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Bestattungsregeln in Bayern: Beerdigung bald auch ohne Sarg?

Bestattungsregeln in Bayern

Beerdigung bald auch ohne Sarg?

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    Experten hoffen auf die Lockerung der Bestattungsregeln in Bayern. Ein Sarg soll keine Pflicht sein.
    Experten hoffen auf die Lockerung der Bestattungsregeln in Bayern. Ein Sarg soll keine Pflicht sein. Foto: Maurizio Gambarini, dpa /Symbolbild

    Bislang sind die Regeln für die Bestattung eines Verstorbenen in Bayern ebenso klar wie strikt: Beerdigt wird in einem Sarg in einem öffentlich zugänglichen Friedhof. Auch eine Einäscherung muss in einem Sarg stattfinden, die Urne wird danach ebenfalls auf einem Friedhof aufbewahrt. Zudem gilt die Regel, dass zwischen dem Eintritt des Todes und der Beerdigung zumindest 48 Stunden vergehen müssen.

    Was lange unumstritten war, steht nun auch im Freistaat infrage – aus religiösen Gründen, aber auch aus dem Wunsch heraus, nach dem Tod einen individuellen Weg wählen zu wollen. „Wir haben ein sehr bewährtes Bestattungswesen“, sagte die Abgeordnete der Freien Wähler, Eva Gottstein (Eichstätt), in einer Expertenanhörung zum Thema im Landtag. „Aber wir haben auch Änderungen in der Zusammensetzung der Gesellschaft.“

    Da ist vor allem der Wunsch nicht-christlicher Religionen nach Rücksichtnahme auf eigene Bestattungsregeln. „Eine Sargpflicht gibt es im Islam nicht“, erklärte in der Anhörung Aykan Inan von der islamischen Religionsgemeinschaft Ditib. So sehe der muslimische Brauch unter anderem eine Bestattung im Leintuch binnen 24 Stunden vor.

    Ein Widerspruch zur bayerischen Bestattungsregel, der zunehmend zum Problem werde, sagt Inan: „Denn eine Überführung der Verstorbenen in ihr Herkunftsland nimmt ab, weil immer mehr Muslime ihre Heimat in Deutschland sehen.“ Eine Abschaffung der Sargpflicht, die außer in Bayern nur noch in Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt gilt, wäre deshalb „aus unserer Sicht sehr wünschenswert“.

    Christliche Kirchen äußern keine grundsätzlichen Bedenken

    Ein Wunsch, dem aus Sicht der christlichen Religionen nichts entgegensteht, wie Vertreter des Katholischen Büros und der evangelisch-lutherischen Landeskirche versicherten. Auch die Gesundheitsbehörden haben keine grundsätzlichen Bedenken: „Eine Erdbestattung im Leintuch ist aus hygienischen Gründen durchaus möglich“, sagte Dr. Verena Lehner-Reindl vom Landesamt für Gesundheit in Erlangen.

    Bedenken gibt es dagegen bei den Bestattern: An einer Sargpflicht sei „aus hygienischen wie aus bestattungskulturellen Gründen festzuhalten“, findet Ralf Michal vom Bestatterverband. So sei „ohne Sarg eine Zersetzung der Leiche nur unzureichend gewährleistet“, warnte der Schweinfurter. Zudem seien kommunale Bedienstete meist nicht bereit, Verstorbene aus dem Sarg zu nehmen und ins Grab zu legen.

    Dass die Bestatter ein finanzielles Interesse an der Sargpflicht haben könnten, wies Michal zurück: „Wir sind längst nicht mehr nur Sargverkäufer“, sagte er. Der Umsatz spiele deshalb bei dem Thema „für uns nur eine untergeordnete Rolle“.

    Die sachlichen Bedenken der Bestatter stießen jedoch bei den anderen Experten auf wenig Verständnis: „Ich gehe davon aus, dass alle Praxisprobleme gelöst werden können“, sagte Claudia Drescher vom Gemeindetag. Und „die Verwesungsprozesse sind dieselben – mit und ohne Sarg“, berichtete Walter Fessel vom Sozialministerium in Baden-Württemberg, wo die Sargpflicht 2012 abgeschafft worden war.

    An der Sargpflicht bei Einäscherungen sollte nicht gerüttelt werden

    Fessel verwies zudem darauf, dass entgegen der gängigen Meinung eine Tuchbestattung nicht billiger sei – unter anderem deshalb, weil dafür ein deutlich tieferes Grabloch ausgehoben werden müsse. Bedenken, Nicht-Muslime könnten aus Kostengründen auf einen Sarg verzichten wollen, seien deshalb unbegründet.

    Auf wenig Unterstützung bei den Experten stießen dagegen Forderungen, auch die Friedhofspflicht zu lockern – etwa um Urnen wie in der Schweiz zu Hause aufbewahren zu können. „Ich will in Bayern keinen Rechtsstreit um privat aufbewahrte Urnen“, sagte der Landtagsabgeordnete Florian Herrmann (CSU). Ein „öffentlicher Ort des Trauerns“ bleibe wichtig.

    Auch an der Sargpflicht bei Einäscherungen sollte nicht gerüttelt werden, warb der Stuttgarter Fessel: „Wir wollen jedenfalls nicht, dass in Deutschland Menschen ohne Sarg in Öfen geschoben werden.“

    Einer Abschaffung der Sargpflicht bei Erdbestattungen zumindest aus religiösen Gründen will sich jedoch auch die CSU nicht länger verschließen, sagte Herrmann. Die Neu-Regelung müsse aber in Ruhe abgewogen werden: Schließlich gehe es auch „um die Würde der Beerdigung“.

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