickeln. Das Selbstbewusstsein kann schnell in Selbstüberschätzung umschlagen.

    Ulrike Malmendier: Forschung zu Inflationserwartungen

    Zuletzt hat sich Malmendier intensiv damit auseinandergesetzt, wie sich die Erwartungen der Menschen zur Inflation bilden. Stark lassen wir uns anscheinend dabei von den täglichen Erfahrungen und Einkäufen leiten. In Zeiten, da auch in Deutschland die Preise massiv steigen, ist Wissen in dem Bereich gesucht und wertvoll.

    Neben der Erlanger Professorin Veronika Grimm und der Münchner Forscherin Monika Schnitzer ist Ulrike Malmedier die dritte Frau im Rat der Wirtschaftsweisen. Erstmals haben die weiblichen Mitglieder damit eine Mehrheit.

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