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Augsburg: Augsburger Familienanwalt missbraucht drei Buben

Augsburg

Augsburger Familienanwalt missbraucht drei Buben

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    Ein Familienanwalt und ehemaliger Jugendwart in einem Segelverein muss sich vor dem Landgericht Augsburg wegen Kindesmissbrauchs verantworten.
    Ein Familienanwalt und ehemaliger Jugendwart in einem Segelverein muss sich vor dem Landgericht Augsburg wegen Kindesmissbrauchs verantworten. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Beinahe täglich wird vor dem Augsburger Landgericht ein Fall von Kindesmissbrauch verhandelt. Doch der Prozess, der nun vor der Jugendkammer begonnen hat, fällt aus dem Rahmen. Der Fall spielt im bürgerlichen Milieu, in einem Segelclub am Ammersee. Und auf der Anklagebank sitzt ein Augsburger Fachanwalt für Familienrecht wegen schweren sexuellen Missbrauchs sowie des Besitzes tausender kinderpornografischer Fotos und Videofilme.

    Opfer waren zum Tatzeitpunkt zehn, elf und 16 Jahre alt

    Der 61-Jährige, leger gekleidet, sekundiert von zwei Anwälten, legte gleich zu Prozessbeginn ein Geständnis ab: „So wie angeklagt ist es richtig.“ Die Opfer sind drei Jungen, zehn, elf und 16 Jahre alt, als der Missbrauch begann. Sie kannten den Anwalt und seine Söhne. Sie waren Kinder von Clubmitgliedern, mit denen der Täter eng befreundet war.

    Staatsanwältin Maiko Hartmann benötigte mehr als eine halbe Stunde, bis sie die Fälle aus der Anklageschrift verlesen hatte. Sie ereigneten sich zwischen 2005 und 2013. Öffentlich wurden die Vorwürfe im April. Eltern eines heute 13-Jährigen (die Familie lebt in Kaufbeuren) erstatteten Anzeige. Der Missbrauch der drei Kinder spielte sich auf dem Segelboot des Angeklagten und in seinem Wohnhaus in Augsburg ab.

    Ein Fall passierte auf dem Mittelmeer. 2010 hatte der Anwalt ein Boot gechartert, um mit Jugendlichen dort zu segeln. Er missbrauchte auf dem Schiff einen damals 16-Jährigen. Dieser ist im Prozess Nebenkläger und zugleich Zeuge. Er habe den Angeklagten nicht abwehren können, er sei zu betrunken gewesen, erinnerte sich jetzt der inzwischen 20-Jährige. „Es genügen schon zwei Bier, dass ich nicht mehr laufen kann.“ Von Geburt an ist er, was dem Verein bekannt war, schwer herzkrank, verträgt keinen Alkohol. „Ich weiß es nicht“, sagte der junge Mann auf die Frage, ob der Anwalt ihn gezielt betrunken gemacht habe.

    Angeklagter war lange Zeit Jugendwart eines Segelvereins

    Nicht nur auf dem Meer, sondern auch auf dem Ammersee haben Jugendliche anscheinend kräftig gebechert. Wie er zugibt, machte der Anwalt bei ihren Trinkspielen mit und gab auch das Geld für den Kauf von Alkoholika. Pikant dabei: Die Seglergemeinschaft Utting hatte ihm lange Zeit das Amt des Jugendwarts übertragen. In den Augen der jungen Segler war der 61-Jährige wohl „ein toller Hecht“, der viel mit ihnen unternommen hat, Fußball spielte oder Motorradfahren auf dem Vereinsgelände organisierte.

    Für den Angeklagten hätte Leugnen wenig Sinn gemacht. Denn der Jurist hat viele seiner Taten gefilmt. Eine vergleichsweise harmlose Szene zeigt einen Zehnjährigen, der auf seinem Schoß sitzt, wie er am Computer spielt, während der Erwachsene in seine Hose greift. Einige der Aufnahmen, sagte vor Gericht ein Kriminalkommissar aus, legen den Verdacht nahe, die gezeigten Kinder seien bewusstlos gewesen. Beweisen lässt sich das nicht mehr. Im Haus hatte der Anwalt in mehreren Zimmern, so auch im Bad, Minikameras versteckt. Mit ihnen zeichnete er heimlich auf, wenn Kinder nackt waren, duschten, Jungs an ihrem Glied herumspielten.

    Ermittler entdeckten mehr als 3000 kinderpornografische Dateien

    Diese und andere Aufnahmen, darunter 3436 kinderpornografische Bilder und Videofilme, waren verschlüsselt auf Computern und externen Festplatten abgespeichert. Sie fielen Polizisten in die Hände, die Wohnhaus und Kanzlei durchsuchten. Den Rechtsanwalt trafen sie nicht an. Ihn verhafteten zwei Kripobeamte an Bord seines Bootes. Andere Segler wurden Augenzeugen der Festnahme.

    Den Verteidigern Walter Rubach und Hansjörg Schmid gelang es vor Gericht, einen Täter-Opfer-Ausgleich auszuhandeln. Im Gegenzug darf der Angeklagte mit deutlichem Strafrabatt rechnen. Den Missbrauchsopfern hat er Beträge zwischen 5000 und 15 000 Euro zugesagt. Sollte der Angeklagte, der nach eigenem Angaben vor dem finanziellen Ruin steht, das Geld bis 8. Dezember auftreiben, dem nächsten Verhandlungstag, werden wahrscheinlich nur noch die Plädoyers gehalten und das Gericht wird sein Urteil verkünden.

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