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München: Katja Günther: Betrugs-Ermittlungen gegen Anwältin eingestellt

München

Katja Günther: Betrugs-Ermittlungen gegen Anwältin eingestellt

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    Vorsicht vor Abzocke auf Download-Seiten
    Vorsicht vor Abzocke auf Download-Seiten Foto: DPA

    Katja Günther bleibt straffrei. Die Staatsanwaltschaft München hat die Ermittlungen gegen die umstrittene Anwältin eingestellt. Günther sei bei ihrem Inkasso für Abofallen im Internet weder Betrug noch Nötigung oder gar Erpressung nachzuweisen.

    Die Münchner Rechtsanwältin Katja Günther sorgt seit Jahren für Schlagzeilen - und Verunsicherung bei hunderttausenden Verbrauchern. Günther verschickt Mahnbriefe für umstrittene Online-Dienste - im Volksmund Abofallen im Internet genannt.

    Abofallen sind Internetdienste, für deren Nutzung man sich mit Namen und Mailadresse anmelden muss. Dass dabei Kosten entstehen sollen, wird häufig im Kleingedruckten versteckt oder so auf der Seite platziert, dass es den meisten Menschen nicht auffällt. Wer dann nicht zahlt, weil er sich betrogen fühlt, bekommt Mahnbriefe - von Inkassofirmen, aber eben auch von Anwälten wie Katja Günther.

    Allein bei der Rechtsanwaltskammer München gingen wegen der Methoden der Inkasso-Anwältin mittlerweile 3500 Beschwerden ein. Über 1000 Menschen erstatteten Strafanzeige gegen die Münchner Anwältin - wegen Betrugs, Nötigung, Erpressung oder Gebührenüberhebung.

    Doch Anwältin Katja Günther wird nach derzeitig Stand wohl straffrei bleiben.

    Die Staatsanwaltschaft München I hat die Ermittlungen gegen die Rechtsanwältin eingestellt. Warum, erklärt die Behörde in einem 26-seitigen Einstellungsbescheid. Und der wirkt stellenweise so, als sei der Staatsanwaltschaft durchaus klar, welchen Sturm der Empörung sie damit auslösen wird.

    Katja Günther, das ergibt sich aus dem Bescheid, hat in den vergangenen Jahren über einer Million Menschen Mahnungen für dubiose Internetdienste geschickt. Betrug? Oder zumindest Beihilfe zum Betrug? Nein, sagt die Staatsanwaltschaft München: "Auch wenn die durch die Beschuldigte geltend gemachten Internet-Dienstleistungsgebühren aus zivilrechtlicher Sicht zweifelhaft erscheinen mögen, ergibt sich kein hinreichendes Verdachtsmoment für eine Beihilfe zum Betrug durch die Beschuldigte."

    Inkasso bei "unsicherer Rechtslage" reicht nicht für Betrug

    Anwältin Günther könne nicht nachgewiesen werden, dass sie Forderungen geltend macht, "bei denen die Unbegründetheit von vornherein feststeht", meint die Staatsanwaltschaft. Das Einfordern von Geld "bei unsicherer Rechtslage" reiche nicht aus, um als Betrug geahndet zu werden.

    Dass Katja Günther gelegentlich sogar Menschen anmahnte, die die fragwürdigen Forderungen bereits gezahlt hatten, ist für die Münchner Staatsanwaltschaft ebenfalls kein Problem. Das könne bei einer Million Mahnungen schon mal passieren, schreiben die Ermittler geradezu nachsichtig: "Dass dabei gelegentlich ein Zahlungsvorgang übersehen werden kann, ist nicht weiter verwunderlich."

    Und auch die Tatsache, dass Anwältin Günther vielen Opfern Gerichtverfahren androhte, ohne dann wirklich zu klagen, ist für die bayerische Behörde strafrechtlich nicht zu beanstanden: "Die Mahnpraxis der Beschuldigten, die je nach Blickwinkel sozialethisch fragwürdig erscheinen mag, kann nicht unter den Betrugstatbestand des § 263 Strafgesetzbuch subsumiert werden."

    Auch Nötigung könne Katja Günther nicht nachgewiesen werden, meint die Staatsanwaltschaft weiter. Eine Nötigung im strafrechtlichen Sinne ist eine "Drohung mit einem empfindlichen Übel". So etwas mache Katja Günther nicht. "Nach dem Erhalt des 4. Mahnschreibens mag von dem Empfänger subjektiv ein gewisser Druck empfunden werden", räumt die Staatsanwaltschaft zwar ein. Allerdings könne Opfern von Abofallen im Internet "ohne weiteres zugemutet werden", sich einer möglichen zivilgerichtlichen Auseinandersetzung zu stellen.

    "Jedem Bürger zumutbar, Druck standzuhalten"

    Ähnlich die Argumentation der Münchner Staatsanwaltschaft, wenn es um den Text "Themenschwerpunkt Strafrecht" geht, den Günther in ihren Mahnungen oft prominent platzierte. Das wecke zwar bei manchen Menschen die Angst vor strafrechtlichen Folgen, wenn man nicht zahle. Den schwarzen Peter schiebt die Staatsanwaltschaft allerdings auch hier den Opfern zu: "Es ist jedem Bürger zuzumuten, einem solchen "Druck" standzuhalten".

    Kein Betrug, keine Nötigung, und auch Erpressung oder überhöhte Gebühren sieht die Münchner Staatsanwaltschaft bei Katja Günther nicht als gegeben an. Wer sich von den Briefen der Anwältin enschüchtern lasse, sei selbst schuld.

    Heißt das, das Opfer die Forderungen der Inkasso-Anwältin in Zukunft zahlen müssen? Nein.

    Forderungen selbst nicht geprüft

    Ganz ausdrücklich weist die Staatsanwaltschaft München I in ihrer Verfügung auf den Unterschied zwischen Strafrecht und Zivilrecht hin. Sprich: Strafrechtlich könne man Katja Günther zwar nichts. Ob für Abofallen im Internet gezahlt werden muss, müsse aber zivilrechtlich entschieden werden:

    "Folglich darf diese Verfügung keinesfalls dahingehend missverstanden werden, die Staatsanwaltschaft sei der Auffassung, es bestehe eine Zahlungsverpflichtung. (…) Hierüber haben im Streitfall allein die Zivilgerichte zu befinden. Eine irgendwie geartete Vorgabe, wie die (nicht unproblematisach erscheinende) Rechtslage zivilrechtlich zu sehen ist, ist mit dieser Verfügung in keiner Weise verbunden", betonen die Ermittler.

    Verbraucherschützer raten schon lange, die Forderungen fragwürdiger Internetdienste nicht einfach so zu zahlen. "Zahlen Sie nicht! Bleiben Sie stur!" Lassen Sie sich nicht von Inkasso- und Anwaltsbriefen unter Druck setzen", empfiehlt etwa die Verbraucherzentrale Hamburg. bo

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