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Kommentar: Die CSU ist nicht mehr eins mit Bayern

Kommentar

Die CSU ist nicht mehr eins mit Bayern

Michael Stifter
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    Im Rückblick ist es schwer zu sagen, wann genau Seehofer, Söder und Dobrindt die Situation entglitten ist, kommentiert Michael Stifter.
    Im Rückblick ist es schwer zu sagen, wann genau Seehofer, Söder und Dobrindt die Situation entglitten ist, kommentiert Michael Stifter. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Die CSU war über Jahrzehnte die Mia-san-mia-Partei. Erfolgreich, selbstbewusst, unbesiegbar. So wurde sie zum weiß-blauen Mythos – weit über den Freistaat hinaus. Der Rest der Republik spottete zwar gerne über die vermeintlichen Provinzlinge aus dem Süden. Insgeheim war man aber auch in Castrop-Rauxel oder Cuxhaven ziemlich beeindruckt von dieser "Staatspartei", die irgendwie eins war mit Bayern. Heute möchte man fragen: Was ist da nur schiefgegangen, CSU? Selten wirkte die Partei so hektisch, so dünnhäutig, so angreifbar wie in diesem Landtagswahlkampf.

    Seehofer, Söder und Dobrindt ist die Situation entglitten

    Im Rückblick ist es schwer zu sagen, wann genau Seehofer, Söder und Dobrindt die Situation entglitten ist. Fest steht: Kaum jemand redet noch darüber, wie gut es Bayern geht. Oder darüber, dass die CSU einen gewaltigen Anteil daran hat. Die öffentliche Debatte dreht sich in diesem Wahljahr stattdessen um Fragen von Stil und Anstand in der Politik. Und das hat vor allem mit dem Verhalten der CSU-Spitze zu tun. Mit ihren rabiaten Angriffen auf die Kanzlerin, mit ihren Drohungen und Ultimaten hat sie viele Menschen in der Mitte der Gesellschaft brüskiert – und gleichzeitig nur wenige vom rechten Rand zurückgeholt. Ausgerechnet jene Partei, die doch immer für die "Liberalitas Bavarica" stand, spaltet nun die Bevölkerung. Statt leben und leben lassen lautet das Motto heute: Wir gegen die! Verhält sich so eine Volkspartei?

    Selten agierte die CSU so nervös wie heute

    Selten agierte die CSU so fahrig und nervös wie heute. Im Umgang mit Kritik ist von bayerischer Gelassenheit nichts mehr zu spüren. In München protestieren Zehntausende gegen den aggressiven Ton in der Politik. Nicht alle, aber viele von ihnen fanden in der CSU einst eine Heimat. Männer in Lederhosen, Familien und Ordensschwestern gehen da auf die Straße. Doch anstatt diesen Leuten die Hand zu reichen, druckt die CSU in einer Nacht- und Nebelaktion noch vor Beginn der Demo riesige Plakate, auf denen sie den Protestierenden pauschal unterstellt, die Bayern "verhetzen" zu wollen.

    Die Art, sich zum Opfer zu machen, kennen wir eher von der AfD

    Die Parteispitze verhält sich in diesen Tagen erstaunlich unsouverän. Erst verschärft Markus Söder mit vollem Kalkül den Ton im Asylstreit und fordert dann – als selbst die eigenen Leute auf die Barrikaden gehen – mehr Stil und Anstand im Umgang miteinander. Erst lässt Horst Seehofer seinen Konflikt mit Angela Merkel bis zur Regierungskrise eskalieren und wittert dann – als er dafür attackiert wird – eine Kampagne gegen ihn und die CSU. Und am Ende ruft die Partei auch noch ihre Mitglieder dazu auf, in sozialen Netzwerken mit dem Slogan #ichbincsu ein Zeichen zu setzen gegen all die bösen Kräfte, die sich da gegen sie verschworen haben. Diese Art, sich zum Opfer zu stilisieren, kannte man bisher eher von der AfD.

    Die CSU macht sich kleiner als sie ist

    So macht sich die CSU kleiner als sie ist. So zerstört sie den eigenen Mythos einer vor Kraft strotzenden Partei. Wo Franz Josef Strauß einst nach dem Motto "Was kümmert es die Eiche, wenn sich die Sau daran reibt?" Politik machte, reagiert die CSU von heute fast weinerlich auf Kritik. Doch die meisten Leute wählen keine Opfer. Sie wählen selbstbewusste Köpfe, denen sie zutrauen, das Land durch stürmische Zeiten zu führen. Warum also stellt die CSU nicht ihre starke Bilanz in Bayern in den Mittelpunkt des Wahlkampfs? Warum tut sie so, als sei die Flüchtlingsfrage die einzige Herausforderung für dieses Land? Warum ist ihr der rechte Rand wichtiger als die Mitte der Gesellschaft?

    Lange waren die Bayern fest überzeugt davon, dass die CSU schon wissen wird, was gut für sie ist. Dieses Urvertrauen droht die Partei gerade zu verspielen. Sie ist nicht mehr eins mit Bayern.

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