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Region: Die Bundeswehr geht - die Planer kommen

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Die Bundeswehr geht - die Planer kommen

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    Viel Platz für Ideen: Die Bundeswehr verabschiedet sich bis Ende 2017 vom Fliegerhorst Kaufbeuren. In Zukunft könnte auf dem Areal ein Zentrum für die Ausbildung von Fluglotsen entstehen.
    Viel Platz für Ideen: Die Bundeswehr verabschiedet sich bis Ende 2017 vom Fliegerhorst Kaufbeuren. In Zukunft könnte auf dem Areal ein Zentrum für die Ausbildung von Fluglotsen entstehen. Foto: Harald Langer

    Thomas de Maizière hatte am 12. Juni 2012 ein Papier in der Hand, das im wahrsten Sinne des Wortes dazu geeignet war, vielen Menschen die Tränen in die Augen zu treiben. Die Bundeswehrreform, so war dort zu lesen, hat zum Ziel, die Truppenstärke der Bundeswehr von 250 000 auf 185 000 zu verringern. Betroffen wie kein anderes Bundesland ist Bayern, das auf 20 000 Dienstposten verzichten muss. Doch es gibt noch eine Steigerung.

    An den vier Allgäuer Standorten bleiben von 4520 Stellen nur 1686 übrig – ein Verlust von 68 Prozent. Ein Jahr später ist dieser Schreck zwar vielerorts noch nicht restlos verdaut, die Schockstarre hat sich jedoch gelöst. Konversion, sprich die Umnutzung von Flächen und Gebäuden, ist jetzt das Zauberwort. Die Allgäuer Städte siedelten das Konversionsmanagement bei der Allgäu GmbH an, um mehr Gewicht in die Waagschale zu werfen und die Planungen abzustimmen.

    Die Entwicklung von Konzepten wird vom Freistaat finanziell unterstützt. Ansprechpartner für Verkauf oder Weiternutzung der Areale ist die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Die Kommunen haben dabei ein Erstzugriffsrecht. Kaufverhandlungen haben jedoch bisher in keinem Fall begonnen.

    Fluch und Segen zugleich

    DonauwörthDie Alfred-Delp-Kaserne in Donauwörth (Landkreis Donau-Ries) hat ihren letzten Appell bereits hinter sich. „Ende des Jahres sollen die 30 Gebäude auf dem 30 Hektar großen Gelände auf dem Schellenberg besenrein übergeben werden“, sagt der geschäftsführende Beamte der Stadt, Richard Lodermeier. Eine Fläche, doppelt so groß wie die Altstadt. Die Kasernen, Ende der 50er Jahre gebaut, sind abbruchreif. Das Gelände liegt verkehrsgünstig, östlich der B 2. Das ist Fluch und Segen zugleich, denn die nahe der Verkehrsader gelegene Seite des Areals wird von Verkehrslärm beschallt. Problematisch ist auch die Topografie – das Gelände liegt in Stufen erhöht über der Stadt.

    Hinzu kommt ein Untergrund, der die Bebauung erschwert. Vorgesehen ist eine behutsame Teilbebauung sowie Renaturierung. „Wir setzen auf Kreativität in der Stadt, aber auch von außen – und zwar ohne jeden Zeitdruck“, erklärt Lodermeier. So sollen die Einwohner über eine Bürgerwerkstatt an der Zukunftsplanung beteiligt werden. Gleichzeitig sind junge Architekten bis 40 Jahre aufgerufen, sich an einem städtebaulichen Wettbewerb für den Schellenberg zu beteiligen. Zielvorgabe: ein lebendiges Stadtquartier zum Wohnen und Arbeiten.

    Die Bundeswehr, die einstmals 1150 Dienstposten unterhielt, verabschiedet sich übrigens nicht vollständig aus Donauwörth. Bis zu 200 Soldaten und Angestellte der Truppe sollen auf dem Gelände von Eurocopter, Hersteller von Hubschraubern und Flugzeugteilen, stationiert werden. Das Unternehmen hat kürzlich bekannt gegeben, die Zahl seiner Beschäftigten um 900 auf 6500 hochzuschrauben. 100 Millionen Euro sollen investiert werden. Eine gute Nachricht zum richtigen Zeitpunkt für Donauwörth.

    Kaufbeuren Besonders hart traf die Nachricht vom bevorstehenden Ende der Bundeswehrtradition Kaufbeuren. Vorgesehen ist, dass das Militär den Fliegerhorst – eine Fläche von 230 Hektar, 25 Hektar davon bebaut – bis Ende 2017 räumt. Es werden nicht nur die früher einmal 1160 Posten gestrichen, auch die täglich rund 600 Schulungsgäste, die in der Technischen Schule der Luftwaffe ausgebildet werden, werden in spätestens viereinhalb Jahren wegfallen.

    Die schlechte Anbindung der Stadt an das Fernstraßennetz ließ den Gedanken an ein klassisches Gewerbegebiet im Rathaus gar nicht erst aufkommen. „Wir setzen auf Schulung und Bildung“, sagt Kaufbeurens Wirtschaftsreferent Siegfried Knaak. Die Stadt will die vorhandenen Luftfahrt-Kompetenzen nutzen. Im Gespräch ist eine militärisch-zivile Kooperation für die Ausbildung von Fluglotsen. „Das Interesse der Industrie ist da, der Markt ist da. Vielleicht wäre dies die Keimzelle für ein Schulungszentrum rund um Flugsicherheit und Flugzeugwartung“, sagt Knaak.

    Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) hatte zudem sofort nach der Entscheidung zur Schließung des Standorts eine Hochschule als Kompensation gefordert. Denkbar erscheint, dass eine Außenstelle „Gesundheit – Generationen“ der Hochschule Kempten in Kaufbeuren errichtet wird. „Wir verfügen auf dem Fliegerhorst über genügend Lehrsäle. Es wäre kein Problem, bis zu 600 Studenten unterzubringen“, versichert Knaak. Entscheidungen über die beiden Projekte stehen noch aus.

    Primär Gewerbeflächen

    Kempten Wer gelungene Konversionskonzepte studieren will, muss die Stadt Kempten nicht verlassen. Die Umwandlung des Geländes der 1992 aufgelösten Prinz-Karl-Kaserne in ein lebendiges Wohnquartier mitten in der Stadt gilt als sehr gelungen. Doch der aktuelle Fall liegt völlig anders. Fast alle der früher einmal 870 Dienstposten sollen bis zum 3. Quartal 2016 verschwinden – spätestens dann steht die Artillerie-Kaserne im Osten der Stadt leer. Oberbürgermeister Ulrich Netzer (CSU) hat bereits klar gesagt, dass er „nicht nur über das Planungsrecht für das Gelände verfügen“ wolle, sondern „auch über das Eigentum“.

    Ebenso klar sind die Vorstellungen für die Zukunft: „Auf dem Areal sollen primär Gewerbeflächen entstehen, um sie für die heimische Wirtschaft, aber auch für Neuansiedlungen zur Verfügung zu haben“, sagt Netzer. In den letzten Jahren sind die Flächen für Unternehmen in Kempten immer knapper geworden. In der Nachbarschaft der Artillerie-Kaserne hat sich bereits Gewerbe angesiedelt. Kein Zufall, denn die Verkehrsanbindung ist exzellent. Die Fläche liegt in einem Dreieck, das von den Bundesstraßen B 12/B 19 sowie im Osten von der A 7 beschrieben wird.

    SonthofenDie südlichste Stadt Deutschlands bleibt Bundeswehrstandort, verliert aber rund die Hälfte der einst 1200 Dienstposten. Fest steht, dass die Truppe sich auf die Generaloberst-Beck-Kaserne (GOB) konzentriert. Der Volksmund nennt das Gelände hoch über der Stadt nur die „Burg“. Dort wurde 1934 die weithin sichtbare NSDAP-Ordensburg Sonthofen errichtet – die Anlage steht unter Ensembleschutz. Eigentlich sollte die GOB-Kaserne bis 2014 umgebaut werden, um die ABC- und Selbstschutzschule, die in der Jägerkaserne unten in der Stadt untergebracht ist, aufzunehmen.

    Letzter Stand ist, dass die Bauarbeiten auf der „Burg“ bis 2018 abgeschlossen werden. Aktuell ist nur das Brandschutzzentrum der Bundeswehr dort aktiv. Bürgermeister Hubert Buhl (Freie Wähler) hofft darauf, dass die Konversionskonzepte für Jäger- und Grüntenkaserne im nördlichen Stadtgebiet ab 2018 verwirklicht werden können. Es geht um Flächen von insgesamt rund 30 Hektar.

    Der Sonthofener Stadtrat billigte im April den Entwurf für ein städtebauliches Entwicklungskonzept. Die Dimensionen sind erheblich: Die Planer haben einen Gesamtaufwand von 63 Millionen Euro errechnet. Zwar kann die Stadt danach mit Einnahmen von gut 35 Millionen aus Umlagen und Grundstücksverkäufen rechnen, aber sie muss in Vorleistung gehen. Unklar ist dagegen, in welcher Höhe staatliche Fördermittel fließen. „Wir haben schon früh angefangen, uns konkrete Gedanken zu machen. Gleichzeitig müssen wir aber auch flexibel bleiben.

    Schließlich geht es um einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren“, sagt Buhl. Während nach dem Abriss der maroden Gebäude auf dem Areal der Grüntenkaserne ein Wohnviertel entstehen soll, liegt für die Jägerkaserne ein Mischkonzept auf dem Tisch. Zur Bundesstraße hin soll Gewerbe angesiedelt werden, zur Innenstadt hin auch Wohngebäude. Im Gespräch ist zudem ein Feuerwehr- und Rettungsdienstzentrum. Einige der gut erhaltenen Gebäude könnten für Bildungs- und Kultureinrichtungen genutzt werden.

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