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Abriss: Das widerspenstige Krankenhaus

Abriss

Das widerspenstige Krankenhaus

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    Es krachte gewaltig – doch ein Teil des Gebäudes hielt der Sprengung stand. Der misslungene Abriss ist Gesprächsthema Nummer eins im Ort.
    Es krachte gewaltig – doch ein Teil des Gebäudes hielt der Sprengung stand. Der misslungene Abriss ist Gesprächsthema Nummer eins im Ort. Foto: Benedikt Siegert

    Der Rumms der Explosion ist ohrenbetäubend, das Resultat bescheiden: Ein Viertel der verbliebenen Klinik-Ruine fällt – wie ein von unten her angeschnittenes Tortenstück – um, der Rest bleibt stehen. Erneut, zum zweiten Mal, ist am Mittwoch die Sprengung des Marktoberdorfer Krankenhauses gescheitert. Trotz 35 Kilogramm Sprengstoffs. Und was machen die Marktoberdorfer? Sie jubeln, kaum dass sich die Staubwolke nach der Detonation gegen 11.26 Uhr gelegt hat. Spontaner Applaus brandet unter den Schaulustigen auf. Knapp 400 sind es laut Polizei. Halb so viele wie beim ersten missglückten Sprengversuch am 11. Mai.

    „Ich finde es gut, dass sich unser Krankenhaus wehrt und sich immer noch nicht geschlagen geben will“, sagt etwa Heribert Liebert, dessen Spazierweg ihn häufig an der „traurigen Ruine“ vorbeiführt, wie er sagt. „Da fallen die Politiker leichter um als unser Krankenhaus“, sagt Roland Winkelmann in Anspielung auf die politische Entscheidung 2011, das 1967 eröffnete Haus zu schließen, um das Millionendefizit des kommunalen Klinikverbundes Ostallgäu-Kaufbeuren zu senken. Eine Entscheidung, die sehr viele Menschen in und um Marktoberdorf immer noch empört.

    Manche der Zaungäste, die das verpuffte Spektakel jenseits der einen Umkreis von 200 Metern umfassenden Sperrzone verfolgen, sehen in dem Scheitern daher gar eine göttliche Fügung. Zumal ausgerechnet der Teil des Hauptgebäudes, der die Krankenhauskapelle beherbergte, stehen blieb: „Es sollte nicht sein. Die Kapelle steht ja auch noch.“ Andere finden die missglückte Sprengung von rund 5000 Tonnen Stahlbeton „nur peinlich“. Doch was sagen die Verantwortlichen selbst? Manfred Guggemoos, Projektleiter der Baufirma Hubert Schmid, will erst mal gar nicht viel sagen. „Sie sehen ja, dass das Haus noch steht.“ Mit Vorarbeiten geht er grob geschätzt von bis zu 120000 Euro Kosten für beide Sprengversuche aus.

    Schmids Nachunternehmer, der sichtlich erschütterte und enttäuschte Sprengmeister Olaf Hoyer aus Buchenberg, versichert: „Die Lademenge war berechnet. Sie war ausreichend für die Wände, die da waren.“ Hoyer erläutert auch, warum er nicht einfach 70 Kilogramm, sprich die doppelte Menge, an Sprengstoff verwendet hat. „Wir wollten die Nachbarschaft nicht durch die Druckwelle gefährden.“ Auch Projektleiter Guggemoos spricht „von der maximal möglichen Sprengladung“. Ein Problem war laut Hoyer die Sprengtechnik. Weil Bohrer die Ruine zu sehr erschüttert hätten, wurde der Sprengstoff nicht in Bohrlöcher gesteckt, sondern an Wände im Erdgeschoss angelegt. „Bei einer solchen Sprengung geht aber viel Energie verloren und verpufft im Freien“, bedauert Sprengmeister Hoyer.

    Martin Mayr vom Bayerischen Gewerbeaufsichtsamt, das die zweite Sprengung erst einen Tag zuvor genehmigte, bestätigt das. „Wenn man die Sprengladungen nur anlegen kann, ist das ein viel höherer Schwierigkeitsgrad.“ Froh ist Mayr, dass es keine Blindgänger gab. Nun soll der Krankenhaus-Rest laut Manfred Guggemoos „auf konventionelle Weise“ erledigt werden, sprich per Seilbagger mit Kugel. Das soll im Lauf der nächsten Woche geschehen.

    Der Abriss hatte schon im Dezember 2016 begonnen. Auf dem Areal wollen die Stadt sowie die Baufirma Schmid Mehrfamilienhäuser und einen Kindergarten errichten. "Aufgefallen

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