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Ernährung: Gefährlich süße Monate

Ernährung

Gefährlich süße Monate

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    Gefährlich süße Monate
    Gefährlich süße Monate

    Adventszeit ist Zuckerzeit. Für die wenigsten Leute ist die Vorweihnachtszeit ohne Lebkuchen, Plätzchen oder Glühwein vorstellbar. Im November und Dezember konsumieren die Deutschen mehr Süßes als im restlichen Jahr – und nehmen häufig zu.

    Für die Gesundheit ist das bedenklich, fürs Geschäft aber ein Glück: Die beiden letzten Monate des Jahres sind traditionell die umsatzstärksten für Süßigkeiten, weiß das Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK zu berichten. 2016 entfielen demnach 23 Prozent des jährlichen Süßwaren-Umsatzes auf diese beiden Monate. Kein Wunder, dass auch für die Zuckerindustrie der November der umsatzstärkste Monat ist, wie Daten des Statistischen Bundesamts zeigen. 2016 lag der Umsatz von Betrieben, in denen Zucker verarbeitet wird, mit 276 Millionen Euro um 27 Prozent und damit deutlich über dem monatlichen Durchschnitt von 217 Millionen Euro.

    „Der Süßigkeits- und damit Zuckerkonsum ist in der Vor- und Weihnachtszeit besonders hoch“, sagt Hans Hauner, Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der TU München. „Viele Menschen legen in diesen Wochen signifikant an Gewicht zu.“ Schon im Jahresdurchschnitt halten Ärzte und Gesundheitsverbände den Zuckerkonsum für zu hoch. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, die Zufuhr zugesetzten Zuckers auf fünf Prozent der Tagesenergiezufuhr zu begrenzen. Das entspräche etwa 25 Gramm. Doch die Deutschen konsumieren im Schnitt mehr als doppelt so viel. Der jährliche Pro-Kopf-Konsum hat sich zwischen 1970 (37,1 Kilo) und 2010 (45,9 Kilo) um rund 24 Prozent erhöht, wie Daten des Bundesministeriums für Ernährung zeigen.

    „Zucker ist ein billiger Füllstoff, der viele Lebensmittel fülliger und wohlschmeckender macht“, erklärt Hauner. In kleinen Mengen sei das zwar ungefährlich. Doch Lebensmittel wie Weihnachtsgebäck gewönnen erst durch Zucker an Attraktivität. Die negativen Auswirkungen von zu viel Zucker auf die Gesundheit sind bekannt. „Die aktuelle Datenlage spricht sehr dafür, dass ein hoher Zuckerkonsum vor allem Adipositas, Typ 2 Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten und Karies fördert“, sagt Hauner.

    „Trotzdem verfügt Deutschland bisher über keine nationale Strategie zur Zuckerreduktion“, beklagt das Max Rubner-Institut für Ernährung. Mehrere Verbände fordern seit langem eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke. In Frankreich gilt seit 2012 eine Zusatzsteuer von sieben Cent pro Liter, Großbritannien führt 2018 eine Zuckersteuer ein.

    Für die Bundesregierung ist das keine Option: „Die Politik hat die Aufgabe, die Bürger zu schützen, aber nicht, sie zu bevormunden“, sagt eine Sprecherin des Ernährungsministeriums. „Wir wollen die Menschen motivieren und vor allem überzeugen, sich ausgewogen zu ernähren und sich ausreichend zu bewegen.“ Doch nach der Weihnachtszeit dürfte das noch schwieriger sein als ohnehin schon. „Es gibt einen Gewöhnungseffekt, der es schwer macht, den Konsum einzuschränken oder aufzugeben“, sagt Hauner. „Eine solche Gewohnheit aufzugeben dauert dann!“ Lisa Forster, dpa

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