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NSU-Prozess: Ließ sich NSU-Trio von "Blood & Honour"-Artikel inspirieren?

NSU-Prozess

Ließ sich NSU-Trio von "Blood & Honour"-Artikel inspirieren?

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    Beate Zschäpe spricht im Gerichtssaal mit ihrem vierten Anwalt Mathias Grasel.
    Beate Zschäpe spricht im Gerichtssaal mit ihrem vierten Anwalt Mathias Grasel. Foto: Peter Kneffel (dpa)

    Die Neonazi-Szene hat bereits zwei Jahre vor dem Abtauchen der mutmaßlichen NSU-Terroristen über bewaffnete Kleingruppen und die Ermordung von Zuwanderern diskutiert. Im Münchner NSU-Prozess hat das Gericht am Donnerstag Texte aus einer Zeitschrift der rechtsradikalen Organisation "Blood & Honour" verlesen, aus denen das hervorgeht.

    Die drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren 1998 in den Untergrund gegangen und hatten zunächst bei Mitgliedern von "Blood & Honour" in Chemnitz Zuflucht gefunden.

    NSU-Prozess: Gericht lässt "Blood & Honour" verlesen

    Das Heft, das das Gericht durch Verlesen als Beweismittel in den Prozess einbrachte, war 1996 erschienen. Zu dieser Zeit lebten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt noch in Jena. Darin waren Texte von Liedern rechtsradikaler Bands abgedruckt sowie Diskussionsbeiträge meist anonymer Autoren. Viele der Texte enden mit der Formel "88", was für die Buchstaben "HH" und den Gruß "Heil Hitler" steht.

    Die Angeklagten im NSU-Prozess

    Das sind die Beschuldigten im Münchner NSU-Prozess:

    Beate Zschäpe: Sie tauchte 1998 gemeinsam mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt unter, um einer drohenden Festnahme zu entgehen. Die drei Neonazis aus dem thüringischen Jena gründeten eine Terrorgruppe und nannten sich spätestens ab 2001 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).

    Ralf Wohlleben: Der ehemalige Thüringer NPD-Funktionär mit Kontakten zur militanten Kameradschaftsszene soll Waffen für das Trio organisiert haben. Der 40-Jährige wurde am 29. November 2011 verhaftet. Nach Ansicht der Ermittler wusste er von den Verbrechen - er ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

    Carsten S.: Der 35-Jährige hat gestanden, den Untergetauchten eine Pistole mit Schalldämpfer geliefert zu haben. Er ist wie Wohlleben wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

    Andre E.: Der gelernte Maurer (35) war seit dem Untertauchen 1998 einer der wichtigsten Vertrauten des Trios und soll die mutmaßlichen Rechtsterroristen zusammen mit seiner Frau regelmäßig besucht haben. E. ist als mutmaßlicher Unterstützer der Gruppe angeklagt.

    Holger G.: Der 40-Jährige gehörte wie Wohlleben und die drei Untergetauchten zur Jenaer Kameradschaft. Er zog 1997 nach Niedersachsen um. G. spendete Geld, transportierte einmal eine Waffe nach Zwickau und traf sich mehrfach mit dem Trio. Auch G. ist als mutmaßlicher Unterstützer der Gruppe angeklagt.

    In einem der Liedtexte wird aggressiv gegen Zuwanderer gehetzt und offen dazu aufgerufen, sie auf vielfache Weise zu töten. In einem Artikel, der mit der Überschrift "Politik" versehen ist, fordert der Autor die Gründung "unabhängig agierender Gruppen". Die Devise laute "Leaderless Resistance" - auf deutsch: führerloser Widerstand.

    Nach dieser Idee sollen sich Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt organisiert haben, als sie 1998 abtauchten und in den Jahren danach laut Anklage die Serie von zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen verübt haben.

    Zeuge erscheint nicht zum NSU-Prozess

    Die Organisation "Blood & Honour" war im Jahr 2000 verboten worden. Im NSU-Prozess waren zahlreiche frühere Mitglieder als Zeugen aufgetreten und hatten überwiegend behauptet, es habe sich um eine Musikbewegung gehandelt, in der es bestenfalls am Rande um Politik gegangen sei.

    Der einzige für Donnerstag geladene Zeuge konnte nicht vernommen werden. Es handelt sich um einen Mann, der Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beim Abtauchen unterstützt haben soll. Er habe am frühen morgen im Gericht angerufen und mitgeteilt, sein Auto sei bei der Anreise aus Thüringen vor Nürnberg liegengeblieben, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. Er soll jetzt kommende Woche vernommen werden. dpa

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