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NSU-Prozess: Beate Zschäpe meldet sich am 3. Todestag krank

NSU-Prozess

Beate Zschäpe meldet sich am 3. Todestag krank

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    Beate Zschäpe erschien heute nicht zum NSU-Prozess. Am dritten Jahrestag des Auffliegens des NSU-Trios meldete sich die Hauptangeklagte krank. Archivbild
    Beate Zschäpe erschien heute nicht zum NSU-Prozess. Am dritten Jahrestag des Auffliegens des NSU-Trios meldete sich die Hauptangeklagte krank. Archivbild Foto: Peter Kneffel dpa

    Heute vor drei Jahren, am 4. November 2011, haben sich Beate Zschäpes Kollegen das Leben genommen. Heute sollte im NSU-Prozess ein wichtiger Zeuge aussagen. Doch Beate Zschäpe sah sich nicht in der Lage, am dritten Jahrestag zur Verhandlung zu erscheinen.

    Beate Zschäpe meldet sich im NSU-Prozess krank

    Beate Zschäpe hat sich im NSU-Prozess krank gemeldet. Die Verhandlung am Dienstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) München wurde daraufhin abgesagt. Als Zeuge war der V-Mann "Piatto" geladen, der über Interna des Führungszirkels der Szene aussagen sollte.

    Das ist Beate Zschäpe

    Beate Zschäpe wurde am 2. Januar 1975 in Jena geboren. Dem Hauptschulabschluss folgte eine Ausbildung als Gärtnerin.

    Von Mitte 1992 bis Herbst 1997 ging Beate Zschäpe einer Arbeit nach, zweimal unterbrochen von Arbeitslosigkeit. So steht es in einem Bericht des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer für die Thüringer Landesregierung. «Ihre Hauptbezugsperson in der Familie war die Großmutter», heißt es weiter.

    Mit dem Gesetz kam Zschäpe erstmals als 17-Jährige in Konflikt. Der Schäfer-Bericht vermerkt 1992 mehrere Ladendiebstähle. 1995 wurde sie vom Amtsgericht Jena wegen «Diebstahls geringwertiger Sachen» zu einer Geldstrafe verurteilt.

    Zu der Zeit war sie aber häufiger Gast im Jugendclub im Jenaer Plattenbaugebiet Winzerla, bald an der Seite des Rechtsextremen Mundlos. Über das ungewöhnliche Dreiecksverhältnis zwischen ihr, Mundlos und Böhnhardt ist viel spekuliert worden.

    Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beteiligten sich zu der Zeit an Neonazi-Aufmärschen im ganzen Land.

    Im Alter von 23 Jahren verschwand die junge Frau mit den beiden Männern aus Jena von der Bildfläche. Zuvor hatte die Polizei ihre Bombenbauerwerkstatt in der Thüringer Universitätsstadt entdeckt.

    Danach agierte Zschäpe mit einer Handvoll Aliasnamen: Sie nannte sich unter anderem Silvia, Lisa Pohl, Mandy S. oder Susann D. Zeugen beschrieben sie als freundlich, kontaktfreudig und kinderlieb. Bei Diskussionen in der Szene soll sie jedoch die radikaleren Positionen ihrer beiden Kumpane unterstützt haben.

    Nach der Explosion in Zwickau am 4. November 2011 war Zschäpe mit der Bahn tagelang kreuz und quer durch Deutschland unterwegs. Sie verschickte auch die NSU-Videos mit dem menschenverachtenden Paulchen-Panther-Bildern. Am 8. November stellte sie sich der Polizei in Jena.

    Im Prozess schwieg Zschäpe lange Zeit. An Verhandlungstag 211, im Juni 2015, antwortete sie dem Richter ein erstes Mal, und zwar auf die Frage, ob sie überhaupt bei der Sache sei.

    Zu den Vorwürfen äußerte sich Zschäpe erstmal im September 2015. Ihr Verteidiger las das 53-seitige Dokument vor, in dem Zschäpe ihre Beteiligung an den Morden und ihre Mitgliedschaft im NSU bestritt. Lediglich die Brandstiftung in der letzten Fluchtwohnung des Trios gestand sie.

    Ein psychologisches Gutachten aus dem Januar 2017 beschreibt Zschäpe als "voll schuldfähig".

    Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess habe sich vor dem Transport von der JVA Stadelheim zum Gericht krank gemeldet, teilte Verteidiger Wolfgang Stahl der Nachrichtenagentur dpa mit. Zschäpe sei gar nicht erst zum OLG-Gebäude in der Münchner Innenstadt gebracht worden. Eine Gerichtssprecherin kündigte über Lautsprecher im Verhandlungssaal zunächst eine Verzögerung bis zum Vorliegen eines ärztlichen Attestes an. Wenige Minuten später teilte sie mit, der Verhandlungstermin sei abgesagt. Unter welcher Erkrankung Beate Zschäpe leidet, wurde nicht bekannt.

    Jahrestag: Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nahmen sich das Leben

    Genau vor drei Jahren, am 4. November 2011, war das NSU-Trio aufgeflogen. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren nach einem Überfall auf eine Sparkasse in Eisenach in ihrem geliehenen Wohnmobil entdeckt worden und hatten sich das Leben genommen. Zschäpe hatte dann die Fluchtwohnung des Trios in Zwickau in Brand gesteckt und war mehrere Tage auf der Flucht durch Deutschland, bis sie sich in Jena der Polizei stellte.

    Zeuge "Piatto" sollte im NSU-Prozess heute aussagen

    Die Angeklagten im NSU-Prozess

    Das sind die Beschuldigten im Münchner NSU-Prozess:

    Beate Zschäpe: Sie tauchte 1998 gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt unter, um einer drohenden Festnahme zu entgehen. Die drei Neonazis aus dem thüringischen Jena gründeten eine Terrorgruppe und nannten sich spätestens ab 2001 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).

    Ralf Wohlleben: Der ehemalige Thüringer NPD-Funktionär mit Kontakten zur militanten Kameradschaftsszene soll Waffen für das Trio organisiert haben. Der 40-Jährige wurde am 29. November 2011 verhaftet. Nach Ansicht der Ermittler wusste er von den Verbrechen - er ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

    Carsten S.: Der 35-Jährige hat gestanden, den Untergetauchten eine Pistole mit Schalldämpfer geliefert zu haben. Er ist wie Wohlleben wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

    Andre E.: Der gelernte Maurer (35) war seit dem Untertauchen 1998 einer der wichtigsten Vertrauten des Trios und soll die mutmaßlichen Rechtsterroristen zusammen mit seiner Frau regelmäßig besucht haben. E. ist als mutmaßlicher Unterstützer der Gruppe angeklagt.

    Holger G.: Der 40-Jährige gehörte wie Wohlleben und die drei Untergetauchten zur Jenaer Kameradschaft. Er zog 1997 nach Niedersachsen um. G. spendete Geld, transportierte einmal eine Waffe nach Zwickau und traf sich mehrfach mit dem Trio. Auch G. ist als mutmaßlicher Unterstützer der Gruppe angeklagt.

    Der als Zeuge geladene frühere V-Mann Carsten Szczepanski alias "Piatto" gehörte zum Führungszirkel des "Blood & Honour"-Netzwerks in Chemnitz. Mitglieder dieser Gruppe hatten das Trio nach seinem Abtauchen versteckt und unterstützt. "Piattos" Aussage war mit Spannung erwartet worden. Er lebt seit seinem Auffliegen vor 14 Jahren unter neuem Namen im Zeugenschutz. Seine neue Identität und sein Wohnort sind geheim. "Piatto" soll jetzt zu einem späteren Termin vernommen werden.

    Am Mittwoch soll der Prozess nach Angaben einer Gerichtssprecherin planmäßig weitergehen. Thema wird erneut die Mordwaffe vom Typ "Ceska" sein. Als Zeugen sind ein Schweizer Richter und ein Ermittler des Bundeskriminalamtes geladen. Mit der "Ceska" hat der "Nationalsozialistische Untergrund" neun seiner zehn Mordopfer erschossen. dpa/AZ

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