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Verbrechen: "Im Namen meiner Tochter": Der Kampf eines Vaters um Gerechtigkeit

Verbrechen

"Im Namen meiner Tochter": Der Kampf eines Vaters um Gerechtigkeit

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    Filmszene von "Im Namen meiner Tochter": André Bamberski (Daniel Auteuil, rechts) verteilt im Lindauer Hafen Flugblätter.
    Filmszene von "Im Namen meiner Tochter": André Bamberski (Daniel Auteuil, rechts) verteilt im Lindauer Hafen Flugblätter. Foto: Koch Films

    Als die Polizei in André Bamberskis Hotelzimmer im elsässischen Mulhouse kommt, um ihn zu verhaften, wehrt er sich keineswegs. Er scheint gelassen und sogar zufrieden, obwohl ihm ein Prozess droht. Woher rührt seine Zufriedenheit? Weil dasselbe für Dieter Krombach gilt, der sich endlich für eine schreckliche Tat verantworten muss: den Mord an seiner 14-jährigen Stieftochter Kalinka Bamberski.

    Jahrzehntelang hat ihn ihr leiblicher Vater André unermüdlich verfolgt, überzeugt von einem gewaltigen Justizskandal. Weil Deutschland Krombach trotz einer Verurteilung in Frankreich und eines internationalen Haftbefehls nicht auslieferte, ließ ihn Bamberski schließlich vor dessen Haus im bayerischen Kurort Scheidegg (Landkreis Lindau) entführen und über die Grenze nach Mulhouse bringen. Er wollte die französische Justiz auf den Plan rufen, bevor die Strafe zu verjähren drohte.

    Spektakuläre Geschichte kommt als Film in deutsche Kinos

    Die Geschichte ist so spektakulär, dass sie als perfekter Stoff für ein Drehbuch dient. Genau das hat der französische Regisseur Vincent Garenq erkannt. Sein Film „Im Namen meiner Tochter – Der Fall Kalinka“, der bereits in Frankreich lief, kommt am 20. Oktober in die deutschen Kinos. Wie ein Polizeikrimi, in atemlos aufeinanderfolgenden Szenen, zeichnet er Bamberskis zähen Kampf nach: Er ist zu allem bereit, um den Mörder seiner Tochter zur Verantwortung zu ziehen.

    Glaubhaft imitiert der französische Schauspieler Daniel Auteuil in der Rolle Bamberskis dessen sture Entschlossenheit. Ausgehend von seiner Festnahme im Hotelzimmer wird die Geschichte mit Rückblenden erzählt. Das Idyll der Familie Bamberski zerbricht, als die Mutter sie verlässt, um künftig in Deutschland mit dem Arzt Krombach zu leben. Sebastian Koch interpretiert ihn im Film als charmanten Lebemann mit dunklem Geheimnis.

    Die 14-jährige Kalinka verbringt die Sommerferien gemeinsam mit ihrem jüngeren Bruder in Krombachs Haus am Bodensee. Eines Morgens liegt sie tot in ihrem Bett, erstickt an ihrem eigenen Erbrochenen.

    "Im Namen meiner Tochter": Stiefvater verwickelt sich in Widersprüche

    An ihren Armen finden sich zahlreiche Einstiche. Krombach liefert widersprüchliche Erklärungen dafür, die der Untersuchungsbericht sogar als befremdlich und grotesk beurteilt. Trotz der Feststellung von Kalinkas Genitalverletzungen bei der Autopsie, bei der Krombach selbst anwesend ist, werden die Ermittlungen eingestellt. Die Todesursache bleibt ungeklärt. Doch Bamberski ist überzeugt, dass Kalinkas Stiefvater sie betäubte, um sich an ihr zu vergehen – und sie damit auch tötete.

    Sein Kampf im Namen der Tochter beginnt. Er strengt ein Verfahren in Frankreich an, bei dem Krombach in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt wird, verteilt Flugblätter, bedrängt die Medien, kontaktiert den französischen Justizminister und sogar den Präsidenten. Doch das alles ist vergeblich, obwohl zwischenzeitlich ein deutsches Gericht Krombach für schuldig befindet, eine 16-jährige Patientin betäubt und missbraucht zu haben. Schließlich lässt Bamberski ihn nach Frankreich verschleppen.

    „Ich hatte nie die Absicht, Selbstjustiz zu betreiben“, rechtfertigt er sich im Film. „Ich habe nur die Feigheit der Justiz ausgeglichen.“ Kalinkas Mutter, gespielt von Marie-Josée Croze, wollte lange nichts von den Vorwürfen ihres Ex-Mannes gegen Krombach wissen. Erst als sie erfährt, dass auch sie betäubt und betrogen wurde, kommen ihr Zweifel.

    Bamberski: "Die Emotionen haben mich übermannt"

    Im Film begegnen sie und Bamberski einander zufällig am Eingang zum Friedhof und tauschen einen langen, schweigsamen Blick aus. Es ist eine der intensivsten Szenen auch für den realen André Bamberski, den die Filmemacher in ihre Arbeit mit einbezogen und der sein Einverständnis gab. „Vor allem in der letzten Viertelstunde haben mich die Emotionen übermannt“, gibt der 79-Jährige einen Einblick in sein Seelenleben. 2014 erhielt er wegen Entführung, Freiheitsberaubung und Körperverletzung eine einjährige Bewährungsstrafe.

    Zuvor war Krombach wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Er sitzt zurzeit seine Strafe ab. Und selbst wenn er auf seinen Antrag hin vorzeitig entlassen werden sollte, hat Bamberski seinen Frieden gemacht. Der Kampf ist ausgekämpft, auch wenn er ihm die geliebte Tochter nicht zurückbringt. „Kalinka, du wärst heute 44 Jahre alt. Du fehlst mir“, sagt er nicht nur im Film.

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