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Sicherheit: Die kurioseste Grenzkontrolle Deutschlands könnte bald ein Ende haben

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Die kurioseste Grenzkontrolle Deutschlands könnte bald ein Ende haben

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    Seit Beginn der Flüchtlingswelle kontrolliert die Bundespolizei an der Grenze zu Österreich.
    Seit Beginn der Flüchtlingswelle kontrolliert die Bundespolizei an der Grenze zu Österreich. Foto: Sven Hoppe, dpa (Symbolbild)

    Es gibt eine Grenze zwischen Satire und Wirklichkeit und es gibt eine Grenze zwischen Deutschland und Österreich. Und dann gibt es noch einen Ort, an dem alles zusammen kommt: am Autobahngrenzübergang Suben.

    Dort, wo die österreichische A8 (Innkreisautobahn) in die deutsche A3 übergeht, finden seit Mitte September vergangenen Jahres die vermutlich kuriosesten Grenzkontrollen in ganz Deutschland statt. Die Bundespolizei kontrolliert dort nämlich nicht unmittelbar an der Grenze oder direkt dahinter. Ihre Kontrollstation liegt mehrere Kilometer entfernt im Landesinneren, weit hinter der ersten Autobahnausfahrt auf deutschem Boden.

    Ausweichroute für Schleuser

    Das bedeutet: Wer bei der Einreise nach Deutschland nicht kontrolliert werden will, kann von der A3 an der Ausfahrt Pocking in aller Regel bequem auf die Bundesstraße 12 abbiegen, ohne auch nur in die Nähe eines Bundespolizisten zu kommen. Eine vermutlich willkommene Ausweichroute für Schleuser. Genaueres weiß man nicht. Die Bundespolizei in München veröffentlich nur die Gesamtzahl der Aufgriffe in ganz Bayern.

    Kilometerlange Staus wegen Kontrollen im Hinterland

    Gleichzeitig sorgen die Kontrollen im Hinterland regelmäßig für kilometerlange Staus und somit für Ärger bei den Bewohnern des Landkreises Passau wie auch bei Durchreisenden. Und dieser Ärger ist deshalb noch größer als anderswo, weil an dieser Grenze schon der bloße Augenschein ausreicht, um an der Sinnhaftigkeit der Kontrollen zu zweifeln.

    Um die ganze Dimension des Problems zu erfassen, das die Innenminister Deutschlands, Bayerns und Österreichs derzeit zu lösen versuchen, ist es hilfreich, die spezielle Vorgeschichte zu erforschen. Als der Autobahngrenzübergang bei Suben eingerichtet wurde, war die Welt noch in Ordnung. Es gab zwar noch Grenzkontrollen. Aber so streng wie früher ging es längst nicht mehr zu.

    Und weil die Staatsgrenze an dieser Stelle genau in der Mitte des Inns liegt, vereinbarten Deutschland und Österreich, nur eine Grenzstation auf österreichischer Seite zu errichten und dort gemeinsam zu kontrollieren. Das war billiger und praktischer. Später fielen die Grenzkontrollen komplett weg. Die Station wurde nicht mehr gebraucht.

    Keine gemeinsamen Grenzkontrollen mit Österreich

    Mit den vielen Flüchtlingen, die 2015 über die Balkanroute kamen, änderte sich alles. Der Bitte Deutschlands, die gemeinsamen Grenzkontrollen wieder aufzunehmen, erteilte die österreichische Regierung eine Absage. Der Hintergrund: Die Bundespolizei hätte auf österreichischem Grund und Boden jedem Flüchtling die Einreise nach Deutschland verweigern können, weil er ja bereits in einem sicheren Drittstaat war. Dieses Risiko wollten die Österreicher offenbar nicht eingehen.

    Also musste auf deutscher Seite kontrolliert werden. Nur wo? Die ersten Kilometer zwischen Inn und B12 sind kaum geeignet – schwieriges, tiefer liegendes Gelände, nur Felder, kein Parkplatz. Schnell aufgebaut werden konnte die Kontrollstation nur auf dem ersten Autobahnparkplatz jenseits der B12. Die Bundespolizei zog die undankbare Aufgabe tapfer durch – trotz chronischen Personalmangels und trotz des Ärgers und des Spotts, den ihnen die Aktion einbrachte.

    "Was geht den Innenminister die bayerisch-österreichische Grenze an?"

    Innerdeutsche Kompetenzstreitigkeiten kamen hinzu. Noch diesen Herbst bei der CSU-Klausur in Kloster Banz wollte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nichts von der kuriosen Situation in Niederbayern wissen.

    Die mehrfach von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) angebotene Unterstützung durch die bayerische Polizei lehnte er zunächst immer wieder ab. Zuständig für die Bundesgrenze sei nun mal der Bund. Punkt. Der niederbayerische Kabarettist Django Asül ätzte: „Was, bitteschön, geht den deutschen Innenminister die bayerisch-österreichische Grenze an?“

    Verhandlungen auf "höchster Ebene"

    Es musste, wie es in München aus Regierungskreisen heißt, erst auf „höchster Ebene“ verhandelt werden, bis de Maizère schließlich doch einlenkte und Unterstützung der bayerischen Polizei bei den Grenzkontrollen akzeptierte. „Höchste Ebene“ heißt übersetzt: Horst Seehofer hat mit Angela Merkel gesprochen und Merkel mit de Maizière. Der ließ dann angeblich den Präsidenten der Bundespolizei beim bayerischen Landespolizeipräsidenten anrufen und mitteilen, man wolle sich an der bayerisch-österreichischen Grenze nun doch helfen lassen. Der Bund bestehe aber darauf, das Oberkommando zu behalten. Bayern darf nur helfen. Zu sagen hat der Freistaat nix.

    Aufgelöst ist die kuriose Situation am Grenzübergang Suben damit noch nicht. Darüber werde noch verhandelt, heißt es im bayerischen Innenministerium. Nach 14 Monaten – immerhin.

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