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Kein Report vom Jesuskind

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Kein Report vom Jesuskind

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    Dürfen wir einer Geschichte Glauben schenken, die ersichtlich widersprüchlich erzählt wird? Auf der historischen Ebene jedenfalls geht die christliche Weihnachtserzählung der Evangelien nicht auf. Es gab keine reichsweite römische Steuerschätzung unter Kaiser Augustus, Quirinus war erst nach dem Tod von König Herodes Statthalter in Judäa und für einen Wanderstern, der über einem bestimmten Ort stehen bleibt, gibt es keine astronomische Erklärung. Haben Lukas und Matthäus also gelogen? Nein, sagt Gerd Häfner, Professor für Biblische Wissenschaften an der Universität München. „Die Absicht ihrer Texte ist nicht der exakte Bericht von Ereignissen, sondern die Verkündigung des Glaubens an Jesus Christus“, betonte er beim Akademischen Forum im Haus St. Ulrich.

    Im Zentrum der Kindheitsevangelien stehe jeweils die Botschaft der Engel. Den Hirten von Bethlehem erscheint die Herrlichkeit Gottes mit den Deuteworten, der Messias, der göttliche Herr und Erlöser sei Mensch geworden. Dagegen sehen sie an der Krippe nur ein gewöhnliches Kind in Windeln, ohne irgendeinen Zug ins Wunderbare. Auch die Sterndeuter, die am Himmel die Zeichen der Geburt eines Königskindes entdecken, erleben kein Wunder in Bethlehem. Vielmehr werden sie überhaupt erst durch die Vermittlung jüdischer Schriftgelehrter zum Geburtsort geleitet.

    Häfner wies seine gut 50 Zuhörer auf die biblischen Vorbilder der Kindheitsevangelien hin. Etwa auf das wiederkehrende Schema der Ankündigung eines besonderen Kindes. Von Isaak, Moses, Samuel werde vorab der Name höheren Ortes festgelegt und die Zukunft des Kindes vorhergesagt. Genauso bestehe auch die Kindheitsgeschichte Jesu aus vorgegebenen Motiven. „Sie wird so nüchtern erzählt, dass keine Erfahrung eines himmlischen Widerfahrnis wahrscheinlich ist“, sagte der Theologe. Freilich: Theologisch seien diese Texte „vom Feinsten“. Man müsse sie eben auf verschiedenen Ebenen lesen.

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