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Prozess in Kempten: Heiler vertraut: Haben Susannes (12) Eltern Mitschuld an Krebs-Tod?

Prozess in Kempten

Heiler vertraut: Haben Susannes (12) Eltern Mitschuld an Krebs-Tod?

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    Nach dem Krebstod ihrer Tochter müssen sich in Kempten die Eltern vor Gericht verantworten.
    Nach dem Krebstod ihrer Tochter müssen sich in Kempten die Eltern vor Gericht verantworten. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Susanne ist an einem Weihnachtsabend gestorben. Ein Mädchen, das Fußball spielte. Reiten ging. Und jedes Jahr am Nikolaustag im Wald die Tiere fütterte. Ein halbes Jahr zuvor hatten Ärzte einen riesigen Krebstumor im Bauch der Waldorfschülerin entdeckt. Doch Susannes Eltern misstrauten der Schulmedizin. Hörten stattdessen auf den dubiosen Heiler Ryke Geerd Hamer.

    Eine Entscheidung, durch die sie ihr eigenes Kind zum Tod verurteilten? Über vier Jahre nach jenem dramatischen Krebsfall im Oberallgäu stehen die Eltern nun vor dem Kemptener Amtsgericht. Angeklagt sind sie wegen fahrlässiger Tötung und Verletzung der Fürsorgepflicht. Ein Verfahren gegen Hamer ist in Kempten nicht zustande gekommen. Wo sich der selbst ernannte Heiler aufhält, dem in den 80er Jahren die deutsche Approbation entzogen wurde? Unklar.

    Die Mutter kümmerte sich um die Pflege

    Saal 170 des Amtsgerichts. Nüchterne weiße Wände. Furnierholz-Tische. Zehn Menschen sitzen einigen wenigen Zuhörern gegenüber. Der Staatsanwalt, der medizinische Sachverständige. Die beiden Schöffen, der Richter, die Protokollführerin. Zwei Verteidiger. Und Susannes Eltern, mittlerweile geschieden.

    Was sind sie für Menschen? Warum haben sie ihre schwer kranke Tochter nach zwei Anläufen nicht mehr zur Chemotherapie gebracht? Richter Hans-Peter Schlosser nimmt sich mehrere Stunden Zeit für diese Fragen. Lässt die Eltern erzählen. Davon, wie es sich anfühlte, sein Kind schwer krank zu sehen. Es in Kliniken nach Tübingen, Ulm und Burghausen zu bringen.

    Um die Pflege und den Alltag hatte sich vor allem Susannes Mutter gekümmert. Eine schlanke Frau, die sieben Kinder zur Welt gebracht hat. In ihren Händen hält sie während des Prozesses grüne Notizblätter, auf denen sie Daten und Orte notiert hat zur Krankheit ihrer Tochter. "Warum haben Sie der Schulmedizin nicht mehr vertraut? Welchen Anlass gab es da für Sie?", will Schlosser wissen. Tatsächlich nämlich hatten Kontrolluntersuchungen die Erfolge der ersten Chemotherapien bestätigt - sämtliche Mediziner rieten zur Fortsetzung. Bei etwa 80 Prozent habe die Heilungschance gelegen.

    Vater nahm Kontakt auf

    "Die Ärzte sind völlig verschlossen für andere Sichtweisen. Wie soll man da Vertrauen haben?" Es ist Susannes Vater, der die Antwort gibt. Seit Stunden sitzt der Elektroingenieur aufrecht neben seiner Verteidigerin.

    Nach Aussage beider war er es gewesen, der auf der Suche nach anderen Behandlungsmöglichkeiten nächtelang im Internet recherchierte. Der Kontakt aufgenommen hatte zu Hamer, der seine "Neue Germanische Medizin" von Norwegen aus propagierte. Ein Mann, den Schulmediziner für "gefährlich" halten - und der bis heute im Internet für seine Theorien wirbt. Seine Empfehlung im Fall von Susanne: keine Behandlung. Sie werde von selbst gesund werden.

    Susanne ist nicht gesund geworden. Als die Gerichte ihren Eltern das Sorgerecht entzogen, war es bereits zu spät. "Ich hatte nicht gedacht, dass sie sterben würde", sagt ihre Mutter vor Gericht aus.

    Der Prozess wird fortgesetzt.

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