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Urlaub: Reisechaos in Europa: So sieht es in anderen Ländern aus

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Reisechaos in Europa: So sieht es in anderen Ländern aus

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    In Europa muss man derzeit an vielen Flughäfen Geduld mitbringen.
    In Europa muss man derzeit an vielen Flughäfen Geduld mitbringen. Foto: Axel Heimken, dpa

    In der Hochphase der Corona-Pandemie war an Flugreisen nicht zu denken. Flüge wurden gestrichen, die Maschinen stillgelegt, der Himmel war leer. Jetzt ist mit dem Ende der Einschränkungen in zahlreichen Ländern die Lust am Urlaub im Ausland wieder erwacht. Doch den Betrieb auf Touren zu bringen, ist schwerer als gedacht. Wartefrust statt Reiselust? Streiks, aber auch fehlendes Personal führen in Europa jedenfalls zu Chaos an vielen Flughäfen.

    Spanien: Urlauber hängen fest, Mallorca-Touristen rufen die Polizei

    Ärger und Empörung herrschen bei Tausenden von Reisenden, deren Spanien-Flüge wegen eines Streiks bei Ryanair oder Easyjet abgesagt wurden. Bei beiden Fluglinien befindet sich das im spanischen Königreich stationierte Kabinenpersonal im Ausstand. Dutzende Flüge mussten abgesagt werden oder hatten Verspätungen.

    Der Streik betrifft Mallorca, aber auch andere spanische Ferienflughäfen wie Málaga, Alicante, Valencia, Teneriffa oder Barcelona.

    Die Streiktage verstärken das allgemeine europäische Flugchaos, das bei fast allen Airlines immer wieder zu Flugabsagen führt und den Start in den Urlaub zuweilen in einen Albtraum verwandelt. „Das ist der Horror“, klagt eine Mallorca-Freundin namens Gabriele auf Facebook. „Ich bin froh, diesen Sommer nicht mehr fliegen zu müssen.“

    Mit am schlimmsten erwischte es die Passagiere eines Ryanair-Fluges nach Mallorca, die auf dem Flughafen Köln/Bonn festhingen. Erst wurde die Einsteigezeit um drei Stunden verschoben. Dann durften die Reisenden ins Flugzeug, mussten aber weiter auf dem Rollfeld warten. Schließlich wurde der Flug abgesagt, doch die Urlauber durften zunächst nicht aussteigen, weil angeblich keine Treppe verfügbar war.

    Es sei zu chaotischen Szenen an Bord gekommen, berichtet eine deutsche Touristin in der Mallorca Zeitung. Einige Passagiere hätten geweint. Andere offenbar alkoholisierte Reisende, die als „typische Ballermann-Gruppe“ beschrieben wurden, hätten angefangen zu pöbeln. Auch eine Flugbegleiterin sei den Tränen nahe gewesen. Mehrere genervte Reisende baten per Handy die Polizei um Hilfe. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt die Urlauberin.

    In der Warteschlange vor einem Check-In-Schalter in Terminal 1 am Airport Hamburg.
    In der Warteschlange vor einem Check-In-Schalter in Terminal 1 am Airport Hamburg. Foto: Marcus Brandt, dpa

    Ryanair und Easyjet erklärten derweil, die Auswirkung des Streiks seien gering. Gemessen an den tausenden Flügen, die beide Gesellschaften an den Streiktagen in Spanien durchführen, seien die wenigsten Verbindungen betroffen. Das stimmt im Prinzip, denn Spaniens Regierung hat für den Arbeitskampf eine Mindestflugversorgung von 50 bis 80 Prozent festgelegt. Zudem versuchen beide Linien mit Ersatzpersonal so viele Flüge wie möglich durchzuführen. Trotzdem wurden zum Beispiel an manchen Tagen über 50 Spanienflüge gecancelt.

    Bei den in Spanien stationierten 450 Easyjet-Flugbegleitern fing der Ausstand am Freitag zudem gerade erst an: Nach Streiks am Samstag und Sonntag folgen als weitere Streiktage 15., 16., 17., 29., 30. und 31. Juli. Die Mitarbeiter beider Fluglinien verlangen vor allem höhere Löhne, die bisher in Spanien bis zur Hälfte niedriger sind als in anderen Ländern.

    Die Anzeigetafeln auf Mallorcas Airport signalisierten, dass es auch bei zahlreichen anderen Fluggesellschaften Störungen gab. So landeten oder starteten auch Maschinen der Linien Lufthansa, Swiss, Austrian Airlines, Tuifly oder Condor verspätet. Entweder wegen des Personalmangels oder wegen Überlastung des Luftraums. Mallorcas Flughafen ist derzeit am Limit: In diesen Sommertagen werden täglich mehr als 1000 Maschinen abgefertigt

    Im europaweiten Flug- und Airport-Chaos gibt es zugleich ein paar gute Nachrichten: Die auf Mallorca stationierten Mitarbeiter der Ryanair-Tochter Lauda Europe sagten ihren für Juli geplanten Arbeitskampf ab, nachdem die Gespräche mit der Geschäftsführung Fortschritte brachten. Und auch das Reinigungspersonal auf Mallorcas Flughafen cancelte seine Streikpläne. Eine spanische Brauerei dachte sich derweil einen besonderen Werbegag aus: Sie verspricht allen in Deutschland startenden Spanien-Reisenden, deren Flug storniert wurde oder wenigstens drei Stunden Verspätung hat, Freibier in Form eines kostenlosen Sixpacks.

    Frankreich: Streiks an an den Flughäfen, kein Personal

    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pariser Flughäfen haben nicht die französischen Sommerferien abgewartet, um in den Streik zu treten. Bereits an diesem Wochenende kam es an den Flughafen Charles-de-Gaulle und Orly zu Ausfällen.

    Die Gewerkschaften fordern Gehaltserhöhungen und Prämien. Medienberichten zufolge könnte es im Laufe des Sommers zu weiteren Streiktagen kommen. Davon abgesehen gilt die Personalsituation auch in Frankreich als sehr angespannt.

    Der Flughafen-Plattform CDG Alliance zufolge gibt es allein an den beiden großen Pariser Flughäfen 4000 unbesetzte Stellen. Obwohl der Tourismus in dem Urlaubsland großes wirtschaftliches Gewicht hat, gab es seitens der Politik noch keine Ankündigungen um gegenzusteuern. Reisenden wird empfohlen, sich vorab auf den Internetseiten der Fluganbieter und Flughäfen zu informieren und zwei bis drei Stunden vor Abflug zu kommen.

    London: Schlangen und Berge von Gepäck

    In Großbritannien herrscht an Flughäfen seit Wochen regelmäßig Chaos. Zuletzt betroffen war der Flughafen Heathrow in London. Dort mussten Fluggesellschaften kurzfristig dutzende Flüge annullieren, weil man nicht genug Personal hatte.

    Weiter zuspitzen könnte sich die Lage dort Ende Juli, wenn Mitarbeiter der Fluggesellschaft British Airways im Kampf für eine bessere Bezahlung voraussichtlich in einen Streik eintreten.

    Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan machte kürzlich den Brexit für die chaotische Situation verantwortlich, da dieser die Menge potenzieller Arbeitskräfte drastisch verkleinert habe. Um die Situation zu entspannen, solle man die Einwanderungsregeln für Arbeitnehmer der Luftfahrtindustrie lockern.

    Der britische Verkehrsminister Grant Shapps zeichnet ein anderes Bild. Ihm zufolge sind die Flughäfen und Airlines Schuld an den Engpässen, da sie während der Pandemie zu viele Mitarbeiter entlassen hätten. Um die Lage in den Griff zu bekommen, hat die britische Regierung eine Reihe an Maßnahmen angekündigt. Der Luftfahrtindustrie soll bei der Rekrutierung und Ausbildung von Personal geholfen werden.

    Deutschland: Schlangen am Frankfurter Flughafen

    Kaum ist der letzte Schultag vorbei, heißt es für viele: Ab in den Urlaub! In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern starteten am Wochenende die Sommerferien, NRW genoss bereits das zweite Ferienwochenende.

    Dabei hat sich die Lage an den Flughäfen aber entspannt. Reisende mussten in Düsseldorf am Samstag und Sonntag geringere Wartezeiten bei den Sicherheitskontrollen in Kauf nehmen als eine Woche zuvor. Am Flughafen Köln/Bonn bildeten sich zwar Warteschlangen vor den Sicherheitskontrollen. Nach Angaben einer Sprecherin aber liefen alle Prozesse im Terminal geordnet und ruhig ab. Wegen des knappen Personals – auch krankheitsbedingt – mussten aber Flüge in Köln und Düsseldorf gestrichen werden.  

    In Hamburg war TV-Urgestein Hugo Egon Balder, 72, mit seiner Frau Elena unter den Passagieren. Auf Instagram postete sie am Samstag: „Flughafen Hamburg hat alles im Griff, keine Warteschlangen, sehr entspannt hier“.

    In Frankfurt hingegen warnte der Flughafen vor Störungen und längeren Wartezeiten – und empfahl Reisenden online einzuchecken oder zweieinhalb Stunden vor Abflug am Check-In zu sein. Für ankommende Reisende könne es bei der Gepäckausgabe zu erheblichen Wartezeiten kommen.

    Gestrichene Flüge auf einer Anzeigetafel am Hamburger Flughafen zu sehen.
    Gestrichene Flüge auf einer Anzeigetafel am Hamburger Flughafen zu sehen. Foto: Bodo Marks, dpa

    Gelassen ist man am Airport München mit Blick auf die bayerischen Sommerferien im August: „Wir unternehmen alles, damit das nicht passiert“, sagt Flughafensprecher Ingo Anspach. Die dynamische Entwicklung stelle Flughäfen aber vor Probleme, weil an vielen Stellen Personal fehle.

    Mit Blick auf die Flugausfälle zieht das Verbraucherschutzministerium die Überprüfung der Vorkassepraxis bei Flügen in Betracht. Das Haus von Ministerin Steffi Lemke (Grüne) appellierte an die Flugunternehmen, ihrer „gesetzlichen Pflicht zur Rückerstattung innerhalb von sieben Tagen proaktiv“ nachzukommen, berichtete die Welt am Sonntag. Sonst werde man die Vorkasse-Praxis überprüfen. (mit dpa)

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