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Foto: Sven Hoppe
Foto: Sven Hoppe

dpatopbilder - 17.08.2018, Bayern, Weßling: ESA-Astronaut Alexander Gerst steuert von der ISS aus den humanoiden Roboter «Rollin Justin» am Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Ziel des Projekts ist es, das Roboter Co-Worker für verschiedene Aufgaben in der Raumfahrt werden. Im Bereich der planetaren Exploration sollen so auf lange Sicht die Astronauten entlastet werden. Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ISS
17.08.2018

Putzdienst auf der Erde: Astro-Alex steuert Roboter aus dem All

Mit Robotern aus der Ferne Aufgaben erledigen - Astronaut Alexander Gerst hat von der ISS aus mit Roboter Justin auf der Erde einen Putzeinsatz absolviert.

Langsam dreht sich Justin auf seinen Rollen - und dann winkt er erst mal: Den Befehl hat der Roboter im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im oberbayerischen Oberpfaffenhofen bei Weßling von dem Astronauten Alexander Gerst bekommen, der Justin von der Internationalen Raumstation ISS aus steuert. 

Alexander Gerst probt mit dem Roboter verschiedene Szenarien

"Back to work" (zurück an die Arbeit), sagt Gerst. Er ist am Freitag schließlich nicht zum Spaß für ein paar Stunden Justins Chef. Der Astronaut probt mit dem Roboter verschiedene Szenarien, darunter die Wartung und Reparatur von Solarpanelen, die auf rotem Boden vor einer Marstapete am Institut für Robotik und Mechatronik aufgebaut sind.

Der Roboter sei der verlängerte Arm des Astronauten, sagt der Abteilungsleiter für Mechatronische Systeme, Markus Grebenstein. Maschinen sollen Raumfahrern Aufgaben abnehmen, auf langen Missionen wie zum Mars auch medizinisch helfen, Blinddärme operieren oder Zähne versorgen - dann wiederum ferngesteuert von Ärzten auf der Erde. 

Auf der Erde übernehmen Roboter bereits zahlreiche Aufgaben

In der Chirurgie auf der Erde assistieren Roboter bereits. OPs über weite Strecke wie 2001, als Chirurgen in New York einer Patientin in Straßburg via Roboter die Gallenblase entfernten, sind aber Experten zufolge kein Modell für die Zukunft. Der technische Aufwand sei immens, Verzögerungen bei der Datenübertragung könnten Probleme bringen, sagt Hubertus Feußner, Sprecher der Techniksektion der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und Konsiliaroberarzt an der Klinik der Technischen Universität München. Die Ärzte hoffen aber auf Roboter, die selbstständig Routineaufgaben erledigen, etwa das Anlegen einer chirurgischen Naht. "Die vielversprechende Vision ist der intelligente Roboter, der Seite an Seite mit dem Chirurgen arbeitet. 

Auch in der Pflege gehen erste Roboter an den Start. Das DLR bereitet mit der Caritas ein Projekt in einem Pflegeheim in Garmisch-Partenkirchen vor. Roboter Edan soll Patienten helfen, etwa das Bett aufdecken oder etwas zum Trinken reichen. 

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Bei Katastrophen wiederum können Maschinen gefährliche Aufgaben übernehmen: Drohnen erkunden Unglücksgebiete; aus sicherer Entfernung gesteuerte Roboter können Minen entschärfen oder in Atomkraftwerken Wartungsarbeiten vornehmen.

Ganz einfach ist die Fernsteuerung allerdings nicht. Am Anfang kommt Astro-Alex mit Justin nur zentimeterweise voran. Er muss sich erst mit dem Programm vertraut machen, das er vorher nicht kannte. Ob es sein kann, dass die Bilder nicht übereinstimmen, fragt Gerst seine Kollegen am Boden. Tatsächlich hat der Abgleich zwischen Gersts Tablet auf der ISS und der Position von Justin auf der Erde gefehlt.

Gerst: "Ein großer Schritt für die Erforschung des Weltalls"

Justin - so heißen mehrere Roboter-Geschwister: mit Rädern heißt er "Rollin Justin", ein anderer ist auf einem Tisch montiert: "Table Justin". Erstmals hatte 2015 der Kosmonaut Sergej Wolkow von der ISS aus einen der Justins aus dem Orbit gesteuert, er ließ ihn Hände schütteln. 2017 navigierte ISS-Raumfahrer Paolo Nespoli den Roboter, danach Scott Tingle. Jedes Mal gab es neue Aufgaben. Und jedes Mal agierte Justin selbstständiger. Inzwischen greift er selbst nach Dingen, die er über die Kamera anvisiert.

Wenn der Astronaut nicht jeden Schritt einzeln vorgeben müsse, könnte er in Zukunft sogar viele Roboter steuern, meinte Gerst nach dem Versuch. Die Möglichkeiten seien faszinierend - und "ein großer Schritt für die Erforschung des Weltalls". 

Avatare, so die Vision der Zukunft, könnten Raumstationen betreiben oder ein Moon Village (Mond-Dorf) aufbauen, wie es dem Generaldirektor der ESA, Jan Wörner, seit langem vorschwebt.

Gerst scherzt, Justin putzt

Freilich kann es unvorhergesehene Probleme geben. Als Gerst mit Justins Hilfe eine Satellitenanlage auf dem fiktiven Mars installiert und die Antenne - fürs Experiment eine Salatschüssel - aus dem Raumtransporter holt, raucht eine Steuereinheit. "Darf ich das hinter mich werfen", fragt Gerst scherzhaft - doch Programmleiter Neal Lii winkt ab: Justin hat schon viel gelernt und würde nicht auf die Menschen werfen, die gespannt das Experiment verfolgen. 

Nach zwei Stunden sind Gerst und Justin ein eingespieltes Team, Justin schrubbt flott ein Solarmodul. So eine Hilfe könnte er zuhause für seine Dusche brauchen, scherzt Gerst. Auf normales Duschen muss er aber bis Dezember noch verzichten: Bis dahin ist er auf der ISS - in Kürze als Kommandant. (dpa)

13 Bilder
Foto: Joel Kowsky, NASA, AP, dpa
Alexander Gerst fliegt zur ISS
zurück
Foto: Joel Kowsky, NASA, AP, dpa

Kasachstan, Baikonur: Dieses Foto von der NASA zeigt die Sojus-Rakete auf der Startrampe. Der Astronaut Alexander Gerst ist mit an Bord, wenn sie am 6. Juni Richtung ISS startet.

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Neben Alexander Gerst sind die US-amerikanische Astronautin Serena Aunon-Chancellor (links) und der russische Kosmonaut Sergej Prokopjew (Mitte) mit an Bord der Sojus-Rakete.

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Im Mai hatten Gerst und seinen Kollegen noch ein Abschlusstraining in Russland absolviert. Vor dem Training entstand dieses Gruppenbild.

Foto: Dmitri Lovetsky, AP, dpa

Vor der Abfahrt zum Kosmodrom winken die Raumfahrer den Schaulustigen zu. Vier Jahre nach seiner ersten Mission bricht der deutsche Astronaut zu seinem zweiten Flug ins All auf.

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Auch die Heimat fiebert mit: In Weßling in Bayern verfolgen Wissenschaftler des Raumfahrt-Kontrollzentrums im Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) den Raketenstart.

Foto: Matthias Balk, dpa

Ein Modell der Internationalen Raumstation (ISS) im Maßstab 1:25 ist während der Begleitveranstaltung zum Raketenstart beim Deutschen Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) zu sehen.

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Vor der Mission auf der ISS musste Alexander Gerst seinen Raumanzug testen. Etwa ein halbes Jahr soll er auf dem Außenposten der Erde leben und forschen.

Foto:  Dmitri Lovetsky, AP, dpa

Mitarbeiter der russischen Weltraumagentur helfen dem deutschen Astronauten vor dem Start am Kosmodrom nach einer Inspektion seines Raumanzugs beim Aufstehen.

Foto: Joel Kowsky, NASA, AP, dpa

Alexander Gerst, Serena Aunon-Chancellor und Sergej Prokopjew winken vor dem Besteigen der Rakete. Weltweit verfolgen Menschen den Raketen-Start vor den Bildschirmen.

Foto: Dmitri Lovetsky, AP POOL, dpa

Noch einmal winkt der deutsche Astronaut. Auf Twitter hat er als Astro_Alex mehr als eine Million Follower. Er übernimmt das Kommando über die Mission auf der ISS.

Foto: Sebastian Gollnow, dpa

In Gersts Geburtsort Künzelsau (Baden-Württemberg) schauen Besucher sich während eines Stadtfests zum Start der Raumfahrtmission Horizons ein Grußwort des deutschen Astronauten an.

Foto: Sebastian Gollnow, dpa

Auch Fan-Artikel gibt es in Gersts Heimatstadt Künzelsau: Hier hält eine Frau ein T-Shirt mit dem Konterfei des Astronauten hoch.

Foto: Matthias Balk, dpa

Diese Figur soll den ESA-Astronauten Alexander Gerst darstellen, im Modell eines Sojus-Raumschiffs.  Etwa ein halbes Jahr wird er auf der internationalen Raumstation verbringen.

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